Was die technische Behandlung des Materials betrifft, so war diese fast ausnahmslos:
Entkalkung in Salpetersäure von verschiedenem Procenthalt, Durchfärbung in toto meist mit
Boraxcarmin, Einbettung in Paraffin und Zerlegung in Schnittserien mit J ung’s oder B ecker’s
Mikrotomen.
Sämtliche Zeichnungen sind mit Hilfe der Camera lucida entworfen; alle sind directe
und getreue Abbildungen der Schnitte und — wo nicht das Gegenteil besonders bemerkt — weder
schematisirt noch combinirt.
Der grösste Theil des meistens sehr schwer zu beschaffenden Untersuchungsmaterials für
diesen ersten Band gehört dem zootomischen Institut der Universität zu Stockholm an. Anderes
verdanke ich dem gütigen Entgegenkommen der Herren Professor BERGENDAL-Lund, Eischereidirektor
FEDDERSEN-Kjöbenhavn, Dr. HAAKANSON-Stöckholm, Dr. jÄGERSKiöLD-Upsala, Freiherr v.
KLiNCKOwsTRöM-Stockholm, Professor LüTKEN-Kjöbenhavn, Colonialdirektor MüLLER-Grönland, Professor
SuRLiNG-Adelaïde und Dr. WiNGE-Kjöbenhavn.
Einen namhaften Beitrag zur Herstellung der Tafeln, welche diesen Theil begleiten,
verdanke ich meinen Freunden Herrn und Frau Professor R etzius in Stockholm.
Meinen aufrichtigen Dank sage ich hier auch meiner Zeichnerin, Fräulein H ilma B undsen,
welche mit nie ermüdender Sorgfalt den allergrössten Theil der Abbildungen hergestellt hat.
Schliesslich bezeuge ich den Herren Herausgebern und Verleger der Bibliotheca zoologica“
meinen Dank für die Liebenswürdigkeit, mit welcher sie auf meine. Wünsche eingegangen sind.
Bevor ich zur Darlegung der eigenen Untersuchungen schreite, dürfte eine Uebersicht über
den heutigen Standpunkt unserer Kenntniss von der ontogenetischen Entstehung der
Milch- und Ersatzzähne,
um die springenden Punkte hervor heben zu können, hier am Platze sein.
Wenden wir uns zunächst zu der Frage nach der ersten Anlage und Entwicklung der Zähne,
so ist, da die Ansichten der ältern Forscher G oodsir, Gun-Lot, R obin & Magitot jetzt nur noch
historisches Interesse beanspruchen können, im Anschluss an Marcusen & H uxley zuerst von
K öllikfr (I) an Kälbern und Schafen und bald darauf auch von W aldeyer, H ertz und K ollmann
an Menschen und an denselben Säugethieren nachgewiesen worden, dass die Entwicklung der
Zähne mit der Bildung eines besondern epithelialen Organes beginnt, welches K ölliker, H ertz,
W aldeyer den S c hm e lz k e im , B aume die P r im i t i v f a l t e , Schwink, R öse u . a. die Z a h n le
is te oder S c hm e lz le is te , P ouchet & Chabry lam e d e n t a i r e nennen. Dasselbe stellt
in jeder Kiefer hälfte einen zusammenhängenden, mehr oder weniger platten Fortsatz des
Mundhöhlenepithels dar, welcher sich in das unterliegende Mesoderm einsenkt. R öse hat dann viel
später (I, pag. 481) die erste Anlage der Zahnleiste beim Menschen als eine auf Durchschnitten
halbkugelige, aus noch nicht differenzirten, rundlichen Zellen bestehende Wucherung des Kieferepithels
näher präcisirt; auch hob R. ebendaselbst hervor, dass die „eigentliche“ Zahnleiste und
die Lippenfurchenleiste, wie R. die Epithelialleiste bezeichnet, aus welcher durch Resorption der
oberflächlichen Schichten des Epithels später das Vestibulum oris entsteht, aus einer gemeinsamen
Anlage hervorgehen, wie schon früher B aume (pag. 64) die Schmelzleiste „ganz in der Nähe
der Lippenfurche, gewöhnlich von dieser aus“ auftreten lässt. Neuerdings will R ö s e (II pag. 3)
das erste Auftreten einer Zahnanlage bei Säugethieren noch weiter zurückverlegen, indem er im
Anschluss an das Vorkommen von frei über die Schleimhaut hervorragenden Papillen auch bei
Amnioten noch Anklänge an dieses jedenfalls primäre Verhalten beschreibt: „die ersteSpur der
Zahnleiste zeigt sich bei allen Säugethieren in Gestalt einer auf Schnitten spindelförmigen Anschwellung
des Kieferepitheles. Beim Menschen speciell haben sich theilweise in der Ontogenese
noch primitivere Zustände erhalten, indem ungefähr am 34. Tage nach der Befruchtung im Verlaufe
der sich anlegenden Zahnleiste zwei deutlich über die Oberfläche hervorragenden epithelialen
Papillen auftreten. Nach wenigen Tagen schon sind dieselben allerdings wieder zurückgebildet
und senken sich im Vereine mit dem übrigen Theile der Zahnleiste ins Kiefermesoderm ein.“
Mit Rücksicht auf diese Beobachtungen bezeichnet Röse (HI pag. 198) die über das Niveau der
übrigen Schleimhaut hervorragende ursprüngliche Epithelialverdickung der Kieferränder als p r im
ä re Zahnleiste im Gegensatz zur s e c u n d ä r e n eingewucherten.
