
Verbindung zwischen dem Nahrungskanal der Stechborsten und der Mundpumpe (s. p. 22). Der
allseitige dichte Abschluß dieses Hohlraums wird so wenig wie der Verschluß des Speichelkanals von
den Bewegungen der Stechborsten irgendwie beeinträchtigt.
S p e i c h e l - u n d N a h r u n g s f l u ß s i n d d u r c h d i e A n o r d n u n g d e r S t e c h b
o r s t e n , i h r e n L a u f i n b e s t i m m t e n e n g a n s c h l i e ß e n d e n F ü h r u n g e n
u n d i h r e n Z u s a m m e n s c h l u ß z u m S t e c h b o r s t e n b ü n d e l g e s i c h e r t u n d
i m g a n z e n V e r l a u f v o n e i n a n d e r g e t r e n n t .
5. D i e S i n n e s o r g a n e d e r M u n d w e r k z e u g e .
Außer den im Obigen (p. 26) schon genannten Sinnesstiftchen der Spitze des Labiums und den
ebenfalls als Sinnesorgane zu deutenden Borsten am Endglied des Labiums ist eine wichtige Gruppe
von Sinneszellen (SZ) der Mundhöhle vorhanden. Diese Sinneszellen liegen in der Höhlung des Ante-
clypeus, rostral vom Ansatz des m. dill3 sie sind durch einen in dem Schnitt Abb. 12 a quergetroffenen
Nervenstrang N mit dem Vorderlappen des Cerebralganglions (Gg. Abb. 12 d, Abb. 23) verbunden und
bilden ein dickes Polster, das sich (Abb. 13, Text-Abb. 3 b) auf die vom Clypeus stammende Wand der
Mundknöpfe und den rostralwärts davon gelegenen Teil des Mundhöhlendaches legt. Die Wand der
Mundknöpfe ist in diesem Teil so dünn, daß sie ein Hindurchdiffundieren von Geschmacksstoffen
zweifellos gestattet und daß eine Rezeption von chemischen Reizen durch die hier gelegenen Sinneszellen
möglich wird. Da der Nahrungsstrom, ehe er in die Mundpumpe eintritt, aus dem Nahrungskanal
kommend, den Hohlraum zwischen den Mundknöpfen passieren muß, wird ein Teil des Safts
auch immer zwischen die beiden Schichten der Mundknöpfe eindringen, um so mehr, als der median
zwischen die Mundknöpfe eindringende elastische Teil des Mundhöhlendaches durch die Wirkung des
m. dilj abwechslungsweise gehoben und gesenkt wird (vgl. Abb. 13) und so oft das Eindringen des
Nahrungssaftes in den Zwischenraum der Mundknopfwände begünstigt.
Vor den Mundknöpfen befinden sich schon, nahe der Medianlinie des Anteclypeus, einige eng zusammenstehende,
stumpfe Sinneskegel (Text-Abb. 3 b), die ebenfalls ganz zweifellos den ständig
passierenden Nahrungsstrom auf seine chemische Beschaffenheit zu prüfen haben. Weniger wichtig
sind die an der Mundpumpe sich vereinzelt findenden innervierten Zellen (Abb. 12 d, rechts).
Wie man sich die durch die Sinneszellen SZ rezipierten Reize auf die Steuerung der Stechborsten
wirkend denken kann, soll weiter unten (p. 48) gezeigt werden.
Zweifellos sind auch in den retortenförmigen Organen Sinneszellen vorhanden, wenn diese auch
nicht sicher nachgewiesen werden konnten; innerviert sind die Organe jedenfalls auch. Auch diese
Innervation ist für die Steuerung der Stechborsten von Bedeutung (p. 48).
G. Die Funktion der Kopforgane.
Die vorstehenden anatomischen Daten geben eine genügende Grundlage für die Beurteilung der
Funktion der Mund Werkzeuge der Aphiden. Die gerade für letztere besonders wichtige Führung und
Steuerung der Stechborsten, die staunenswerte Sicherheit, mit der diese ihr Ziel finden, können jetzt
erst einigermaßen einwandfrei dargestellt und erklärt werden.
