
Ge i s e ) geübt, u. a. mit den Worten: „Die zoologischerseits gemachten Fehler entspringen, von
der Überschätzung der Bedeutung der tierischen Organisation abgesehen, vor allem dem Glauben,
daß die gesamte Saugarbeit ein mechanischer und nicht zum großen Teil auch chemisch-physikalischer
Vorgang sei, der nur durch die Kraft des Tieres möglich wäre“ (1. c. p. 294).
In diesem Ausspruch steckt ohne Zweifel ein richtiger Kern; aber wenn man bedenkt, daß er
sich viel weniger gegen die drei erstgenannten Autoren richtet, als gegen W e d d e und G e i s e ,
so muß er doch als zu weitgehend zürückgewiesen werden. Die Ergebnisse Z w e i g e l t s beziehen
sich ausschließlich auf die Blattläuse und es ist mindestens ebenso unberechtigt, wenn man von diesen
auf den Saugakt der übrigen Rhynchoten Rückschlüsse zieht, wie es unberechtigt ist, etwa von den
Hydrocoriden, den Untersuchungsobjekten G e i s e s aus ohne weiteres auf die Blattläuse zurückzuschließen.
Die Ergebnisse G e i s e s werden also durch Z w e i g e l t s Untersuchungen so wenig
entkräftet, wie Z w e i g e l t s Resultate von G e i s e s Untersuchungen an den Hydrocoriden. Die
außerordentliche Bereicherung unserer Anschauungen, die Z w e i g e l t s Untersuchungsmethode
gebracht hat, soll damit in keiner Weise geschmälert werden; nur soll hier betont werden, daß sie sich
nur auf die Pflanzenläuse bezieht, und, wenigstens soweit wir heute wissen, nicht, ohne weiteres auf
andere Rhynchoten angewandt werden darf, die nicht in dem Maß an die Pflanzennahrung angepaßt
sind wie gerade die Aphiden.
Es ist mir hier nicht möglich, alle Einzelheiten der Z w e i g e 1 t ’schen Arbeit aufzuführen, ich
begnüge mich mit einer ganz kurzen Zusammenfassung seiner Ergebnisse und verweise für die Einzelheiten
auf die Originalarbeit. Es sei aber betont, daß Z w e i g e l t seine Schlüsse stets mit den
an der angesogenen Pflanze gefundenen Schnittbildern begründet und nicht etwa mit vagen Vermutungen
arbeitet.
Der Speichel h a t nach Z w e i g e 11 verschiedene Aufgaben. Einmal wirkt er als Ferment,
indem er Stärke in Zucker überführt. Ferner bildet er, indem er allmählich erhärtet, eme Scheide
um das Stechborstenbündel und erhöht so die Sicherheit der Stichführung. „Die Ansicht, diese Scheide
hätte in erster Linie eine mechanische Funktion, ist irrig; ein Aufrollen der Borsten ist nicht zu befürchten
und überdies bleibt das Speichelsekret eine Zeitlang zähflüssig“. „Erst nachträglich und
sekundär kann die Scheide die Borsten in der Sicherheit ihrer Bewegungen unterstützen, eine Bildung
solcher Scheiden im engeren Sinn beschränkt sich meist auf die Hauptstichkanäle“ (1. e, p. 330).
Die wichtigste Aufgabe des Speichels ist aber darin zu suchen, daß er, ohne alle Mitwirkung der
mechanisch wirkenden Saugorgane des Tieres, durch eine von ihm ausgehende starke osmotische Saugkraft
die dem Stichkanal benachbarten Zellen plasmolysieren, also ihren Turgor aufheben und sie,
nicht auf mechanischem, sondern auf chemisch-physikalischem Weg selbsttätig aussaugen kann.
Nach Z w e i g e l t ist der Saugprozeß im engeren Sinn auf dreierlei Weise möglich:
1. „Eine bestimmte Zelle wird angestochen und ohne Verletzung der äußeren Hautschicht
des Protoplasten ausgesaugb.“
2. „Die Aussaugung bestimmter Zellen erfolgt während deren vollständiger Durchbohrung.
