m e h re re G ru p p en , eb en fa lls n u r vermöge deren ch em is ch en E ig e n s c h a f te n .
Ein T e il d e r O rgane des ch em is ch en S in n e s (Riechorgane) wird vermöge s e in e r
an a tom isc h en Lage n u r von g a s fö rm ig en R e iz s to f fe n g e tro ffe n , ein a n d e r e r n u r
von flü ssig e n (Schm eck organe). Verschiedene andere, von dieser mehr oder weniger abweichende
Definitionen liegen den Abhandlungen über Riech- und Schm eck vermögen und ihre Organe
teils ausgesprochenermassen, teils unausgesprochen zu gründe. Es sind allerlei Gesichtspunkte
in die Definition hereingezogen worden, welche teils die allgemeine Giltigkeit derselben beeinträchtigen,
teils geradezu unrichtig sind.
Der eben gegebenen Definition steht die von P o re l (106) nahe:
Définition de l ’o d o ra t: Un sens spécial, qui permet à l’animal de reconnaître à distance
par une énergie spéciale quelconque la nature (chimique) de certains corps Le g o û t n’est
chez nous qu’un sens chimique de contact servant à discerner la qualité chimique des. substances
non volatiles, à les distinguer les unes des autres à l’aide d’une énergie spéciale rapprochée par sa
qualité de celle de l’odorat.
F o re l setzt also an Stelle der Unterscheidung nach dem Aggregatzustand des Reizstoffes
die Unterscheidung : à distance und au contact. Der Grundgedanke ist freilich derselbe, kann aber
in der letzteren Form leicht missverstanden werden. Mit der Behauptung, dass der Geruch Wahrnehmung
auf Distanz gestatte, soll ja doch nicht gesagt sein, dass die Riechstoffe eine fernwirkende
Kraft hätten, vergleichbar dem Lichtstrahl; sondern materielle Bestandteile des riechenden Stoffes müsse
das Sinnesorgan ebensowohl berühren, wie schmeckende, wenn die entsprechende Sinneserregung
ein treten soll.
Dass die Befürchtung eines solchen Missverstehens der Fernwirkung des Geruches nicht unbegründet
ist, scheint mir aus einer Bemerkung A ro n so h n ’s hervorzugehen, welcher sagt (6 pg. 325):
„Um mich a u g e n s c h e in lic h von dem Riechvermögen der Fische zu überzeugen, warf ich
zweien Goldfischen, von deren gutem Appetit ich mich vorher überzeugt hatte, stark mit Nelkenöl
oder Tinct. asae foetidae getränkte Ameiseneier vor. Sobald die Fische die Eier liegen sahen, kamen
sie herangeschwommen und wollten schnell nach ihnen greifen; kaum hatten sie die Eier aber nur
ganz oberflächlich mit der Schnauze berührt, so schnellten sie flugs zurück. Dies konnte aber noch
als Folge eines Reizes auf die Schnauze aufgefasst werden; dass aber dem nicht so sei, dass das
Fahrenlassen der Beute nur durch die unangenehme Geruchsempfindung bedingt war, das bewiesen
die Fischchen in vielen anderen Fällen, wo sie sich schon aus einer Entfernung von einigen Millimetern
mit den ausgesprochensten Erscheinungen des Unwillens von der lieben Speise abwandten.“
Der „Reiz auf die Schnauze“ ist offenbar als ein chemischer betrachtet, was aber is.t die
Geruchsempfindung anderes, als der Ausdruck eines chemischen Reizes? Ich kann den betreffenden
Abschnitt aus A ro n so h n ’s Abhandlung nicht anders verstehen, als dass darin implicite die Anschauung
liegt, dass das Riechen eine Fernwirkung sei, ähnlich wie das Sehen und Hören. Das
aber ist unzweifelhaft falsch.
Übrigens denkt sich A ro n so h n die Prüfung des Riechvermögens bei Fischen auch bedeutend
leichter, als sie es in Wirklichkeit ist.
Betrachten wir die weiteren Kriterien, die zur Unterscheidung des Geruchs- und Geschmackssinnes
angegeben sind.