Aus K ölliker’s (H pag. 822, Fig. 496) Arbeit ist ziemlich allgemein in die gebräuchlichen
Hand- und Lehrbücher die Angabe übergegangen, dass eine's. g. Zahnfurche gleichzeitig mit
der Zahnleiste erscheint. Auch das Vorkommen eines Zahnwdlles, einer Verdickurig des Epithels
oberflächlich von der Zahnleiste, ist bis vor kurzem als eine typische Begleiterscheinung der
ersten Zahnanlage dargestellt worden (vergleiche T om e s -H o llä n d e r Fig. 58, lj-y Die neueren
Ijintersuchungen von P ouchet & Chabry über das Verhalten bei mehreren Säugern und von W aldeyer,
K ollmann und R öse (I) beim Menschen haben jedoch dargethan, dass weder Zahnfurchen
noch Zahnwall wesentliche Beziehungen zur Entwicklung der Zähne haben, und dass keim Menschen
ein Zahnwall, wie er von K ölliker bei Wiederkäuern im Bereiche der Backenzähne her
schrieben wurde, zu keiner Zeit existirt, sowie endlich dass die frühest beim Menschen auftretende
Furche die Lippenfurche ist. Was beim Menschen als Zahnfurche und Zahn wall bezeichnet
werden könnte, tr itt viel später auf, wenn die Milchzähne schon einen beträchtlichen Ausbildungsgrad
erreicht haben.
Eie erste Eifferenzirung der einzelnen Zähne — bei den höheren Säugern somit der Milchzähne
— wird einstimmig als eine Verdickung des tiefem Theils der Schmelzleiste an den
Stellen, wo die zuerst auftretenden (Milch-)Zähne später zu stehen kommen, dargestellt. Diese
kolbigen Verdickungen sind die ersten Differenzirungen der S c hm e lz k e im e (Schmelzorgan
bei K ölliker, H ertz, W aldeyer u. a.), während der nicht erweiterte, oberflächliche Theil der
Schmelzleiste, vermittelst welcher der Schmelzkeim noch mit dem Mundepithel im Zusammenhänge
steht, als „Hals des S c hm e lz k e im s“ bezeichnet wird. In diese kolbenförmigen Verdickungen
der Schmelzleiste stülpen sich Mesodermpapillen, die Z a h n b e in k e im e oder Zahnpapillen
nach K ölliker (Z a h n k e im e oder D e n tin k e im e nach H ertz) ein, wodurch die kolbenförmigen
Schmelzkeime in kappenförmige umgebildet werden. Beim Menschen hat Röse (I) nachgewiesen,
dass die Mesodermpapillen sich nicht am tiefsten Punkte der verdickten Leiste sondern
mehr zeitlich einstülpen. Während somit nach der hier vorgetragenen Auffassung den Mesodermpapillen
bei diesem Vorgänge die active Rolle zufällt, macht neuerdings R öse (II, HI)
geltend, dass umgekehrt das Epithel das active Element sei, welches glockenförmig einen Mesodermzapfen
umwächst, wodurch der Zahnbeinkeim entsteht.
Die Auffassung der Bedeutung des Schmelzkeims ist durch die neueren Untersuchungen
wesentlich modificirt worden, v. B runn’s Untersuchungen haben nämlich festgestellt und diese