Milben auf dem Raupenkörper hervorgerufen. Sie sind wohl mehr eine Reaktion auf das Einstechen
der Milbe. In vielen Fällen erfolgt der Einstich sofort, aber doch nicht immer. Schon nach kurzer
Zeit beginnt die Lähmung der Raupe, nach einigen Stunden ist sie völlig regungslos, und das Rückengefäß
zeigt keine Pulsationen mehr.
Hier seien einige Beispiele aus meinen Versuchen angeführt, die den Verlauf der Infektion bei
Tineola biselliella zeigen:
1. Eine Milbe wandert auf eine stillsitzende Tmeokt-Raupe herauf. Nach etwa 1 Minute setzt
sich die Milbe seitlich unten am dritt- oder viertletzten Segment fest. Sofort zuckt die Raupe krampfhaft
zusammen und beginnt zu wandern. Nach 15 Minuten ist eine autonome Fortbewegung noch
möglich, doch der Hinterleib ist gelähmt. 20 Minuten nach dem Festsetzen der Milbe liegt die
Raupe auf der Seite. Reizt man das Hinterende mit einer Borste, so hat dies nur eine leichte
Bewegung des Kopfendes zur Folge. Nach 40 Minuten versucht das Tier mit dem Vorderkörper
Kriechbewegungen zu machen, die aber mißlingen. Eine Fortbewegung ist der Raupe
schon unmöglich. 3 Stunden nach der Infektion ist sie völlig gelähmt und liegt ganz regungslos
da.
2. In einem 1' alle setzt sich die Milbe in der Rückenmitte der Raupe fest. Schon nach % Stunde
ist die Raupe nicht mehr fähig, sich fortzubewegen und zeigt nur eine leichte Krümmungsreaktion
des Kopfes auf einen Reiz hin. Der Hinterleib ist völlig gelähmt. Die Milbe hat ihren ursprünglichen
Platz \ erlassen und wandert auf der Raupe. Nach 3 Stunden ist die Raupe gänzlich
regungslos.
3. Eine Raupe kaim 20 Minuten nach der Infektion mit einer Milbe noch Kriechbewegungen
ausführen, die allerdings schon etwas gestört sind. 40 Minuten nach Infektion sind diese Störungen
stärker, das Hinterleibsende zeigt deutlich Lähmungserscheinungen. 3—4 Stunden nach Infektion
ist die Raupe regungslos.
4. 25 Minuten nach Infektion mit einer Milbe liegt die Raupe auf der Seite. Kriechbewegungen
sind unmöglich. Die Milbe sitzt auf der Unterseite, ziemlich in der Mitte. Noch nach 35 Minuten
kann ein leichtes, selbständiges Zucken und Bewegen des Kopfendes beobachtet werden. 50 Minuten
nach Infektion ist die Raupe regungslos.
5. Nicht immer erfolgt die Betäubung und Lähmung der Wirtslarve so schnell wie in den angegebenen
Fällen. Ich setzte 2 Milben auf eine gesunde Raupe, die alsbald die schlagenden Abwehrbewegungen,
besonders mit dem Hinterleibsende ausführte, die etwa % Stunde anhielten. Die Raupe
wurde dann allmählich ruhiger, kroch aber noch lebhaft umher. Doch waren die schlagenden Abwehrbewegungen
selbst 45 Minuten nach der Infektion noch zu beobachten. Eine Milbe setzte sich
auf einem der letzten Segmente dorsal (etwa 5.—6. Endsegment), diß zweite ventral auf dem hinter
dem 3. Beinpaar gelegenen Segment fest. 2 Stunden nach Infektion konnte ich Lähmungserscheinungen
beobachten, doch war das Tier noch imstande, umherzukriechen, wenn die Bewegungen auch gestört
waren. Nach 18 Stunden ergab die Kontrolle, daß die Raupe auf der Seite lag, auf Reiz mit der Borste
erfolgte nur eine geringe Krümmungsbewegung des Vorderendes. Fortbewegung war nicht mehr
möglich, und das Rückengefäß schien still zu stehen.
Die Unterschiede in der Schnelligkeit der Betäubung und Lähmung der Raupe durch den Einstich
von Ped. ventr. können einmal bedingt sein durch die verschiedene Lage der Einstichstellen.
Ferner mag der Unterschied auch von der Dosis des eingespritzten Giftes abhängen, und diese mag
abhängig sein von dem Umstande, ob die Milbe kurz vorher schon eine andere Wirtslarve angestochen
hat oder nicht. Die Milben setzen sich nämlich nicht immer an der ersten Einstichstelle fest und können
so von der ersten Wirtslarve auf eine zweite überwandern. Es mag dann beim Einstich auf dieser
zweiten Wirtslarve die Dosis des Giftes und damit die Schnelligkeit der Lähmung eine geringere sein.
