welcher vorher seine Aufmerksamkeit erregte und es zum Suchen veranlasste. Der Geschmackseindruck
nimmt plötzlich an Stärke zu oder kehrt plötzlich verstärkt wieder, wenn er seither verschwunden
war und dies veranlasst das Tier, den vor ihm liegenden Gegenstand zu ergreifen, beziehungsweise, wo
Greifwerkzeuge nicht vorhanden sind, mit dem Munde nach dem Gegenstände zu schnappen.
3) D r itte P h a s e . Der ergriffene Gegenstand gelangt in den Mund, und giebt hier eine
grössere Menge seiner Extractivstoffe durch den Druck der Kiefer, der Zunge und Zähne ab; hieran
erkennt das Tier, dass es wirklich die Nahrung gefunden hat, welche zuerst die Aufmerksamkeit erregte,
und es erkennt etwaige Täuschung während der zweiten Phase (wenn es einen falschen Gegenstand
für die Nahrung gehalten hätte, und dieser sich nun als geschmacklos oder unangenehm schmeckend
erweist). Ist die Prüfung durch den Geschmack befriedigend ausgefallen, so wird jetzt der Bissen
verschlungen.
Was die Wirkungsweise des chemischen Sinnes bei L a n d tie re n von der eben beschriebenen
wesentlich unterscheidet, das ist das Suchen m itte ls t des Geruches. Das vom Riechreiz erregte,
aufmerksam gemachte Tier nimmt die R ic h tu n g w ah r, aus welcher d e r G e ru ch herkommt,
und folgt dieser Richtung; dabei verstärkt sich der Geruch um so mehr, je näher das Tier dem
riechenden Stoffe kommt. Die zweite Phase stimmt mit der bei Wassertieren beschriebenen überein,
sie ist auch noch an den Geruch geknüpft. Die dritte Phase ist wesentlich an den Geschmackssinn
gebunden, doch spielt auch der Geruchssinn, wie ich glaube, in der letzten Phase bei manchen Tieren
eine nicht geringe Rolle, so bei den Raupen. Es tritt hier an Stelle des Schmeckens ein Riechen
aus nächster Nähe (Riechtasten). ' In vielen Fällen folgt darauf noch das wirkliche Schmecken.
Der Grund dieser Verschiedenheit zwischen Wasser- und Landtieren liegt in dem versch
ied en en W id e r s ta n d e , welchen die b e id en A u fen th a ltsm ed ien , W a s se r und
L u ft, der V e rb re itu n g d e r s c hm e c k b a re n bezw. rie c h b a re n E x tra k tiv s to ffe der
Nahrung en tg eg en se tz en .
Wir sahen oben, dass kein Grund vorhanden ist, anzunehmen, es gebe Stoffe, welche sich
vermittelst der im Wasser enthaltenen Luft verflüchtigen und verbreiten. Vielmehr folgt die Ausbreitung
von Flüssigkeiten wie von Gasen und Dämpfen im Wasser den für flüssige Körper geltenden
Gesetzen; denn die Gase und Dämpfe können eben im Wasser, abgesehen von grob mechanisch zurückgehaltenen
Partikeln, nur in Lösung existieren und verlieren damit die Fähigkeit, den für die Bewegung
der Gase und Dämpfe geltenden Gesetzen noch weiter zu folgen.
An gefärbten im Wasser löslichen Substanzen ist es gut möglich, die Diffusion zu beobachten.
Bringt man einen Kristall eines Stoffes von grösser Färbekraft (Pikrinsäure, Kaliumbichromat, Bismarckbraun)
in ein Glas mit Wasser und lässt dieses an kühlem Orte ruhig stehen, so wird man
sehen, wie ausserordentlich langsam die Diffusion der bereits gelösten Substanz erfolgt. Die Ausbreitung
der gefärbten Schichte geschieht fast ausschliesslich in horizontaler Richtung, so dass sie den
Boden des Gefässes bedeckt. Die Ausbreitung in senkrechter Richtung tritt nur ein, wenn Temperaturdifferenzen
oder andere Ursachen Strömungen in der Flüssigkeit erzeugen.
Als Index für die Verbreitung sich lösender Substanzen kann man bei solchen Versuchen
auch empfindliche Tiere verwenden, welche die Neigung haben, sich ruhig zu verhalten (z. B.
