
Hier ist also das Zahlen Verhältnis d e r^ zu den $ ein ganz anderes als bei den großen Kugeln,
und zwar ist es zugunsten der verschoben. Auf diese Weise erklären sich auch die hohen Prozentzahlen
bei Z IX und Z 11 in Tabelle 8.
Eigenartig ist, daß die Prozentzahlen dcr<J bei den kleinen Kugeln größer sind als bei den großen
Kugeln. Diese bemerkenswerte Tatsache wird dadurch bedingt, daß unter den erstgeborenen Tieren
fast stets eiiicJ ist, ja in sehr vielen Fällen ist sogar, wie sich feststellen ließ, das erstgeborene Tier ein
Und zwar ist dies in so hohem Maße Regel, daß man hier fast von Gesetzmäßigkeit reden könnte.
Eine Durchsicht meiner Versuchsprotokolle zeigt, daß in 95 von 99 Versuchen das 1. d' am DL Tag
der Geburtsperiode geboren wurde. Meine Beobachtungen über diese Frage erstrecken sich noch
über ein weit größeres Material, das in meinen Tabellen keine weitere Verwendung gefunden hat.
Auch W i l d e r in o u t l i gibt an, daß häufig das erstgeborene Tier ein ist. [,,The firstborn in
many cases were males“ (W e b s t e r , 1910, p. 23).]
Zum Vergleich möchte ich kurz auf das zahlenmäßige Auftreten der Geschlechter bei der
unserer Milbe nahestehenden Pediculopsis graminum E. Reuter eingehen. Bei Pediculopsis graminum
sollen nach 1^. R e u t e r (1909, p. 12) auf 100 Individuen durchschnittlich 5 kommen (R e u t e r
hat allerdings dabei nicht die Prozentzahl der <$ bei den einzelnen ? berücksichtigt, sondern die
Männchenzahl festgestellt durch Auszählung einer bestimmten Gesamtzahl von Individuen, die von
verschiedenen Muttertieren stammten). Hier eine kleine Übersicht über seine Ergebnisse:
1. 4. VII. Feldprobe. Gesamtzahl 200 Tiere, davon 0 <$, 0 %
2. 15. VII. „ 300 „ o<?, 0 %
3. 20. VII. Zucktprobe. 1000 | 50 <?, 5 %
4. 18. v m . ,, 500 „ „ 43 <J, 8,6 %
5. 7. IX. Feldprobe. | 500 | 65 <?, 13 %
C. 11. X. „ 600 „ „ 42 7 %
Auffallend ist in diesen Versuchen, die jahreszeitlich geordnet sind, daß zunächst überhaupt
keine $ gefunden werden, und daß dann später die Prozentzahl der von 5—13 % ansteigt, um im
vorgerückten Monat Oktober wieder auf 7 % zurückzugehen. E n z i o R e u t e r (1900) glaubt
die Erklärung darin zu finden, daß die kurzlebigen nicht überwintern, so daß man zunächst im
Frühjahr und Sommer nur die überwinterten, befruchteten? trifft, und später erst werden von diesen
auch $ geboren (siehe hierzu auch O. K a u f m a n n , 1924).
Auf den ersten Blick könnte es scheinen, als ob das Zahlen Verhältnis der Geschlechter bei
Pediculopsis graminum ähnlich dem bei Pediculoides ventricosus sei. Das ist aber durchaus nicht
der Fall, denn in den oben angeführten Versuchen E n z i o R e u t e r s besteht die Gesamtzahl
jedesmal aus männlichen und weiblichen Prosopa und weiblichen Nymphen. Wie R e u t e r feststellen
konnte, ist aber das Zahlenverhältnis von männlichen und weiblichen Prosopa ungefähr das
gleiche. Es besteht also nicht ein so schreiendes Mißverhältnis in dem zahlenmäßigen Auftreten der
Geschlechter (bei männlichen und weiblichen Prosopa) bei Pediculopsis graminum wie bei Pediculoides
ventricosus. Und gerade diese Verschiedenheit in dem Zahlenverhältnis der Geschlechter bedingt
ökologisch wichtige Unterschiede bei diesen beiden Pediculoides-Arten. Ich werde weiterhin noch
mehrfach Gelegenheit haben, hierauf hinzu weisen.
