
der Teil des Vorderdarms, den S n o d g r a s s zur Mundhöhle s. str. rechnet, als „Mundpumpe“ bezeichnet
werden, in Anbetracht der Tatsache, daß er beim Aufsaugen der Nahrung als Säugpumpe
fungiert. Mundhöhle nenne ich dagegen den weiter rostralwärts gelegenen Hohlraum, der nicht
erweiterungsfähig und also auch nicht am aktiven Saugen beteiligt ist, vielmehr nur der Verbindung
zwischen der Mundpumpe und dem Nahrungskanal des maxillaren Stechborstenpaares dient. Daß
dieser Hohlraum tatsächlich morphologisch nicht zur Mundhöhle zu rechnen ist, sei hier schon erwähnt,
sein Abschluß ist erst bei den Rhynchoten, im Zusammenhang mit der Ausbildung der saugenden
Mundwerkzeuge, eingetreten; als abgeschlossener Hohlraum existiert er bei den kauenden Insekten
nicht.
Die Mundpumpe ist bei den Aphiden wenigstens in den Grundzügen schon von W i 1 1 a c z TI
richtig beschrieben. Dieser Autor hat sich mit Recht gegen die Darstellung gewandt, die Ma r e k
von der Mundpumpe der Cocciden gibt. M a r e k meinte hier,eine regelrechte Pumpe,mit Kolben,
Kolbenstange usw. feststellen zu können, ist aber mit dieser Annahme zweifellos im Irrtum, indem
er, wie W i t l a e z i l schon betonte, die im Totalpräparat als langer Stab erscheinende Ansatzlinie
der Dilatatoren der Mundpumpe für eine Kolbenstange nahm. In den Einzelheiten ist jedi»! auch
W i t l a c z i l s Darstellung noch sehr ergänzungsbedürftig, um soUmehr, als keiner der Späteren
Autoren sie nennenswert weiter aüsgebaüt hat. G e i4 e hat zwar eine sehr eingehende Darstellung
des Mundes der Wasserwanzen gegeben, doch weicht dieser in seinem Bau so sehr von dem der Aphiden
ab, daß er nur vom vergleichenden Standpunkt aus Interesse bietet.
Die Mundpumpe beginnt (in Abb. 7 * erkennbar) hinter den oben erwähnten Mundknöpfen
(MKn), am Hinterrand der Innenwand des Anteclypeus, an der Stelle, wo die Vorderwand des Hypopharynx
sich einstülpt (s. oben), und geht schief nach oben in den Kopf hinein. Ihr Vorderende ist
seitlich durch die verstärkten Ränder der Innenwand des Anteclypeus (Lst) in seiner Lage gehalten,
sie ist anfänglich ziemlich breit (Abb. 8), verschmälert sich aber rasch und bekommt schließlich,
indem sie zum Pharynx wird, den relativ geringen Durchmesser des sich anschließenden Ösophagus
(Ös).
Die Mundpumpe, die durch Horizontalschnitte in einzelne Abschnitte zerlegt, in Abb. 10 a und b
rekonstruiert ist, in Abb. 12 mehrfach im Querschnitt, in AbK 8 c im Längsschnitt dargestellt f f l a
besteht aus einer sehr stark chitinisierten Rinne mit verdickten Rändern. Im Anfang bildet diese
Rinne, wenn man sie vom Mund her verfolgt, im Querschnitt annähernd einen rechten Winkel, bald
aber wird daraus ein Halbkreis. An den Seitenwänden der Rinne setzt diese sich in weichere, offenbar
elastische, mit Hämatoxylin blau färbbare Chitinhäute fort, die ihre Dorsalwand bilden. Die
Häute spannen sich aber nicht einfach als flaches, ebenes Dach über die Rinne, sondern falten sich,
im Ruhezustand eng an die Innenwände der Rinne sich legend, in letztere hinein, sodaß, wie die
Schnitte von Abb. 12 zeigen, der Querschnitt der Mundpumpe nirgends einen Vollkreis, sondern vielmehr
einen doppelwandigen Halbkreis bildet. Im tiefsten Teil der Häute setzen die Sehnen der weiter
unten beschriebenen Dilatatoren der Mundpumpe an, deren Kontraktion eine Spannung der dorsalen
Häute und mithin eine Vergrößerung des Lumens der Pumpe bewirken. Antagonisten zu diesen
Muskeln fehlen, die Elastizität der Rinne einerseits und der Häute andererseits wirkt den erschlaffenden
Muskeln entgegen.
