für unsere Zwecke außerordentlich wichtigen Einzelheiten im Bau des Saug-und Speichelapparats1), in der Histologie
der Speicheldrüsen und der Darmwändc haben, wenigstens was die Blattläuse betrifft, bis jetzt noch nirgends ausreichend
Berücksichtigung gefunden. Dazu kam, daß speziell Aphis fabae noch nie zum Gegenstand eingehender
anatomischer Untersuchungen gemacht worden war und daß infolgedessen für die für uns wichtigen Maße sich keine
sicheren Unterlagen finden ließen. Ferner ist bis jetzt noch niemand an das Studium der im mikroskopischen Bild
sich ausprägenden normalen physiologischen Veränderungen der Darm- und Speicheldrüsenzellen gegangen, so daß
es einerseits unmöglich war, ein Bild von der Funktion derselben zu gewinnen, andererseits aber auch jede Vergleichsgrundlage
für etwaige pathologischen Veränderungen fehlte.
So mußte die eingehende Ausarbeitung der im folgenden niedergelegten Untersuchungen vom Standpunkt des
Phytopathologen aus wünschenswert erscheinen. Im La u f d e r U n t e r s u c h u n g e n s t e l l t e s i c h a b e r
z u d e m h e r a u s , d a ß d i e g e w o n n e n e n Er g e b n i s s e a u c h v o m r e i n z o o l o g i s c h e n
S t a n d p u n k t aus w e i t g r ö ß e r e s I n t e r e s s e b e a n s p r u c h e n k ö n n e n a l s z u n ä c h s t
a n g e n o m m e n wurde . Wie im Hauptteil bei den einzelnen Abschnitten näher dargelegt werden soll, konnte
eine ganze Reihe von Fragen (Stechborstenführung1), Stechborstensteuerung, Bau der Mundhöhle, Sinnesorgane
derselben1), deren Beantwortung den seitherigen Autoren nicht gelungen war, aufgeklärt werden, die spärlichen, z. T.
irreführenden Angaben über Skelett und Muskulatur, deren Kenntnis naturgemäß die Grundlage des Ganzen bilden
mußte, konnten berichtigt und ergänzt werden. Insbesondere konnte durch eine genaue Untersuchung des Thoraxbaus
des geflügelten und ungeflügelten Weibchens eine Lücke ausgefüllt werden, die in unseren entomomorphologischen
Kenntnissen schon von jeher klafft und so der Grund gelegt werden zu einer, von mir im Rahmen meiner auf den
Insektenthorax bezüglichen Arbeiten schon seit einiger Zeit geplanten Darstellung des Rhynchotenthorax.
Der Hauptzweck der Arbeit bleibt jedoch, eine möglichst klare, die Einzelheiten genügend berücksichtigende
Darstellung der Anatomie und Physiologie der für die Rolle der Laus als Überträger der Mosaikkrankheit wichtigen
Organe zu geben.
II. Material und Technik.
Das für die vorliegende Untersuchung gebrauchte Material stammt z. T. aus dem Freiland, zum größeren Teil
aber aus Zuchten, die unter Gazehauben bezw. in Gazekästen angesetzt wurden. Zur Anlage der Zuchten wurden im
Vorfrühling Zweige des Spindelbaums (Evonymus) mit den Wintereiern von Aphis fabae eingesammelt und in der
Vegetationshalle des Instituts in Wasser aufgestellt. Als die Knospen sich entfalteten, krochen auch die Läuse aus
und es gelang leicht, sie in einem großen, mit Gaze überzogenen und mit einer dichtschließenden Schiebeglastür
versehenen Kasten auf immer erneuten Spindelbaumzweigen weiterzuzüchten. So war Garantie gegeben, daß die
Läuse nicht mit mosaikkranken Pflanzen in Berührung kamen, wie auch die Zuchten rein blieben und von Blattlausfeinden
kaum heimgesucht wurden, da solche von den zugebrachten Zweigen, die läusefrei waren, leicht ferngehalten
werden konnten. Die im folgenden gegebenen Untersuchungen beruhen, soweit sie sich nicht bloß auf das Skelett
beziehen, ausschließlich auf solchem Material, das nicht mit mosaikkranken Pflanzen in Berührung gekommen war
und geben daher eine einwandfreie Vergleichsgrundlage für die Untersuchung der von mosaikkranken Pflanzen
stammenden Läuse, die an anderer Stelle publiziert werden sollen. Der Einwand, daß gegebenenfalls auch das Winterei
Übermittler der Infektion sein könnte, ist leicht durch die Beobachtung auszuschalten, daß die a u s u n s e r e n
Z u c h t e n an gesunde Rüben und Pferdebohnen gebrachten Läuse dort niemals eine Infektion hervorriefen.
Untersucht wurden ausschließlich die für die Übertragung der Mosaikkrankheit hauptsächlich in Frage kommenden
viviparen Weibchen; die oviparen Weibchen und die Männchen wurden nicht berücksichtigt.
1) Anm. bei der Korrektur: Leider ist mir die Arbeit von D a v i d s o n : On the mouthparts and mechanism of suction in Schi-
zoneura lanigera (Journ, Linn. Soc. Zool. Vol. 32. 1914) erst bekannt geworden, als die vorliegende Arbeit bereits im Druck war. Ich
kann mich daher auch mit den nur in wenigen Punkten mit den meinen nicht übereinstimmenden Resultaten Ds. nicht näher auseinandersetzen.