1. D i e B e w e g u n g d e r S t e c h b o r s t e n u n d i h r e F ü h r u n g .
Die mandibularen wie die maxillaren Stechborsten sind durch eigene Retractor- und Protractor-
muskeln zu aktiver Bewegung befähigt, durch die im Vorstehenden geschilderten Führungsvorrichtungen,
die vom Hypopharynx, dem Clypeus, der Oberlippe und schließlich dem Labium gebildet
werden, ist diesen Bewegungen aber eine ganz bestimmte Bahn vorgezeichnet, die Borsten können sich
nur in e i n e r vorgeschriebenen Bahn gleitend vorwärts und zurück bewegen, ein Heraustreten
aus dieser Bahn ist ihnen unmöglich gemacht. Erst wenn die Borsten beim Vorstoßen an der Rüsselspitze
ins Freie bzw. ins pflanzliche Gewebe treten, ist die Möglichkeit ungehinderter Bewegung und
Biegung gegeben; solange sie innerhalb des Kopfes und des Labiums sind, gleiten die Borsten, wenn
die Protraktoren sich kontrahieren, in ihrer Bahn rostralwärts, wenn die Retractoren sich zusammenziehen,
in den Kopf hinein, ohne daß ihnen ein Ausweichen an irgend einem Punkte möglich wäre. Auch
die Übergangsstelle, an der die Borsten aus dem Vorderkopf heraustreten und ins Labium eindringen,
ist, wenigstens wenn der Rüssel in Saugstellung ist, durch die das Borstenbündel umfassende Oberlippe
gesichert. Was für das ganze Bündel gilt, gilt natürlich auch für jede einzelne Borste; die Führungen
verhindern also auch ein Auseinandertreten der Borsten und halten so die beiden Kanäle getrennt
und abgedichtet.
Die Wirkungsweise der Retractoren ist bei beiden Borstenpaaren gleich, sämtliche Retractoren
sind direkte Muskeln und beeinflussen die Borsten, wie Text-Abb. 4d zeigt. Die Protractoren dagegen
wirken verschieden, wie schon oben angedeutet und aus den Nebenfiguren der Abb. 9 ersichtlich
ist. Der einzige Protractor der mandibularen Borsten ist ein indirekter Muskel und wirkt auf die Borste
durch Vermittlung des als Hebel fungierenden Protractorarms Lr Die Protractoren der maxillaren
Borsten dagegen sind direkte Muskeln und greifen wie die Retractoren an der Borstenbasis selbst an.
Dementsprechend sind sie- im Gegensatz zu dem Protractor der Mandibularborsten, der kurz und
gedrungen ist, lang und relativ schlank.
2. D i e S t e u e r u n g d e r S t e c h b o r s t e n .
Eben wurde gesagt, daß die Borsten, die innerhalb des Kopfs und des Labiums zwangsläufig
geführt werden, von dem Augenblick an, in dem sie an der Spitze des Labiums austreten, sich nach
allen Seiten biegen können und somit unbeschränkte Bewegungsfreiheit haben.
Zunächst soll hierzu erwähnt werden, daß frühere Autoren (z. B. L a n d o i s) der Meinung waren,
die Stechborsten würden, wenn sie gebraucht werden sollen, aus dem nur ein schonendes Futteral
darstellenden Labium herausgezogen und dann erst als Stechwerkzeug gebraucht. Schon M a r 1 a 11
hat indessen nachgewiesen, daß dies nicht nur für die Hemipteren (L a n d o i s Untersuchungen
beziehen sich auf die Bettwanze), sondern auch für die Cicaden und Pflanzenläuse nicht gilt. Das
geht schon daraus hervor, daß die Wirkung der Retractoren überhaupt nicht zu einem so weitgehenden
Zurückziehen der Borsten ausreichen würde, ferner aus der gerade bei den Pflanzenläusen so außerordentlich
geringen Dicke des Bündels, die ein Einstechen in die festen Gewebe der Pflanzen überhaupt
nicht gestatten würde, ferner aus der Tatsache, daß das Borstenbündel, aus dem Labium
herausgezogen, auch beim lebenden Tier sofort auseinanderschnellt und schließlich aus der direkten
Beobachtung des saugenden Tiers. B ü s g e n hat die Bedeutung des Labiums und seine Unentbehrlichkeit
für den Saugakt gerade der Pflanzenläuse besonders betont (1. c. p. 35). (s. Anm. auf p. 46).