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 bei  seinem Herumtasten  mit  den Fühlern  deren Spitze in verschiedene Flüssigkeiten eintauchen musste.  
 Tauchte  der  Fühler  in Wasser,  so  benahm  sich  die  Assel  nicht  anders,  als  unter  gewöhnlichen  Umständen, 
   das Wasser störte sie offenbar gar nicht.  Chininbisulfat in Lösung wirkte nicht anders,  ebenso-  
 wenig  Chininsulfat  in  neutraler  Lösung;  im  ersten  Augenblicke  blieben  auch  die  ätherischen  Öle  
 wirkungslos,  nach  einigen  Sekunden  schienen  sie  dann  aber  doch  zu  reizen.  Toluol  dagegen  setzte  
 das  Tier  sofort  in  die  heftigste  Aufregung. 
 Da  Chinin  und  andere  für Menschen  und  Tiere  stark  schmeckende  Stoffe  die  Fühlerspitzen  
 nicht  reizen,  sondern  nur  die  Öle  und  benzolartigen  Stoffe,  welche  sehr  eingreifende  Veränderungen  
 durch  das  Chitin  hindurch  bewirken,  halte  ich  die  Existenz  eines Schmeckvermögens  an  den  Fühlerspitzen  
 für  ausgeschlossen. 
 Schmeckvermögen  und Geschmacksorgan  im Munde wird  hier  so wenig  wie anderwärts fehlen,  
 doch  ist  es  mir  nicht  möglich  gewesen,  Versuche  in  dieser  Hinsicht  anzustellen,  da  ich  meine  gefangenen  
 Asseln  nicht  zum  Fressen  bringen  konnte. 
 In  Fig.  90  habe  ich  die  Antennenspitze  eines  ganz  jungen  Oniscus  m ü r a r iu s ,  der  Bruttasche  
 der Mutter  entnommen  und  mit  Hämatoxylin  gefärbt,  gezeichnet.  Die  Antenne  läuft  in  eine  
 dünne  Röhre  aus,  aus  welcher  ein  Pinsel  von  glänzenden  starren  Fäden  hervorragt.  Auf  die  eigentümliche  
 Übereinstimmung  dieses  Organes  mit  meinem  Befunde  bei  Landamphipoden  komme  ich  
 unten  zu  sprechen. 
 Die  D ekapoden. 
 Bei  diesen  echten  Wassertieren spreche  ich  auch,  wie  bei  den  übrigen Wassertieren  nur von  
 Schmeckvermögen und Geschmacksorganen,  vermeide  die Bezeichnung Riechorgane.  Diese  Auffassung  
 scheint neuerdings entschiedener als früher ihre Vertreter finden zu sollen.  So  sprechen sich  E.  Jourdan  
 und  0.  vom  Ra th  in  diesem  Sinne  aus.  Ersterer  zieht  alles,  was  man  bisher  als  Riechorgane  bei  
 Krebsen  bezeichnete,  in  die  Besprechung  der  Geschmacksorgane  hinein,  vom  R a th   findet  die  Bezeichnung  
 Geruch  oder  Geschmack  bei  diesen  Tieren  der  Willkür  des  einzelnen  überlassen. 
 Dass  die  Crustaceen  einen  chemischen  Sinn  besitzen  —  mag  man  ihn  nun  Geschmack  oder-  
 Geruch  nennen  —,  bezweifelt  niemand.  Dass  er  sehr  fein  entwickelt  sei,  kann  man  in wissenschaftlichen  
 und  populären  Schriften  oft  lesen,  gewöhnlich  mit  der  Bemerkung,  dass  das  allbekannt  sei.  
 Nirgends  finde  ich  aber  einen  Beweis  für  diese  Behauptung.  Höchstens  wird  angegeben,  dass  »wie  
 bekannt“  die Krebse  den Köder  auf  grosse Entfernung  wittern.  Als Beweis  für  das feine Witterungsvermögen  
 der Flusskrebse  kann  wohl angeführt  werden,  dass  die Fischer  die  Krebse  mit  fauler Leber  
 ködern sollen,  die  mit Leinöl oder Spiköl  (Oleum Spicae) getränkt  ist.  Doch scheint mir der Beweis  zu  
 fehlen,  dass  dabei  die  fau le   Leber,  das Leinöl  und Spiköl  auch wirklich  nötig  sind.  Namentlich  die  
 Oie  sind  mir  etwas verdächtig.  Ich  will  keinen Wert* darauf  legen,  dass,  wenn  ich Wasser  mit  einer  
 Spur  Spiköl  geschüttelt,  in  die  Nähe  des  Kopfes  von  Flusskrebsen  brachte,  oder  Fleischstücke  damit  
 tränkte,  die  Tiere  dadurch  eher  abgestossen  als  angezogen  wurden.  Entscheidender  scheint mir  die  
 Überlegung,  dass  diese  Öle  auf  weitere  Entfernung  hin  gar  keine  Wirkung  haben  können;  kommt  
 ein  ölgetränkter  Gegenstand  ins Wasser,  so  löst  sich  die demselben  oberflächlich  anhaftende Ölschicht  
 sofort  ab  und  steigt  rasch  an  die  Oberfläche  des Wassers  empor.  Ein  anderer  Teil  des  ätherischen  
 Öles  wird  in  dem  Leberstück  und  an  dessen  Oberfläche  zurückgehalten,  ist  aber  eben, dadurch  nicht 
 im  Stande,  weiterhin  zu  wirken,  denn  eine  erregende  Wirkung  auf  Tiere  kann  doch  nur  eintreten,  
 wenn  das  01  in  Substanz  zum  Tiere  hingelangt.  Eine  Fernwirkung  giebt  es  nicht;  Nun  scheint  ja  
 allerdings  ein  kleiner  Bruchteil  der  Öle  im Wasser  sich  zu  lösen,  aber  wie  ich  im  allgemeinen  Teile  
 ausführlich  erörtert  habe,  wird  auch  damit  noch  nicht  wahrscheinlicher,  dass  der  Geschmack  bezw.  
