Was das Springen selbst anlangt, so ist dasselbe schon seit R é a u m u r bekannt und seitdem
des öfteren wieder erwähnt worden. Eine genauere Beschreibung des Vorganges hat aber bisher
nur 6 i a r d (1893). für Diplosis jacobaeae gegeben. Nach ihiü sind es aber die beiden vorspringenden
Zacken der Brustgräte, welche den beiden Chitinzähnen am Endsegment als Widerlager dienen.
Daß dies wenigstens für unsere Art nicht-der Fall seih kann, ergibt sich schon ganz von selbst aus
der Tatsache, daß der Abstand der beiden Zähne größer iflfc als die Breite der Leiste Hgatiz abgesehen
davon, daß sich das Einstemmen gegen das Mesosternum direkt beobachten ließ. Ich möohtg:
vermuten, daß auch bei den ändern Arten das Springen ebenso wie bei D. •¡uitiqmnolala erfolgt.
Uber die biologische Bedeutung des Springens der Cecidomyidcnlarven hat G i a r d einige Bemerkungen
gemacht: La faculté de sauter est évidemment précieuse pour des larves grégaires comme
celles des Diphsis loti, jacobaeae e(c. ; elle assure la dissémination de l’espèce à distanjjpiji moment
de la nymphoses . Si toutes les larvesdge transformaient au même point, leur postérité périrait par
faminpyJa plante nourricière ayant été affaiblie et châtrée par une première génération de diptères
parasites: (p. 83). :
Ob die von ihm in den Vordergrund gestellte Verteilung der Brut bezw. Verbreitung der Art
durch das Springen die angegebene Rolle zu spielen vermag, muß dahingestellt bleiben. Schließlich
ist die Sprungweite der Maden ja relativ gering, und zu lange können sie sich wegen der Gefahr des
Eintrocknens sowieso nicht im Freien aufhalten. Die so zurückgelegten Entfernungen dürften daher
wohl meist hinter denen, welche die Imago im Fluge zu bewältigen imstande ist, weit Zurückbleiben.
Bei den mir vorliegenden Maden kommt noch dazu, daß die Springlitìf derselben in dem Augenblicke
stark eingeschränkt wird oder sofort aufhört, wo dieselben auf Erde gelangen. Hier versuchen
sie vielmehr sofort, sich einzugraben. An eine nennenswerte Weiterbewegung auf der Erde ist daher
kaum zu denken. Dagegen ließ sich ein anderer Vorteil des Springens leicht beobachten. Wenn sich
die Maden aus den Knospen freigemacht hatten, so waren sie öfter noch mit dem klebrigen Safte derselben
überzogen. Im Eintrocknen dieses Klebsaftes liegt nun zweifellos eine große Gefahr für die
Maden, da sie beim Kriechen leicht hierdurch an der Unterlage festgekittet und so ijjb s t dem Vertrocknen
überliefert werden können. Schnellt sich dagegen eine Made rechtzeitig fort, so. pfeibt
der weitaus größte Teil der Flüssigkeit auf der Unterlage zurück, und wenn die Made nach den ersten
Sprüngen vielleicht auch noch jedesmal beim Berühren eines Gegenstandes an diesem haften bleibt
und sich erneut losschnellen muß, so ist sie/doch' bakl soweit..abgetrocknet, daß sie nach-dem Abspringen
ohne weiteres zur Erde gelangt. Und auch dann, wenn die Gefahr eines.Festklebens ganz in
Wegfall kommt, wie, es bei der Mehrzahl der Gailbildungen der Fall sein würde, besonders: wenn#}!
ausgesprochen saftarm sind, so würde d d p 's te ts das Springen der Maden es wesentlich erleichtern,
sich von der Futterpflanze zu entfernen. Das Springen dürfte somit eine Fähigkeit sein, welche
gegenüber dem Kriechen den Maden vor allem ein rascheres Einbohren in die Erde zur Verpuppung
ermöglicht/’
Daß übrigens auch die Larven mancher Arten, die sich in ihrer Galle.'verwandeln, springen
können, hat schon H. L p e w beobachtet; ebenso macht er auf die Widerstandskraft mancher Larven
gegen Trockenheit aufmerksam, da fast, vertrocknete Larven durch bloßes Anfeuchten wieder zur
Fülle und Verwandlung gebracht werden könnten. Diese Beobachtung bestätigt R ü f c s a am em
aus eigener Erfahrung. Andererseits sind manche Larven auch gegen Wasser sehr widerstandsfähig.