Der P h a r y n x 1), der nur sehr kurz ist, unterscheidet sich (Abb. 12b) nur durch dünneres
Chitin von der Mundpümpe; eine gegenseitige Abgrenzung beider Teile läßt sich nur auf Grund der
Muskelverteilung vornehmen (s. p. 28) und auch so kaum mit Sicherheit.
Die relativ schmale Eorm der Mundpumpe von Aphis unterscheidet diese von derjenigen der
Cicaden (Ber 1 e s e , S n o d g r a s s), die wesentlich gedrungener gebaut, eine ovale Kapsel darstellt,
deren konvexe Ventralwand fest ist, während die eingebeulte, elastische Dorsalwand ähnlich
wie bei Aphis von Dilatatoren gehoben Werden kann. Ist also in der Eorm ein gewisser Unterschied
nicht zu yjfkennen, so verhält eich funktionell die Mundpumpe der Cicaden wie die von Aphis-, daß
erstere allerdings auch wohl relativ eine stärkere Saugwirkung auszuüben vermag, hängt vielleicht
mit der eigentümlichen Wirkung des Speichels der Aphiden (Z w e i g e 11) zusammen, die ihnen
einen weniger großen Aufwand von Saugkräften zumijjjSt. Auf diese Frage soll weiter unten (p. 50)
noch näher eingegangen werden.
Auch die Mundpumjg der Wanzen (Hydrocoriden nach G e r s e w. a.) ist prinzipiell nicht von der
der Aphiden verschieden, wenn auch im einzelnen Spezialeinrichtungen gewisse Abweichungen vom
Typus bedingen. Nirgends finden sich, jedenfalls nach den Angaben der Literatur, die scheinbar
für die Aphiden typischen Mundknöpfe, die wir, allerdings in wesentlich einfacherer Form, nach
D r e y f u s auch, bei Phylloxera antreffen
9. D i e M u n d h ö h l e m i t ii en M u n d k n ö p f e n .
Vergleicht man die Rekonstruktion Abb. 10 mit den Abb. 7—9, so sieht man, wie an die Stelle
der festen Ventralwand der Mundpumpe plötzlich die Dorsalwand des Hypopharynx, von hinten her
kommend, tritt und.sich an die Innenwand des Anteclypeus legt, durch die Mundknöpfe mit ihr so
fest sich verbindend, daß nur noch eine schmale, median, auf der dorsalen (vorderen) Fläche des
Hypopharynx verlaufende Rinne (R) die Verbindung zwischen Mundpumpei einerseits und Nahrungskanal
der Stechborsten andererseits aufrechthält. Die weichd, elastisch bewegliche Dorsalhaut
der Mundpumpe reicht noch eben bis zur Verbindungslinie der beiden Mundknöpfe; hier setzen
auch die letzten, vordersten Bündel der Dilatatoren an, nicht aber an den Mundknöpfen selbst, wie
Wi t l a ä f ' z i l meinte W i t l a e z i l hält die von ihm am Totalpräparat .beobachteten „Chitinringe“,
die eben die Mundknöpfe darstellen, nur „für die optischen Durchschnitte zweier Ausbuchtungen
oberhalb des vorderen spitz auslaufenden Teils des Schlundes“. Er meint, diese Ausbuchtungen
seien nur durch den Ansatz kräftiger Muskeln'an dieser Stelle entstanden. Dem ist, nach den vorliegenden
Untersuchungeitldie die bis jetzt noch kaum bekannten feineren Bauverhältnisse der
Mundknöpfe klarlegen, nicht so; denn die Muskeln, um die es sich handelt, eben die vordersten
Bündel der Dilatatoren, setzen zwar zwischen den Mundknöpfen an, haben aber mit ihnen selbst gar
nichts zu tun und das um so weniger, als die Mundknöpfe nicht; nur, wie W i t l a e z i l meint, Ausbuchtungen
des Anteclypeus sind, sondern vielmehr aus zwei Lagen bestehen, aus einer dünneren,
die zum Anteclypeus und einer dickeren, die zum Hypopharynx gehört (Abb. 13). Die letztere hat
natürlich schon gar nichts mit den Dilatatormuskeln zu tun, da diese mit dem Hypopharynx überhaupt
nicht in Beziehung tre ten 1).
i) Eine im wesentlichen richtige Darstellung einer homologen Einrichtung, die allerdings erheblich einfacher ist als die Mundknöpfe
von Aphis, h a t D r e y f u s (Zol. Anz. Bd. 17, 1894) für Phylloxera gegeben. Ich selbst konnte noch einfachere, sehr flache
den Mundknöpfen entsprechende Gebilde bei Psylla rnali feststellen. Im übrigen scheint sich bei den Rhynchoten nichts Ähnliches
zu finden.