kann ihr allgemeines Vorkommen bestätigen. Einzelne Spinner, Schwärmer und Eulen sind sogar
geradezu Musterobjekte zum Studium dieser Organe (z. B. Porthesia chrysorrhoea mit ihren glashellen
Fühlern). L esp e s hatte schon bei Spinnern und Eulen das Vorkommen von Gruben angegeben und
gefunden, dass diese auf die Unterseite der Fühler beschränkt sind. Er beschreibt sie jedoch als
geschlossene Gruben und hält sie für Hörorgane.
K ra p e lin bemerkte auch bei den Tagfaltern, dass die ventrale Fühlerfläche der alleinige
Sitz der Grubenkegel ist. Auch bei den von mir untersuchten Arten zeigte sich dies. Dagegen muss
ich die Angabe H au s e r ’s, welcher die Grubenkegel als auf den Fühlerkolben beschränkt bezeichnet,
dahin berichtigen, dass ich sie in grösser Zahl auch auf dem Fühlerschafte gefunden habe. L e sp e s
glaubte sie auf die zwei letzten Fühlerglieder beschränkt.1)
Bei den gefiederten Bombycidenfühlern sitzen die Grubenkegel auf den Fiedern und dem
Stamme der Fühler. Die entsprechenden weiblichen Fühler sind einfacher gebaut und besitzen eine
bedeutend kleinere Zahl von Gruben. Bei Orgyia gonostigma cf ist die Zahl der Grubenkegel das
Vielfache von der Zahl derselben beim flügellosen Weibchen. Bei Saturnia carpini 9 sind die Grubenkegel
selten, dagegen viele Fühlhaare vorhanden, Schuppen fehlen ganz. Der sehr grosse Unterschied
in der Grubenzahl bei 9 und cf der Spinner, zusammengehalten mit der evidenten Bedeutung ihres
Geruchssinnes in sexueller Beziehung macht es in hohem Masse wahrscheinlich, dass die Grubenkegel
die Organe jenes Sinnes sind. Es könnten ja auch von anderen Organen nur noch die weiter unten
zu besprechenden E n d k e g e l in Betracht kommen, da diese und die Grubenkegel die einzigen hier
vorkommenden Organe sind, welche den Bedingungen entsprechen, welche wir heutzutage schon an
ein Riechwerkzeug bei Insekten stellen dürfen. Bei den übrigen Schmetterlingen, besonders den Tagfaltern
und Schwärmern sind die Unterschiede in der ganzen Körpergestaltung und Lebensweise viel
geringfügiger als bei den Spinnern, ja oft fehlen sie ganz. Da stimmt es nun sehr gut, dass bei
diesen Familien auch die Sinnesorgane der männlichen und der weiblichen Fühler nahezu gleich entwickelt
sind. Dies spricht sehr dafür, dass die Grubenkegel zur Lebensweise in Beziehung stehen.
Dass das trägere, oft flügellose und unbehilfliche Weibchen der Spinner das Männchen nicht aufsuchen
kann, ist klar, daher muss zur Begattung das Männchen das Weibchen zu finden wissen, und dazu
bedarf es der Geruchsorgane. Dass gerade der Geruchssinn hiebei thätig ist, können wir a priori
nicht voraussetzen, wissen es aber aus den Beobachtungen, die ich oben erwähnte, nach welchen die
Männchen mancher Spinner durch Weibchen ihrer Art, welche sie nicht sehen können, weither angelockt
werden. Schwärmer- und Tagfalter-Weibchen sind in gleichem Masse beweglich und lebhaft
*) Wenn man daranf ausgeht, sich eine Übersicht über die Fühlersinnesorgane eines Schmetterlings oder anderen
Insektes zu verschaffen, ohne die histiologischen Einzelheiten studieren zu wollen, kann ich eine Methode, die ich schon
oben erwähnte, sehr empfehlen, da sie mir gute Dienste geleistet hat. Wenn man die in Alkohol gehärteten Fühler nämlich
in einer Lösung von Pikrinschwefelsäure mit einem Zusatze von etwas Chromsäure 1—2 Tage lang im Paraffinofen stehen
lässt, entfärben sich die Fühler vieler Arten mehr oder weniger, und lassen sich dann ausgezeichnet aufhellen und untersuchen.
Feinheiten an den Weichteilen kann man nun freilich nicht studieren.
Nicht alle Fühler entfärben sich in dieser Lösung, so z. B. die meisten Käferfühler nicht; einzelne Hymenop-
teren zeichnen sich dagegen dadurch aus, dass ihre vorher schwarzen Fühler durch diese Behandlung wasserhell werden,
(Eucera, Chrysis)] hier nimmt sich dann eine nachträgliche Färbung mit Methylenblau sehr hübsch aus, ist aber sehr
vergänglich. Die Fühler von Bonibus werden nur braun, die von Pompilus und allen von mir untersuchten Schmetterlingen
gelbbräunlich. Das Verfahren ist mir viel bequemer als die Chlorbleiche mit Eau de Javelle, welche die Weichteile
zum mindesten nicht weniger schädigt. Bei schon vorher hellen Objekten (Schmetterlingsrüssel) bewirkt eine kurze Einwirkung
jener Mischung eine scharfe Begienzung der Nerven und Ganglien und ein auffallend deutliches Hervortreten
der Kerne. Kein Farbstoff dringt so rasch wie jene Lösung in die dünnen Fühler und Büssel ein.
wie die Männchen, und so bedarf das Männchen nicht so sehr einer vollkommeneren Ausrüstung mit
Sinnesorganen; vielmehr stehen sich beide Geschlechter hierin gleich.
