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entspricht, sondern dieser opponiert ist. Diese sekundäre Lageverschiebung hat zur Folge, daß die
beiden Unterglocken in ähnlichen Beziehungen zueinander stehen wie bei anderen Formen die Oberund
Unterglocke, mit dem wesentlichen Unterschied, daß sie dem g l e i c h e n Mutterboden entstammen
und die ältere, obere auf der ventralen, die untere, jüngere auf der dorsalen Stammseite
sitzt, also umgekehrt wie dort. Diese Verhältnisse hängen damit zusammen, daß sich die Ventralknospe
bei Praya besonders stark stielartig verlängert, so daß die erste Unterglocke eine lange Apo-
physe besitzt; das gleiche ist bei der zweiten Glocke der Fall, indem auch deren Knospe sich stielartig
lang auszieht. Dabei erhalten die Apophysen hier zum erstenmal eine hohe Ausbildung, wie sie von nun
an allen Siphonophoren zukommt; sie werden zu langen, breiten Muskelbändern mit nervösen
Elementen, die sich zwischen den Glocken und ihrem Ansatz am Stamm ausspannen. So erhalten
diese eine gewisse Beweglichkeit und können sich gegenseitig, ihrer Form entsprechend, anpassen,
ohne sich zu verdrängen. Von seiten der jüngeren Unterglocke findet diese Anpassung in der Weise
sta tt, daß sie sich im Laufe ihrer Entwicklung allmählich im Hydröcium der älteren dreht und mit
ihrer Apophyse nach der entgegengesetzten Seite einstellt. Dadurch kommt die sekundäre Opposition
zustande. Der Stamm selbst und der Ansatz der Glocken bleibt jedoch hiervon ganz unberührt,
wie betont werden muß, mit Rücksicht auf die Torsionstheorie von C h u n und S c h n e i d e r .
Auf ganz ähnliche Weise erfolgt die Opposition der Unterglocken bei Hippopodius, nur ist
hier die Knospungszone der einzelnen Glocken, die zu ihren Apophysen wird, noch mehr stielartig
in die Länge gezogen und bildet, da ihre Zahl eine starke Vermehrung erfahren hat, den langen Pseudo-
stamm, an dem diese paarweise aufgereiht sind. Die erhöhte Glockenzahl bei Praya beruht aber
nicht, wie noch bemerkt werden muß, auf einer positiven Vermehrung, wie bei Hippopodius, denn
bei Diphes und Äbyla z. B. kommen, nach meinen Untersuchungen, im Gegensatz zu denen C h u n s,
keinesfalls weniger, sondern wahrscheinlich mehr Unterglocken zur Anlage und Entwicklung, sondern
lediglich auf der Fähigkeit, sich gleichzeitig nebeneinander zu erhalten. Praya erscheint hiernach
als eine Übergangsform zwischen den einfacheren Calycophoren mit nur zwei Hauptglocken und den
Höchstentwickelten, den Polyphyiden, m it zahlreichen Hauptglocken. Damit ist eine Brücke zwischen
diesen so hochgradig verschiedenen Familien geschlagen, bei denen bisher jeder Übergang gefehlt
hatte. Allerdings ist aber Praya keineswegs ein direkter Vorläufer von Hippopodius, sondern stellt
nur einen selbständigen Seitenzweig der gemeinsamen Urform dar, der in seiner Weise die Vollendung
erreicht hat. Dafür spricht z. B. die hohe Entwicklung der Cormidien, und die ganze Ausgestaltung
der einzelnen Prayinen wie Lüyopsis diphyes (Vogt). Bei Siphonophoren läßt sich überhaupt ziemlich
allgemein der Grundsatz aufstellen, daß keine einzige der jetzt noch lebenden Arten der direkte Vorläufer
anderer, noch lebender Arten ist, sondern alles hat sich im Laufe der Zeiten gewandelt und
wirklich primitive Siphonophoren scheinen sich überhaupt nicht erhalten zu haben. Auch Monophyes
und Sphaeronectes sind nur relativ, nicht absolut primitiv.