Es ist mehrfach behauptet worden, Geruchsorgane müssten immer am Kopfe und
zwar in der M ed ian lin ie liegen. Dadurch sei z. B. ausgeschlossen, dass die Fühler der Insekten
dem Gerüche dienen, diese seien vielmehr den „Ohren“ zu vergleichen (Paasch 230, Wolff 333,
G rä b e r 122). Ohne mich auf die Wiederlegung derartiger Ansichten einzulassen, will ich nur daran
erinnern, dass nicht einmal beim Menschen jene Behauptung zutrifft. Bekanntlich ist auch hier das
Riechorgan paarig angelegt, und nur die „Nase“ als Ganzes ist beim fertigen Menschen äusserlich unpaarig.
Die Nase aber ist nicht das Geruchsorgan.
Etwas grössere Bedeutung muss der Ansicht zugemessen werden, n a ch welcher Riecho
rg an e immer an d e r Mündung des A tm u n g sa p p a ra te s liegen sollten. In den zahlreichen
Arbeiten, welche schon zu Anfang dieses Jahrhunderts über die Riechwerkzeuge der Insekten
geschrieben wurden, herrscht diese Anschauung vor. Dann aber, als der experimentelle Nachweis
Ihrer Unrichtigkeit von mehreren Seiten (Dönhoff (72), P e r r is (234) u. A.) geliefert wurde, verliess
man sie allgemein. Überraschend war es daher, als der alte Gedanke im Jahre 1877 von G. Joseph
wieder vorgebracht wurde. Jo s e p h .(150) bezeichnete mit Bestimmtheit die Mündungen der Tracheen,
die Stigmen der Insekten als Sitz des Geruches, beschrieb an denselbeninnervierte „Geruchsgürtel“ und
suchte seine Ansicht durch einige Versuche an lebenden Tieren zu stützen. Die Versuche konnten Von
keiner Seite bestätigt werden und die Geruchsgürtel hat nach Jo s e p h niemand gesehen. Der rasch
sich erhebende Widerspruch scheint den genannten Forscher überzeugt zu haben, denn eine ausführliche
Bearbeitung der Frage, die nach der ersten kurzen Mitteilung zu erwarten war, blieb aus.
In seiner grossen phantasiereichen Schrift über das Riechorgan der Biene findet Wolff
(1. c.) dasselbe zwar an der Gaumenplatte, nimmt aber einen besonderen Saugmechanismus an, der
nach Art eines Respirationsapparates die Aussenluft zu den Riechhaaren treibt.
W o lff’s Hypothese, anfangs von G rä b e r anerkannt, ist jetzt gänzlich verlassen.
Doch die Theorie der notwendigen Verknüpfung des Riech- und des Atemorganes hat noch
nicht die verdiente Ruhe gefunden; denn wenn auch betreffs der Insektenriechorgane die Anschauungen
sich jetzt geklärt haben, so taucht doch immer noch von Zeit zu Zeit die Vermutung auf, es
möchte das Riechorgan der Schnecken und sonstiger Mollusken mit den Atmungsorganen Zusammenhängen.
Versuche in dieser Hinsicht fehlten bisher ganz. Ich habe solche angestellt und habe jene
Vermutung keineswegs bestätigt gefunden.
In Wirklichkeit steht die Sache so, dass ein Zusammenhang zwischen Atmung und Riechen
weder an sich notwendig, noch auch erfahrungsgemäss überall vorhanden ist. Notwendig ist, dass die
Riechstoff-geschwängerte Luft zu den Endapparaten des Riechnerven gelangt. Diesen Zweck zu
erreichen, hat die Natur die sämtlichen drei denkbaren Wege eingeschlagen: entweder gelangen die
riechenden Dämpfe durch einfache Diffusion, unterstützt von zufälligen Luftströmungen, zu den Riechorganen,
oder die Dämpfe werden durch einen besonderen Mechanismus zu diesen hinbewegt, angesaugt,
oder endlich die Riechorgane werden in der Luft hin- und herbewegt, sö dass sie mit den
Riechstoffen in ausgiebige Berührung kommen; denselben Zweck erreichen die Tiere, welche ein
Riechorgan in der Nase haben, durch stossweises Einziehen der Luft, „Schnüffeln.“
Den ersten Modus treffen wir z. B. bei den Landschnecken und landbewohnenden Würmern,
wenn auch, namentlich bei den ersteren, schon die Riechorgane aktiv etwas bewegt werden, den zweiten
bei Wirbeltieren, den dritten bei den Insekten.