 Geruch  des  Öles  die Krebse  anlocken  kann.  Es  wäre daran  zu denken,  dass  die  Öle  die Bedeutung  
 haben  könnten,  dass  sie  die  Leber  konservieren,  indem  sie  ihren  Zerfall  durch  Quellung  verzögern.  
 Dazu  würde  sich  aber  jedes  ätherische  Öl  eignen,  und  sein  Geruch  ist  dabei  unwesentlich. 
 Dass  faule Leber  ein besserer Köder sein soll,  als frische,  ist  leichter verständlich,  weil erstere,  
 wie  faule  tierische  Stoffe  überhaupt,  mehr  wasserlösliche  und  dabei  stark  schmeckende  („pikante“)  
 Substanzen  enthält.  Wie  ich  mir  den  Einfluss  derselben  auf  das  Auffinden  und  Erkennen  der  Nahrung  
 denke,  brauche  ich  hier  nicht  zu  wiederholen, .vergl.  oben  pg.  63  ff. 
 Durch  meine  Überlegungen  und  Versuche  bin  ich  zu  der  Ansicht  geführt  worden,  dass  die  
 B e d e u tu n g   des  ch em isch en   Sinnes  für  die  W a s s e rc ru s ta c e e n   v e rh ä ltn ism ä s s ig   
 n ic h t  gross  is t,  w e n ig s te n s   was  das A u fsu ch en   d e r N a h ru n g s s to ffe   b e tr iff t.  Relativ  
 gross  dagegen  dürfte  die  se x u e lle   B ed eu tu n g   des  chemischen  Sinnes  sein,  welche  sich  indessen  
 der  Beobachtung  und  besonders  der  experimentellen Prüfung  leider  zu sehr  entzieht,  als  dass ein  bestimmteres  
 Urteil  möglich  wäre.  Die  B e d e u tu n g   des  ch em isch en   Sinnes  fü r  P rü fu n g   
 der Nah ru n g   während  des  F re ss e n s  ist,  wie  mir scheint,  bei  den  einzelnen  Familien  sehr  ungleich  
 stark ausgebildet,  sie  scheint gross  zu  sein  bei  den  grösseren,  besonders  unter  den  vom  Raube  
 lebenden Krebsen,  den Dekapoden,  gering  dagegen  bei  den  kleinen  Arten,  welche ganz oder  vorzugsweise  
 von  Algen  nnd  Infusorien  leben,  welche  sie  unzerstückelt  verschlucken. 
 Versuche  mit  fast  allen  Krebsarten  sind  nur  schwer  mit  Erfolg  anzustellen,  noch  schwieriger  
 ist  die  Deutung  der  Resultate.  Die  Reaktion  auf  chemische  Reize  fehlt  nämlich  oft  ganz,  oder  ist  
 schwach  und  unsicher.  Bei  trägen  Formen  wie  Astacus  und  Asellus  kann  man  im  Zweifel  sein,  ob  
 das  Ausbleiben  der  Reaktion  Folge mangelhafter  Ausrüstung  mit  Sinnesorganen  ist,  oder  durch  allgemein  
 phlegmatisches  Temperament,  der  Tiere  bedingt  wird.  Bei  lebhaften  Formen,  Gammarus,  
 Niphargus,  Pagurus  sind  andere,  nicht  beabsichtigte  Reize  zu  schwer  auszuschliessen.  Es  ist  daher  
 immer  eine  grosse  Zahl  von  Versuchen  nötig,  um  einen  einigermassen  sicheren  Schluss  ziehen  zu  
 lassen.  Sehr  auffallend  ist  hierin  der Unterschied gegen  die meisten Insekten,  Mollusken und Würmer,  
 welche  auf  Reize,  die  einmal  bei  ihnen  Reaktion  hervorriefen,  fast  stets  mit  reflexartiger  Sicherheit  
 wieder  antworten. 
 Pagurus  striatus. 
 Die  Versuche  an  diesem  Krebse  wurden  in  Neapel  in  der  zoologischen  Station  ausgeführt.  
 Die  Einsiedlerkrebse  befanden  sich  unter  günstigen  Verhältnissen  in  strömendem  Wasser.  Da  die  
 Einsiedlerkrebse  als  gierige  Räuber  leicht  zum  Fressen  zu  bringen  sind,  beschränkte  ich meine  Versuche  
 darauf festzustellen,  in  wie weit die  in n e re n   A n ten n en   (==Antennulae) für  die  Erkennung  
 d e r   Nahrung  von Bedeutung sind,  und  liess meiner engbemessenen  Zeit  wegen Versuche  mit anderweitiger  
 Reizung  des  Geschmackssinnes  bei  Seite. 
 Mit  vielen  anderen  Krebsen  teilt  Pagurus  die  Eigenschaft,  die  Antennulae  in  lebhafte  Bewegung  
 zu  bringen,  sobald  er Nahrung  wittert,  aber  auch  zuweilen  bei  anderweitiger  Erregung  aus  
 unbekannter  Ursache. 
 Nachdem  ich  eine  Anzahl  Paguren  an  das  Gefäss,  worin  sie  gehalten wurden,  sich  hatte  ge