3. „Die Aussaugung geht zufolge einer dem Speichel innewohnenden starken osmotischen
Saugkraft bei interzellularem Stichverlauf ohne mechanische Verletzung vor sich.“
„Dieser letzte Modus ist im Rindengewebe vorherrschend, während der zweite besonders im
Leptom zur Geltung kommt. Der Vorteil der interzellularen Aussaugung liegt in einer kolossalen
Saugwirkung bei relativ geringem Speichelverbrauch“ (1. c. p. 330).
Dazu kommt noch, daß mit der Saugwirkung des Speichels eine Abnahme des Zellturgors Hand
in Hand geht. Nur so wird es verständlich, daß die Stechborsten, denen es, n. Z w e i g e 11 , nicht
möglich ist, den Turgor der Spaltöffnungszellen zu überwinden und sich zwischen ihnen durchzudrangen,
imstande sind, interzellular im Pflanzengewebe vorzudringen, wo doch der Turgor „mindestens
3—4 Atmosphären“ beträgt. ^
Es scheint daß Z w e i g e 1 fam it dieser Erklärung das Richtige getroffen hat, daß also das
Speichelsekret einerseits für die Überwindung des Turgors, andererseits für das Aussaugen der Pflanzenzellen
unentbehrlich ist. Das Durchdringen der Cuticula erleichtert es dagegen nicht, die cuticularen
Schichten schützen, da sie nicht permeabel sind, die Epidermiszellen vor der osmotischen Saugwirkung
des Speichels. , . „
Aus dem Stichkanal fließt also in die Nahrungsröhre ständig ein „osmotischer Nahrungsstrom ;
der osmotische Druck ist vollkommen hinreichend, die Flüssigkeit in das Saugrohr zu pressen, aus dem
sie schließlich vom Muskelapparat weitergeleitet wird“ (Z. 1. c. p. 294). Den eigentlichen Saugorganen
wird also ein mechanisches Aussaugen der Pflanzenzellen nicht zugemutet, sie haben nur den einströmenden
Saft weiterzupumpen.
Dies geschieht, indem zunächst der vorderste Dilatator der Mundpumpe (m. d ilj sich kontrahiert,
in den entstehenden Hohlraum dringt der Nahrungssaft ein; nun kontrahieren sich nacheinander die
einzelnen hintereinander liegenden Bündel des m. diU ».„ und immer weiter dringt der Nahrungssaft
vor. Wenn nun in derselben Reihenfolge, wie sie sich kontrahieren, die Dilatatorenbündel wieder
erschlaffen, wirkt die Elastizität der Mundpumpenwände ihnen entgegen und preßt den Saft nach
hinten, in den Ösophagus und den Magen. Eine Teilung der Mundpumpe in hintereinander gelegene
Abschnitte, wie wir sie nach Ge ise bei den Hydrocoriden finden, gibt es bei A-phis nicht1), vielmehr
ist hier offenbar eine ununterbrochene, in Wellen verlaufende (peristaltische) Hebung und Senkung
des elastischen Mundpumpendaches anzunehmen, der Nahrungsstrom wird also ununterbrochen aus
der Mundhöhle in die Mundpumpe gesogen und von da in den Ösophagus und Magen gepumpt. Auch
die Mundpumpe ist also, wie die Speiehelpumpe, eine Saugdruckpumpe, die Elastizität des Dachs
der Mundpumpe, die diese sich sofort wieder auf den Boden legen läßt, wenn die Dilatatoren nach-
lassen, macht Ventilvorrichtungen überflüssig. Ohnedies sorgt die osmotische Saugwirkung des
Speichels und der durch ihn ständig im Nahrungskanal aufsteigende Saftstrom dafür, daß ein Zurückströmen
des Nahrungssaftes unmöglich ist. ^ _ . .
Wie der dichte Verschluß der Mundhöhle gegen außen sich vollzieht, wurde im anatomischen
Teil schon dargelegt und braucht hier nicht wiederholt zu werden.
1) Ebensowenig übrigens eine „Zerkleinerungsvoriichtnng“ , wie sie ß e i s e n nd L e o n bei W arnen finden. Z w e i g e l t h a t
sohon riohtig betont, daß eine solche bei den Pflanzenläusen sich nicht finden k a n n .