Amphioxus, Asellus cavaticus, Niphargus) .' Legt man in die Nähe eines solchen Tieres, etwa
1 cm entfernt, einen Kristall einer langsam sich lösenden Substanz (Pikrinsäure, Chlorbaryum), so dauert
es ganz beträchtliche Zeit, bis das Tier gereizt und dadurch aufgestört wird. Wird Strömung im Wasser
erzeugt, so geschieht dies weit rascher. Man vergleiche mit dieser Thatsache, wie rasch der Duft
einer geöffneten Äther- oder Benzinflasche ein ganzes Zimmer durchdringt, und wie ein Stückchen
Naphthalin, ein Tröpfchen Nelkenöl, in die Nähe (1 cm) eines Insekts oder einer Schnecke gebracht,
diese momentan reizen. Man beachte andererseits den Unterschied auch in der räumlichen Ausbreitung
eines im Zimmer hingelegten Riechstoffes (etwa Jodoform) und der gelösten Substanz, welche
von einem an der Wasseroberfläche irgendwie befestigten Kristalle eines farbigen Stoffes ausgeht. Im
ersteren Falle riecht in kürzester Frist jede Stelle der Zimmerluft nach Jodoform, von dem Kristalle
dagegen sieht man geradlinige dünne Fäden gefärbten Wassers senkrecht nach unten ziehen, um erst
am Boden des Gefässes angelangt, auch horizontale Verbreitung zu gewinnen.
In Rücksicht auf diese grossen Differenzen in der Ausbreitung der flüssigen und der gasförmigen
Substanzen kann es nicht mehr unverständlich erscheinen, wenn man konstatiert, dass der
chemische Sinn der Wassertiere weniger wichtig ist als derjenige der Lufttiere. Erstere vermögen sich
über die Herkunft eines chemischen Sinneseindruckes viel weniger leicht zu orientieren. Man sieht auch
niemals, dass ein Wassertier, welches sich vorzugsweise vom chemischen Sinne leiten lässt (Haifische),
sich direkt nach der Stelle hinwendet, von wo der betreffende Geschmackseindruck ausgegangen
ist. Die Leichtbeweglichkeit der Gasteilchen bedingt es, dass um einen an der (ruhigen) Luft
liegenden riechenden Stoff sich nahezu concentrische Schichten von immer weniger stark riechender
Luft bilden, da die Ausbreitung radienförmig nach allen Seiten erfolgt (wenn auch natürlich nicht
allseitig im gleichen Masse.) Die Schwerbeweglichkeit der Wasserteilchen lässt eine solche radiäre,
concentrisch geschichtete Ausbreitung nicht aufkommen, sondern, wie wir sahen, erfolgt hier die Diffusion
fast ausschliesslich in einer Richtung, oder in einer Ebene, wenn das Wasser ruhig ist. Ist das
Wasser jedoch leicht bewegt, so tritt eine Erscheinung ein, welche sich ebenfalls wieder am besten
an gefärbten Lösungen beobachten lässt. Es dauert geraume Zeit, ehe die Mischung eine gleichförmige
ist; vorher sieht man Schichten reinen Wassers eigentümlich ab wechseln mit gefärbten Schichten,
die streifen- oder bandförmig sich hinziehen und durcheinanderschlingen, dabei oft ganz scharfe Abgrenzung
gegen das noch farblose Wasser zeigen.
Was sich so im Kleinen zeigen lässt, wird natürlich nicht weniger zutreffen für die Ausbreitung
schmeckbarer Stoffe in den Gewässern, welche Tieren zum Aufenthalt dienen. Ist das Wasser
ganz ruhig und strömungslos, so wird ein von einem Nahrungsstoffe ausgehender Schmeckstoff nur
äusserst langsam und spät das Tier treffen. Ist Strömung vorhanden, so kann dies sehr rasch geschehen,
das Tier wird dann den Geschmackseindruck früh bemerken, wird aber nicht imstande sein,
mittelst desselben direkt die Nahrung zu suchen, da die Diflusion des Geschmacksstoffes ungleich-
mässiger erfolgt, als die eines Riechstoffes an der Luft. Und so sehen wir denn die meisten Wassertiere
mittelst anderer Sinne, meistens des Gesichtssinnes, suchen, andere es dem Zufall überlassen, ob
sie bei ihrem Umhersuchen auf den Gegenstand treffen, welcher durch den von ihm ausgehenden Geschmack
von weither die Aufmerksamkeit des Tieres erregte. Ein Beispiel für erstere Art des Suchens
ist z. B. der Wasserkäfer (etwa Dytiscus), welcher mittelst Gesichts- und Tastsinnes sucht, ein Beispiel
der zweiten Art die Katzenhaie, wenigstens diejenigen, die wir im Aquarium beobachten. Ich beschreibe
deren Verhalten unten näher, und will hier nur erwähnen, dass diese Haie im Aquarium, den Geschmack
vorgeworfener Speise witternd, so lange umherschwimmen, bis der Zufall sie dicht an dieselbe hinführt.
Dann tritt die zweite Phase des Schmeckens ein, und der Hai schnappt nach der Beute. Es ist
möglich und mir sehr wahrscheinlich, dass in der dunklen Meerestiefe an Stelle dieses dem Zufall
o