die Pflanzenteile auf gepreßt wird und daher einen gewissen Druck auszuhalten hat. Ihre geschwungene
Form und die Axt ihrer Befestigung an dem oberen Band des Glieds, in den sie ja direkt übergehen,
läßt sie für diese Aufgabe besonders geeignet erscheinen. Ihre distalen Enden neigen zusammen und
stehen einem, mit ihnen fest verbundenen Chitinring auf, der nach unten zwei zapfenartige Vorsprünge
hat (Vor) und durch dessen Öffnung die Stechborstenspitze zwischen den Vorsprüngen ins Freie
treten kann. Das ganze zugespitzte Ende des Glieds wird aber außerdem noch von einer sehr feinen,
in der Mitte zum Durchtritt der Borsten durchbohrten, glasartig durchsichtigen Membran überzogen,
der eine große Anzahl von Sinnesstiftchen aufsitzt (Stif). In Abb. 15 sieht man die Vorsprünge (Vor)
nur durch diese Membran hindurch. An den Seiten der Endglieder findet sich je eine lange, wahrscheinlich
als Sinnesorgan zu deutende Borste (Abb. 15 a). Der eben genannte Chitinring ist, als
Fortsetzung der Leisten Ls, natürlich nichts anderes als eine Verdickung der Cuticula, ebenso wie
die Vorsprünge Vor, die Membran ist die Fortsetzung der Cuticula, die sich an der genannten Durchbohrung
in die Scheidenröhre hineinsenkt (Abb. 15 c).
E. Die Muskulatur des Kopfes.
Die Kenntnis der Muskulatur des Kopfes ist einerseits zum Verständnis der Mechanik der Mundwerkzeuge,
andererseits zur Klärung der morphologischen Verhältnisse unentbehrlich. Eine genauere
Untersuchung derselben ist um so mehr angebracht, als sie gerade hei den Aphiden bisher
nur sehr stiefmütterlich behandelt wurde — auch W i 1 1 a c z i 1 hat nur sehr wenig zu ihrer Kenntnis
beigetragen; seine Angaben sind überdies z. T. irreführend, z. B. was die Protractoren der mandibularen
Stechborsten betrifft.
Andere Rhynchotengruppen sind auf ihre Kopfmuskeln hin schon wesentlich genauer untersucht
worden, doch sind selbst die den Aphiden relativ nahestehenden Cicadiden, deren Kopfmuskulatur
B e r 1 e s e ziemlich eingehend darstellt, gerade bezüglich der Muskeln so sehr von den Aphiden
unterschieden, daß sie nur vom vergleichenden Standpunkt aus Interesse haben, nicht aber eine
Untersuchung der Aphiden sparen können. Noch mehr gilt dies von den Hydrocoriden, die G e i s e
genau untersucht h a t und von den von H e y m o n s besonders berücksichtigten Wanzenarten.
Die mit arabischen Zahlen einfach durchnumerierten Muskeln sollen im Folgenden möglichst
in derselben Reihenfolge wie die Skeletteile beschrieben werden, wobei am meisten Wert auf die
Muskeln gelegt wird, deren Tätigkeit mit der Nahrungsaufnahme und -Verarbeitung zusammenhängt.
1. D i e am C l y p e u s a n s e t z e n d e M u s k u l a t u r .
Diese Muskeln, die oben schon mehrfach erwähnt wurden, bewirken das Aufsaugen des Nahrungssaftes,
indem sie durch ihre Kontraktion den Hohlraum der Mundpumpe erweitern. Sie sollen demnach
als Dilatatoren der Mundpumpe, musculi dilatatores oris bezeichnet werden.
1. m. dilj, m u s c u l u s d i l a t a t o r p r i m u s o r i s (Abb. 7 c), wahrscheinlich ursprünglich
mit dem m. dil2 zusammengehörig, nun aber deutlich von ihm unterscheidbar, entspringt
mit breiter Basis von der die Grenze zwischen Anteclypeus und Postclypeus bildenden, flachen
Erhebung, dehnt seine Ansatzfläche aber noch bis auf den Anteclypeus selbst aus. Er ist
unpaar, aber durch eine flache, in der Medianebene gelegene apodemartige Innensehne in
zwei Hälften geteilt, die eben von der Sehne, wie Abb. 13 im Längsschnitt zeigt, fiederförmig
in spitzem Winkel nach den Seiten auseinandergehen. Nach dem Mundpumpendach zu tritt
die Sehne, indem sie drehrund wird, aus dem Muskel heraus und endet an der zwischen den
Mundknöpfen in den Hohlraum des vordersten Endes der Mundpumpe hinein vorspringenden
elastischen Falte. Durch Vermittlung der Sehne vermag der kräftige Muskel diese Falte zu
heben, so den Hohlraum zwischen den Mundknöpfen zu erweitern und den Nahrungssaft m
den erweiterten Hohlraum einzuziehen.
