Käfern fällt ea schwer, zu entscheiden, welches Flügelpaar zuerst zurückgebildet wurde, sicher ist, daß
bisweilen eine Überkreuzung in der Verkürzung beider Flügelpaare vorkommt, wie wenn ein typischer
Kurzflügler erst die Alae und dann die ohnehin verkürzten Deckflügel fortschafft, wie dies z. B. bei
Mimanomma der Fall ist. Bei den flugfähigen Federflüglem (Trichopterychiden) sind die Decken
ebenfalls abgestutzt; in der Gattung Ptineüa sind sie bei makropteren länger, bei mikropteren kürzer
und tragen in diesem Fall öfters einen häutigen Hinterrand als Zeichen des schwindenden Teiles; bei
Ptinella aptera Guer. sind die Decken doppelt so lang oder nur ein Drittel so lang als das Halsschild
( F l a c h 1889), ein Beweis, daß sie im Schwinden begriffen sind. Bei den Meloiden sehen wir beide
Flügelpaare in starker Rückbildung, ohne daß die Alae zuerst ganz geschwunden wären. Es sei der
Kürze halber nur noch auf die interessanten Entflügelungsvorgänge bei den Lampyriden und Driliden
hingewiesen. In der ersteren Familie haben wir heute folgendes Bild: Vollflügeligkeit in beiden Geschlechtern
bei den Ludolae; volle Elytren und Flugfähigkeit bei den Männchen von Lampyris,
während die Decken der Weibchen nur noch kleine Schuppen büden; bei PJiospJiaenus hemipterm
Goeze bisweilen Alaereste in beiden Geschlechtern, die Elytren der Männchen schwankend in der Länge,
meist das 2. freiliegende Tergit nicht erreichend, die der Weibchen meist kaum noch erkennbar und m it
dem Mesonotum verwachsen. Zu den flugfähigen Männchen der Driliden gehören die „wurmförmigen“
völlig apteren Weibchen, die nur durch den Vergleich mit der Larve als Imagines erkannt werden
können; die Ordnungscharaktere sind derartig verwischt, daß M i e l z i n s k y 1824 bei der Entdeckung
des Weibchens vor einem systematischen Rätsel stand; er nannte das merkwürdige Tier
Oochleoctenus vorax, aber im gleichen Jahr erkannte D e s m a r e s t d i e Zugehörigkeit zum „iaune
panache“, Drilus flavescens Foucr. (R ü s c h k. 1920).
B e i d e n D r i l i d e n w e i b c h e n i s t d e r A b b a u dies F l u g a p p a r a t e s . r e s t ^
l o s v o l l z o g e n . D i e e h e m a l s a l s F l ü g e l s e g m e n t e so h o c h d i f f e r e n z
i e r t e n T h o r a k a Ir i n g e s i n d a u f e i n e v o l l s t ä n d i g e I s o m e r i e z u r ü c k g
e b r a c h t , w a s i n n o c h a u f f ä l l i g e r e rW e i s e b e i M i m a n o m m a S p e c t r u m
Wa s m., e i n e m D o r y l i n e n g a s t . d e r F a l l i s t . Die diesbezüglichen Bilder verdanke
ich Aufnahmen meines Lehrers und Ordensgenossen E. W a s m a n n.
a) Drilus flavescens Foucr. b) Mimanomma spectriim Wasm.
Drilus flavescens Foucr.
Larve und Imagines; Yergr. 2 : 1
s. Rüschk. 1920.
Textfig. 5.
Mimanomma spectrum <Wasm.
Eine_Aleocharine; Vergr. 9 : J
s. Wasmann 1912.
I. B. 4. Flugunfähigkeit und Fortpflanzung.
Nach P a n t e l (1917) wurde von Z a c h e r die Abhängigkeit der armature mâle vom Flugvermögen
bei Dermapteren festgestellt. Nach dem Inhaltsverzeichnis zu schließen, muß auch R e y -
m o n d P o i s s o n (1924 Bull. Biol. de France Belgique, 58, 205—305) hierüber bei Hemipteren
interessante Feststellungen gemacht haben. Da mir leider diese beiden Arbeiten nicht zur Verfügung
standen, bin ich ganz auf meine durch spärliches Material beeinträchtigten Untersuchungen angewiesen.