Larven, die längere Zeit im Wasser gelegen hatten, durch den Einfluß desselben weit ausgestreckt
und prall geworden waren und kein Lebenszeichen mehr von sich gaben, wurden, nachdem sie einige
Zeit auf Löschpapier gelegen hatten, wieder beweglich, krochen munter umher und kamen noch zur
Verwandlung1). Viele Arten scheinen zu ihrer Verwandlung eine ziemlich erhebliche Feuchtigkeit
nötig zu haben, so z. B. wohl alle die Arten, die sich in der Erde verwandeln und deren Nährpflanzen
auf sumpfigem Boden wachsen, und viele dieser Arten überwintern ohne Zweifel unter Wasser, wenn
auch in einem oft recht dichten Gocon.
Auf die große Widerstandskraft der Gallmückenlarven gegen Trockenheit und Nässe macht
schon S a u t e r i n §27 und 28 seiner vorerwähnten Arbeit über seine Tipula cerealis aufmerksam.
Es heißt daselbst wörtlich: ,,In mehrere mit Erde halbangefüllte Zuckergläser brachte ich eine Menge
dieser Larven und setzte sie ungleicher Behandlung aus. In einem Glase Nr. 1 ließ ich die Erde drei
bis vier Wochen lang ganz austrocknen, feuchtete sie dann wieder an, ließ sie wieder ganz trocken
werden usf., durchwühlte die Erde öfters, da ich in diesem Glas die meisten Untersuchungen mit
den Larven vornahm, und doch lebten im Sommer 1814 die Larven noch ebenso, wie in anderen
Gläsern.
In einem anderen Glas, Nr. 2, machte ich die Erde mehrere Male so durch und durch naß, daß
sie einem Pappen glich; auch in diesem wurde die Erde einige Male, aber nicht so oft wie in Nr. 1,
angelockert und durchsucht und doch lebten auch da die Larven unbeschädigt fort.
Aus den von S a u t e r 1813 in dieser Weise mißhandelten Larven entwickelten sich die Mücken
im Juni 1816 und im Dezember desselben Jahres fand er noch unentwickelte Larven.
Die Richtigkeit dieser Angaben wird von F r a u e n f e l d sehr stark in Zweifel gezogen. Es
seien nachfolgend seine Ausführungen (Verh. zool. bot. Ges. v. 14,1864, p. 415) wörtlich wiedergegeben:
„Die von dem badischen Medizinalrate S a u t e r beschriebene Tipula cerealis soll zur Verwandlung
in die Erde gehen.
Der eben erwähnte S a u t e r gibt an, daß ein und dieselbe Brut durch vier (!) Jahre sich entwickelte,
und zwar in staubtrocken gehaltener Erde, wie in Kübeln, wo sie gleich einem Brei durchnäßt
war. Wer immer sich mit der Zucht der Insekten der verschiedensten Ordnungen beschäftigt,
wird diese Angabe für irrig halten müssen. Wenn bei der künstlichen Zucht nicht genau die natürlichen
Verhältnisse nachgeahmt werden, sind die Erfolge gewiß vereitelt. Ich kenne kein Beispiel
einer so langen Entwicklungsdauer für Cecidomyien und sie ist nach dieser Behandlung gänzlich
unglaublich. Ich will damit nicht die Glaubwürdigkeit S a u t e r s verdächtigen, sondern nur einen
Irrtum nachweisen, in den er wahrscheinlich verfiel. Wer sich mit solcher Zucht, wie ich seit 35 Jahren,
beschäftigt, weiß, daß die Sciaren eine wahre Pest dabei sind. Sie wissen ihre Eier durch den feinsten
Flor einzuschmuggeln und pflanzen sich, einmal im Gefäß, leicht fort. S a u t e r , durch ihr ähnliches
Aussehen oetäuscht, mag sie vielleicht später nicht genauer untersucht haben und glaubte die lange
Zeit hindurch immer seine Tipula cerealis entwickelt zu sehen.“
Daß die überall vorkommenden Sciariden schon manchem Züchter einen bösen Streich gespielt
haben, ist sicher. Sogar H. L o e w hat sich täuschen lassen und hielt die von ihm gezüchtete Sciara
tilicola H. Lw. für den Erzeuger derjenigen Gallen auf Tilia, von denen wir heute wissen, daß sie von
Contarinia tiliarum Kffr, hervorgebracht werden.
S a u t e'r gibt aber an, daß er noch im Dezember 1816 lebende Larven seiner Tipula cerealis
auffand, die er 1813 in das Zuchtglas gesetzt hatte. Diese Larven waren von leuchtend roter Farbe,
welche Sciara-Larven, soweit bekannt, nie besitzen.
i) k i e f f e r (83, p. 325, 326) erwähnt, daß er die Larven seiner Hygrodi/plosis vaccinii acht Monate in Wasser liegen hatte
und doch noch eine derselben zur Verwandlung brachte.