Bei den S p h in g id en sind die Grubenkegel besonders schön und zahlreich ausgebildet; nur
bei M acroglossa s te lla ta n cm fand ich sie spärlich, statt der Kegel fand ich hier meistens Haare.
Da M acro g lo ssa im Gegensätze zu den anderen untersuchten Schwärmern am Tage fliegt, dürfte
jene Verminderung der Riechorgane keine zufällige sein. Die Struktur der Fühler ist im übrigen
ganz dieselbe wie bei ändern Schwärmern, auffallend ist nur, dass alle Gewebe des Fühlerinneren
braun pigmentiert sind. In den zu den Fühlhaaren gehörigen Sinneszellengruppen wird das Pigment
grauschwarz, ist aber nicht geformt, körnig, sondern diffus und ziemlich durchsichtig.
In Fig. 37, 38, 39 gebe ich einige Übersichtsbilder über den Bau der Sphingidenfühler und
die Verteilung der Sinnesorgane auf denselben. Von dem Verhältnis der langen Fühlhaare zu den
Grubenkegeln, welches hier theoretisch interessant ist, habe ich früher gesprochen (216 pg. 28 f).
Die Grundform der Fühler ist bei Schwärmern dreikantig. Die eine schmälste Seite trägt
zahlreiche Schuppen, zuweilen vereinzelte dicke, dicht über ihrer Basis rechtwinklig abgebogene Borsten,
deren Porenkanal weiter ist, als derjenige der Schuppen. Wie Herr Dr. V o s s e ie r fand und mir
zeigte, ordnet sich die hier sehr niedrige Hypodermis unterhalb dieser Borsten zu eigentümlichen Zellknospen
an, ähnlich den Geschmacksknospen der Wirbeltiere; zuweilen finden sich an diesen Stellen
im Epithel eingeschlossene Kapseln mit homogenem färbbarem Inhalt; die Bedeutung dieser Gebilde
ist mir unbekannt.
Die beiden anderen Seiten des Fühlerquerschnittes tragen Tast- oder Fühlhaare ‘) und Grubenkegel.
Die Fühlhaare sind hier sehr lang und dick, ihr Inhalt ist färbbar, die Zellgruppen an ihrer
Basis stehen mit den Nerven in Zusammenhang. Wird ein Querschnitt nahe einem der Enden eines
Fühlergliedes angelegt, so findet man mehr Fühlhaare als Kegel (Fig. 37), wird er durch die Mitte
gelegt, so überwiegen die Kegel. Ferner, je näher ein Längsschnitt nach Art der Fig. 38 an der
Kante des Fühlers angelegt wird, desto mehr Grubenkegel findet man, je näher der schuppentragenden
Schmalseite des Fühlers, desto mehr Haare. Hieraus ergiebt sich, dass die Kegel immer nur auf die
Mitte jedes Gliedes beschränkt sind. Uber vorkommende Übergänge zwischen Fühlhaaren und Grubenkegeln
vergl. 216 pg. 28.
Das Aussehen der Grubenkegel bei Schwärmern wird durch Fig. 35 und 36 illustriert, woraus
zugleich hervorgeht, dass die Gruben etwas gegen die Fühlerspitze hin geneigt sind (wie bei Pflanzenwespen).
Oft ist der Kegel so zart, dass er kaum zu sehen ist. Zu dem Schutz dieser zarten Gebilde
durch Lagerung in einer Grube kommen noch blasse Schutzhaare (Fig. 37), welche nur in den
mit Grubenkegeln besetzten Bezirken sich finden, und wahrscheinlich keine Sinnesfunktion haben,
sondern nur den Zweck erfüllen, Schädlichkeiten von den zarten Sinneskegeln fernzuhalten.
Die E n d z a p fe n , von welchen ich schon erwähnte, dass sie allen Schmetterlingsfamilien mit
Ausnahme der Tagfalter zukommen, sind schon vonLeydig und. Ruland beschrieben. Sie kommen
bei Spinnern in der Mehrzahl, sonst in der Einzahl an jedem Fühlergliede vor. Sie stehen als conische
oder zylindrische Zapfen von ziemlich dickem Chitin am distalen Ende eines jeden Fühlergliedes. Erst
auf der Spitze dieses Zapfens findet sich nun ein eigentliches kleines Sinneskegelchen. Es können
*) Icli verwende den Ausdruck Fühlhaare statt Tasthaare, welch letzterer der allgemein gebräuchliche ist, deshalb,
weil die Schmetterlinge mit ihren Fühlern nicht tasten. Tasthaare nenne ich nur solche, mit denen getastet, d. h.
aktiv ein Gegenstand wiederholt und absichtlich berührt wird.