2. m. dil2, mu s c u l u s d i l a t a t o r s e c u n d u s or i s besteht aus einer ganzen Reihe ungefähr
gleich starker, hintereinander angeordneter einzelner Bündel, die vom Postclypeus ausgehend,
mit ihrer Ansatzfläche dessen ganze Innenwand einnehmen. Wie Abh. 7 c und noch besser
Abb. 12 aijieigen, sind die einzelnen Bündel quergestellte dicke Platten und ursprünglich
paarig. Die Hälften treten aber in der Mitte, ähnlich wie beim m. dilx, an eine flache Innensehne
heran, die bei jedem einzelnen Bündel, indem sie aus dem Muskel heraustritt, in eine
runde Sehne ausläuft. All diese Sehnen enden, parallel laufend und in einer medianen Linie
(der „Kolbenstange“ Ma r e k s ) hintereinander angreifend, am tiefsten Teil der eingebeulten
dorsalen Decke der Mundpumpe. Vom m. dilt unterscheiden sich die Bündel des m. dil2, abgesehen
davon, daß sie nicht auf den Anteclypeus übergreifen, durch den größeren Winkel,
den sie mit der Innensehne bilden. Die letztere ist wohl, wie auf dem Schnitt Abb. 12 a
noch kenntlich ist, aus dem dorsalen Dach der Mundpumpe selbst entstanden, ursprünglich
mögen die Bündel vollständig paarig gewesen sein, Sjj, wie das beim m. dil3 noch der
Fall ist.
Wie der Ansatz der Sehnen erfolgt, zeigen die Schnitte Abb. 12 a und d am besten, man
sieht, daß die Kontraktion des Muskels eine Hebung des Mundpumpendachs bewirken muß,
die Teilung des Muskels in hintereinanderliegende Bündel macht ein wellenförmige Fort-
schieiten dieser Hebung in der Längsrichtung der Mundpumpe möglich und bewirkt so nicht
nur das Einsaugen des Nahrungssaftes, sondern, indem auf-jede Kontraktion eines Bündels eine
Erschlaffung folgt, auch das Weiterpressen des Safts. Antagonisten zu diesen Muskeln fehlen,
die Struktur der Mundpumpe und ihre Elastizität macht solche auch unnötig (s. p. 22).
Wenn die Kontraktionen und Erschlaffungen der Bündel ununterbrochen von vorn nach
hinten über den Muskel wegwandern, so entsteht eine peristaltische Bewegung des Mundpumpendachs,
ein ununterbrochener Saftstrom läuft, angesogen und gleich wieder weitergepreßt,
durch das Lumen der Pumpe in den Pharynx und weiter durch den Ösophagus in
den Magen. Die Wirkung des m. dil2 wird ergänzt und fortgeführt durch den
3. m. dil3, m u s c u l u s d i l a t a t o r t e r t i u s o r i s , der, ebenfalls aus hintereinanderliegenden
Bündeln bestehend, sich unmittelbar an den m. dil2 anschließt. Der Muskel entspringt mit
relativ schmaler Basis an dem leistenförmig verdickten Hinterrand des Postclypeus und besteht
aus mehreren hintereinanderliegenden, vom Clypeus nach der Mundpumpe in der Medianebene
divergierenden schwachen Bündeln, die, wie die Schnitte Abb. 12 c und b zeigen, nicht
zur Bildung einer Innensehne von beiden Seiten zusammentreten. Vielmehr bleiben die
Hälften jedes Bündelpaares in ihrem ganzen Verlauf getrennt und gehen, konvergentfaserig
und. zum Schluß sehnenartig verdünnt, zur Dorsaldecke des hintersten Teils der Mundpumpe,
an deren tiefster Stelle sie median hintereinander enden. Funktionell entspricht dieser Muskel
also vollständig dem m. dil3.