Ich möchte hier gleich zur Ergänzung hinzufügen, daß die Milbe, selbst wenn sie auf derselben Wirtslarve
bleibt, manchmal mehr als einmal ihre Einstichstelle verläßt und an einer ändern Stelle versucht,
bevor sie sich endgültig festsetzt und vollsaugt.
Bemerkenswert sind noch einige Begleiterscheinungen der Infektion. Besonders auffällig sind
Verfärbungen der Wirtslarve, die man häufig als Folge des Einstiches unserer Milbe beobachten kann.
A m a r i S h i n - i c h i (1921) beobachtete zahlreiche schwarze Flecke an von einer Pedicubides-
Art befallenen Seidenraupen. (Ob es sich gerade um Ped. ventr. handelt, ist nicht gesagt, ist mir
aber nicht unwahrscheinlich.) W i 11 c o c k s (1916) sagt auch, daß die Lage der Einstiche der Milbe
häufig durch kreisförmige, dunkelbraune und schwarze Flecke oder Ringe beim Pink bollworm
gekennzeichnet sind. Ich konnte diese dunkelbraunen Flecke der Haut der Wirtslarven um die
Einstichstelle herum nur in einem Falle beobachten, wo ich eine große Bockkäferlarve in eine Milbenkultur
brachte (siehe oben und Fußnote p. 9). Häufiger als diese Ätzflecke auf der Haut beobachtete
ich an den Einstichstellen bei den Tmeokt-Raupen weißliche, ziemlich große, unregelmäßige Flecke,
die besonders deutlich wurden, wenn die Wirtslarven nach längerem Befall von Pediculoides-M.Wben
schrumpften und sich braun färbten. Eigentümlich ist auch bei Tin. bis. die Gelbfärbung von ganzen
Segmentpartien, die der Einstichstelle benachbart liegen. Manchmal erstreckt sich die Gelbfärbung
sogar über den ganzen Raupenkörper. W i l l c o c k s (1916) konnte eine ähnliche Farbenveränderung
bei Gelechia-HaMpen beobachten. „Gelechia larvae infested with this parasite undergo a marked
colour change, the ground colour of the body turning to a distinct orange-yellow or orange hue.. the
pink markings persist however.“
Bei großen, grünen Raupen, die auch dem Angriff der Pediculoides-MUbe erlagen, war nach
24 Stunden meist die grüne Farbe in ein Dunkelbraun umgewandelt, so daß die Raupe jetzt einheitlich
braun gefärbt erschien. Eigentümlich war auch das starke Zusammenschnurren dieser
Raupen nach dem Befall durch Pediculoides. Auch Diloba- und Prozessionsspinner-Raupen zeigten
dieselben Erscheinungen, obwohl sie, wie wir p. 9 sahen, nur von den Milben getötet werden, nicht
aber eine Weiterentwicklung der Milben ermöglichen. Im übrigen sind gerade diese Fälle, wo Insekten,
die nicht als Wirtstiere für die Milbe dienen können, doch durch den Einstich getötet
werden, hübsche Beispiele für die Wirkung des Pediculoides-Qiftes.
Die Verfärbungen, die ich eben von Tineola erwähnte, und die W i l l c o c k s für Gelechia-
Raupen anführt, brauchen nicht unbedingt als Wirkungen des eingespritzten Giftes aufgefaßt zu
werden, sie können auch durch das Verdauüngssekret, das die Milbe in ihr Opfer einfließen läßt,
hervorgerufen werden. Das $ von Ped. ventr. verdaut, ähnlich wie die Spinnen, die Nahrung „vor
dem Munde“ , d. h. das in die Wirtslarve eingespritzte Verdauungssekret von Ped. ventr. löst hier
an Ort und Stelle die Körpersubstanzen des Opfers auf, so daß die nunmehr fertig gelöste Nahrung
von der Milbe nur aufgenommen zu werden braucht.
Erwähnt sei endlich noch eine häufig von mir gemachte Beobachtung bei TineoZa-Raupen,
die von Ped. ventr. befallen sind. Es tr itt eine Art Durchfall bei den Raupen ein. Der sonst völlig
harte Kot erscheint jetzt recht flüssig und breiig. Nach dem Eintrocknen verklebt dadurch das
Hinterende der Raupe häufig fest mit der Unterlage.