E i n e V e r g r ö ß e r u n g d e s G e s c h l e c h t s a p p a r a t e s entsprechend dem Fortschritt
der Entflügelung ließ sich nicht mit Sicherheit feststellen. Die weißen Hoden bestehen bei den
Chrysomelen jederseits aus zwei knopfartigen Körpern. Die kleine 4,2—6 mm messende Ghrys. varians
Schall, besitzt Hoden von mindestens der gleichen Größe wie die 9—12 mm lange Melasoma populi L. ;
noch auffälliger erscheint der große Hoden bei größeren Chrysomelen, wie fastuosa Scop., graminis L.,
menthastri Suffr., coerulans Seriba, sanguinolenta L., marginalis Dfts. ; nur bei cerealis L. fand
ich einen kleineren Hoden als bei M. populi; ob der der flugfähigen Leptinotarsa noch kleiner ist,
konnte wegen Materialmangels nicht festgestellt werden. Jedenfalls beleuchten die Befunde den
enormen Geschlechtstrieb der Chrysomelen.
Bei den Weibchen findet eine Vermehrung der Ovarialröhren nicht sta tt; ich zählte bei den eben
genannten Arten wie bei Melasoma populi L. und tremuloe F. durchschnittlich jederseits 17—20 Schläuche.
Die Fila terminalia laufen oralwärts zusammen und sind bei den Chrysomelini seitlich vom Hauptblutgefäß
und vom Kropf am Praephragma des Metathorax, also auffällig weit vorn befestigt. Bei
Melasoma laufen die langen Endfäden unterhalb des Musculus medianus nach hinten ; erst im Abdomen
beginnen die Keim- und Endfächer, die sich um den Magen legen. Anders bei den Chrysomelen, wo
die beim maturen Jungkäfer auf ihrer relativ maximalen Höhe stehende Flugmuskulatur histolytisch
abgebaut und dadurch im Metathorax Raum geschaffen wird. Es finden daher Keimfächer und selbst
reife Eier, bezw. Embryonen der ovoviviparen Arten, im Metathorax Platz.
So fand ich im Mai und anfangs Juni bei hochgradig graviden Weibchen von Ghrys. varians
durchschnittlich 25—35, als Mindestzahl 20, als Höchstzahl ca. 40 Eier aller Entwicklungsstadien;
hiervon war außer den Oogonien ein Teil im Metathorax unter dem Scutum und selbst zwischen den
Coxen untergebracht. Die Muskulatur war (bis auf den Coxodorsalis) abgebaut. Zwischen den wirr
verschobenen Ovarialröhren und den Tracheen waren die Sarkolemme der aufgelösten Muskeln nicht
mehr mit Sicherheit zu erkennen. Mehr-weniger entwickelte Embryonen zählte ich bei Ghrys. varians
32 auf 64, 26 auf 60 Brutkörper, die Oogonien mitgezählt. Bei Melasoma ist die Fruchtbarkeit viel
kleiner. Bei einem graviden Weibchen von Garabus nemoralis Müll, fanden sich insgesamt 32 Eier,
von denen drei, also ein Zehntel, im Metathorax lagen. Hieraus folgt: d ie F l u g u n f ä h i g k e i t
h a t ei ne V er g r ö ß e r u n g de s B r u t r a ume s z u r F o l g e , d a d e r d u r c h H i s t o -
l y s e d e r F l u g m u s k u l a t u r f r e i w e r d e n d e P l a t z z u m B r u t r a u m d e s A b d
o m e n s h i n z u g e s c h l a g e n w i r d , vielleicht kann man sagen, w i e d e r hinzugeschlagen
wird, was dem merkwürdigen Anheftungspunkt der Endfäden besser zu entsprechen scheint. Mit der
Verkürzung des Metathorax wird allerdings dieser Raum wieder beschränkt, dafür ermöglicht aber
die hochgewölbte Gestalt der Timarchen und timarchoiden Chrysomelen eine Art unsichtbarer Physo-
gastrie, denn sie erlaubt ein Aufquellen der Tergite, wie es in solchem Umfang bei flachen orinoiden
Formen nicht möglich wäre. Das mehr und mehr entchitinisierte Scutum wird funktionell den Ter