Die Seltenheit, mit der die „Larven glocke“ d. h. die definitive Oberglocke, wie wir sie'nunmehr
nennen müssen, bei Praya angetroffen wird, hat jedenfalls die gleiche Ursache wie bei Hippopodius: die
höhere Ausbildung der Unterglocken, durch welche sie in ihrer Bedeutung für die Kolonie stark herabgedrückt
wurde. So wird sie leicht mechanisch abgestoßen, ohne daß dadurch die Lebensfähigkeit
der letzteren eine besondere Beeinträchtigung erfährt. Dementsprechend hat z. B. mein älteres
Jugendstadium unter dem ungünstigen Einfluß der Gefangenschaft und Untersuchung vor meinen
Augen die Oberglocke abgeworfen, ähnlich wie M e t s c h n i k o f f bei Hai. rubrum das Abstoßen
der einen Glocke, und zwar der ersten Unterglocke, beschreibt. Dabei betont er mit Recht, daß kein
Grund sei, in dieser Glocke deshalb ein provisorisches Organ zu erblicken; das hänge lediglich mit
den künstlichen Lebensbedingungen in der Gefangenschaft zusammen (1874, p. 60 Anm.). So hat
sich auch die Annahme Ch u n s , daß das Abstoßen der „Larvenglocke“ von Hippopodius bei einer
Größe von nur 7 mm ein normaler Vorgang sei, als Irrtum erwiesen. Offenbar wird diese Glocke bei
Praya ebenfalls viel öfter angetroffen und bedeutend größer, als es den Anschein hatte; sie wurde
nur bisher als solche nicht erkannt, sondern die betreffenden Exemplare, die diese Glocke noch
besaßen, wurden für eine dritte Art gehalten und so die Veranlassung zu der außerordentlichen Verwirrung,
die noch immer bei Prayinen herrscht. Die drei aus Neapel und Villefranche unter den
verschiedensten Namen beschriebenen und häufig erwähnten Prayinen reduzieren sich nach meinen
Untersuchungen auf zwei, während die dritte eine „Larve“, d. h. ein noch mit der Oberglocke
versehenes Exemplar von Pr. cymbiformis ist.
Der Einwand, daß die Ähnlichkeit der „Larvenglocken“ von Praya mit der Larvenglocke von
Muggiaea gegen deren Oberglockennatur spricht, erledigt sich durch den Hinweis auf die Unterglocken
von Praya selbst, denn hiernach müßten letztere ebenfalls Larvenglocken sein, da sie sowohl ihrer
eigenen „Larvenglocke“ wie der von Hippopodius so täuschend gleichen, daß sie fast nur durch das
Vorhandensein eines unteren Astes an der Somatocyste und durch die Komplikation der Subumbrellar-
gefäße zu unterscheiden sind. Diese Ähnlichkeit ist sicher lediglich Ausdruck der Rückbildung, wie
z. B. umgekehrt bei Galeolarien die Ähnlichkeit der verschiedenen Unterglocken der Ausdruck einer
primitiven Entwicklungsstufe ist, wie ich bereits früher (Gauß) besprochen habe. Im ersten Fall
handelt es sieh also um eine Konvergenzerscheinung.
Wenn wir auch nichts über die Anlage der Oberglocke von Praya wissen, so berechtigt doch
die Ähnlichkeit mit Hippopodius zu dem Schluß, daß sie ebenfalls direkt am Ei entsteht, also eine
Primärglocke ist, wie dies für die Monophyiden und die superponierten Diphyiden mit tiefem Hydröcium
mindestens sehr wahrscheinlich ist.
Im Gegensatz hierzu glauben Chun und sein Schüler L o c h m a n n (1913 und 1914) neuerdings
den unwiderleglichen Beweis erbracht zu haben, daß auch diesen Dyphyiden und damit allen
Calycophoren äußer Monophyes und Sphaeronectes ein larvaler Glockenwechsel zukommt. Beide
haben aber mit ihrem Beweis kein Glück. Allerdings hat L o ch m an n ein sehr interessantes Larvenstadium
in Villefranche gefischt und dessen Weiterentwicklung beobachtet (Fig. 17, Taf. IV). Aber die
Interpretation dieses Stadiums ist falsch. Es gehört weder zu D. sieboldi, noch zu der betreffenden,
von G e g e n b a u r gezüchteten Larve, wie C h u n und L o c h m a n n glauben. Diese Larve
hatte G e g e n b a u r nur anfangs D. sieboldi zugeschrieben, was von beiden übersehen wird, um
seinen Irrtum nachträglich dahin richtig zu stellen, daß die zugehörige Mutterkolonie eine neue
Diphyide (D. turgida) ist. Deren Identität mit G. australis Lesueur habe ich in Neapel nach weisen
können, nachdem sie ohnehin durch den ganzen Habitus sehr wahrscheinlich gewesen war. Zu
G. australis kann aber die betreffende Larve infolge des Baues der Oberglocke nicht gehören, ebenso
wenig wie zu D. sieboldi, nachdem L o c h m a n n selbst den großen Unterschied im Bau der Oberglocke,
namentlich des Hydröciums, hervorgehoben hat. Denn daß durch entsprechende Umwandlung
die junge Oberglocke zur Oberglocke von D. sieboldi wird, ist von L o c hma n . n nur behauptet,
nicht bewiesen worden. Gerade das aber war zu beweisen. So fehlt jede Verbindung zwischen der
betreffenden Larve und D.sieboldi. Nachdem ich selbst noch jüngere Stadien der letzteren, wie Lochmann,
gefunden habe, mit einer Länge von nur 2 mm, die ebenfalls die typische Oberglocke, ohne alle
Anzeichen der behaupteten Wandlung zeigen, scheint es unmöglich, die eine aus der ändern abzuleiten.