Um uns in der Fülle der Fragen und Probleme, die sich aus dem stark ungleichen Zahlenverhältnis
im Auftreten der Geschlechter ergeben, zurechtzufinden, wollen wir uns nun der Kernfrage
zuwenden, welche Bedeutung dem für die Arterhaltung bei unserer Milbe zukornmt. Die
Beantwortung dieser Frage wird am leichtesten, wenn wir auf die Ökologie des Männchens zunächst
eingehen und dann vor allem dem Wechsel Verhältnis der beiden Geschlechter unsere Aufmerksamkeit
schenken, mit ändern Worten, die Scxualökologic von Ped. venlr. genauer untersuchen. Es entsteht
so ein ökologisches Bild, durch das manche Fragen, die innerlich alle Zusammenhängen, Klärung
finden werden.
Ökologie des Männchens.
Das £ verläßt nach seiner Geburt die Mutterkugel nicht, sondern verweilt zeit seines Lebens
auf ihr. Diese eigenartige Tatsache, die auch schon den früheren Autoren, wie B r ü c k e r (1901)
und W i l l c o c k s (1916), wohl bekannt war, wirft von selbst die Frage nach der Ernährung
des auf.
E n z i o R e u t e r konnte bei Pediculopsis graminum feststellen, daß das kurzlebige <$ nur
verkümmerte Mundwerkzeuge besitzt und keine Nahrung aufnehmen kann. Das $ von Ped. venlr.
dagegen verfügt, wie wir auch oben schon sahen, über wo h lausgebildete Mund Werkzeuge, die durchaus
zur Nahrungsaufnahme geeignet erscheinen. Nimmt man nun das von der Kugel ab und setzt
es auf eine Wirtslarve, die vom ? gern befallen wird, so bleibt die Raupe in jedem Falle durchaus
munter. Das <£ aber stirbt jedesmal nach verhältnismäßig kurzer Zeit. Eine Infektion der Wirtslarve
durch das<£ tr itt also nie ein. Man hätte sich ja vorstellen können, daß dascj ab und zu von der
mütterlichen Kugel auf die Wirtslarve abwandert und dort Nahrung saugt, um dann gleich wieder
auf die Mutterkugel aufzuwandern; denn, wenn das<J auch nicht in der Lage ist, die Raupe durch
Einstich zu töten — da ihm möglicherweise das lähmende Giftsekret fehlt —, so könnte es gleichwohl
auf der von der Mutterkugel gelähmten Raupe Nahrung finden. Das trifft gleichfalls nicht zu;
denn, bringt man auf Raupen, die vorher von weiblichen Tieren gelähmt worden sind, so sterben
sie auch jedesmal recht bald.
Damit ist eigentlich ein weiterer Ein wand, daß die $ vielleicht längere Zeit Hunger ertragen
könnten und während ihres Lebens, ähnlich wie das Pediculopsis-M&nnchen, keinerlei Nahrung auf-
nähmen, wohl schon hinfällig. Nimmt man nämlich die<? von der Kugel ab und isoliert sie, so können
sie, wie Tabelle 13 deutlich zeigt, bei 25° ohne Nahrung nicht länger als 20—24 Stunden leben. Nun
könnte ja das von Ped. venlr. — ähnlich wie das Pediculopsis-Wännchen — sehr kurzlebig sein.
Trifft dies zu, dann muß die Lebensdauer des <2 auf der Kugel ebenso kurz sein wie im Hunger versuch.
Das ist keineswegs der Fall, sondern die $ erreichen auf der Kugel eine bedeutend höhere Lebensdauer,
und dabei ist gleichgültig, ob die Kugel noch auf der Wirtslarve auf sitzt oder aber von ihr
abgenommen und isoliert ist.
Es ist nun zwar schwer, das absolute Lebensalter eines auf der Mutterkugel zu bestimmen,
da die lebendige, normale Kugel natürlich ununterbrochen Jungmilben, $ sowohl wie zur Welt
bringt. Es ist dann bald ein Unterscheiden der verschiedenen $ auf der Kugel unmöglich.
Die einzelnen aber durch Markierung mittels kleiner Farbpunkte kenntlich zu machen, wie es mit so großem
Erfolge von v o n Fr i s ch und ändern bei Bienen und neuerdings auch bei Ameisen ausgeführt wurde, hielt ich bei meinem
Versuchstier für nicht tunlich, einmal wegen der enormen Kleinheit des Objektes, dann aber auch, weil die wie oben
erwähnt, nicht durch ein Tracheensystem, sondern durch die Haut atmen.
Ob die<£ von Pediculoides (ebenso die Larven von ändern Milben und die der Zecken) durch die ganze Haut Sauerstoff
auf nehmen, ist wohl noch nicht geklärt. Vielleicht kommen nur einzelne, besonders dünnhäutige Stellen für den