Vielleicht kann ich in einer späteren Arbeit darauf zurückkommen.
Was die T e c h n i k der Untersuchungen betrifft, so wurde zunächst das Skelett an Alkoholmaterial untersucht,
das mit Kalilauge geätzt war. Vielfach, besonders bei geflügelten Tieren, die relativ wenig Fett enthalten, wurde
auch frisches Material zum Ätzen verwendet, ohne daß die von v a n d e r Go o t erwähnten Nachteile sich einstellten.
Die Tiere wurden durchweg in 15 %iger Lauge etwa 5 Minuten lang gekocht, bis sie durchsichtig erschienen,
dann in heißes destilliertes Wasser gebracht, das nochmals gewechselt wurde. Dem Wasser wurden dann im Salznäpfchen
einige Tropfen Glyzerin zugefügt, wenn das Wasser nach einiger Zeit verdunstet war, lagen die Tiere, ohne
Schrumpfung schön durchsichtig geworden, in reinem Glyzerin und wurden auch in solchem eingebettet, meist auf
hohlgeschliffenen Objektträgern, wenigstens falls es sich um Totalpräparate handelte. Zu langes Kochen oder gar
längeres Liegenlassen in Lauge machte das Chitin zu weich und oft auch zu hell, mit dem angegebenen Verfahren
dagegen ließen sich einerseits sogar beim ungeflügelten Tier die einzelnen Sklerite wohl unterschieden darstellen,
andererseits war eine Entpigmentierung nie nötig, auch Einbettung in Kanadabalsam erwies sich als überflüssig,
ja sogar als schädlich, da bei der Überführung in Xylol und Balsam nur zu leicht Schrumpfungen des Hinterleibs
eintraten.
An den Skelettpräparaten konnten alle Manipulationen, die etwa zur genaueren Untersuchung des Kopfbaus,
des Flügelgelenks, des thorakalen Innenskeletts usw. nötig waren, ziemlich leicht mit Hilfe von feinen Lanzett-
nadeln unter dem Binokular ausgeführt werden, auch das Halbieren des Körpers, das Abtrennen von Beinen und
Fühlern wurdevam schonendsten mit der Lanzettnadel vorgenommen. Die beschriebene Laugenbehandlung machte
die Verbindungsmembranen sehr weich ohne doch die Sklerite in ihrer Konsistenz wesentlich zu beeinflussen, so daß
auch das Voneinandertrennen der einzelnen Segmente, das Ablösen von Tergiten und das Isolieren der Flügelgelenkstücke
ziemlich leicht möglich war.
Nicht für alle Fragen reichte aber die Präparation unter dem Binokular aus, schon für das Kopfskelett mußten
S c h n i t t s e r i e n zu Hilfe genommen werden, doch wurde dabei darauf geachtet, daß, im Sinne von H e y m o n s
(p. 369) die Ergebnisse der Präparation gegenüber denen der Schnittserien nicht zu kurz kamen, wenn auch die
Schwierigkeiten, die so kleine Objekte wie die Blattläuse beim Präparieren bereiten, ungleich größer sind als die
bei den Wasserwanzen, die H e y m o n s bei seiner Kritik der G e i s e sehen Ergebnisse im Auge hatte, vorkommenden.
Alle nicht für Skelettpräparate verwendeten Tiere wurden mit G i 1 s o n scher Lösung (kalt) fixiert, zuvor
jedoch ganz kurz in 96 %igen Alkohol getaucht, um so das überaus lästige Anhaften von Luftblasen an den Tieren
zu vermeiden. Die G i 1 s o n sehe Lösung wurde gewöhnlich 6 Stunden belassen, dann kam das Material in Alkohol
50 %, 70 %, 90 % usw. für je 12 Stunden.
Zur Isolierung des Darms und der Speicheldrüsen wurden teils lebensfrische Tiere, teils fixiertes und bis zum
70 %igen Alkohol gebrachtes, mit Jodjodkali sublimatfrei gemachtes Material unter dem Binokular mit Lanzett-
nadeln präpariert. Mit der Nadel wurde die Seite des Körpers aufgetrennt, was beim fixierten Tier viel leichter durchzuführen
war als beim frischen, und die Rückendecke dann zur Seite geklappt. Dann wurden die Eingeweide durch
leichtes Anstoßen mit der Nadel auseinandergelegt, wobei das fixierte Material wegen seiner größeren Brüchigkeit
mehr Schwierigkeiten bereitete. Es gelang so eine Isolierung der unverletzten Speicheldrüsen samt Ausführgang,
des Zentralnervensystems und des Darms. Zum Präparieren der Mu s k u l a t u r wurde ein anderes Verfahren
angewandt, das ich für Muskeluntersuchungen an kleinen Insekten allgemein empfehlen möchte und das m. W.
neu ist.
Die fixierten Tiere wurden über 40-, 50- und 60 %igen Alkohol in 70 %igen gebracht, dann in Diaphanol gründlich
gebleicht, in 70 %igem Alkohol gewaschen, in Boraxkarmin durchgefärbt, in salzsaurem Alkohol differenziert und
nach gründlichem Entwässern und langsamem Überführen in Benzol unter langsamer Erwärmung in Paraffin eingebettet,
dem 5 % weißes Bienen wachs beigefügt war. In sämtlichen Flüssigkeiten verweilten die Tiere je 24 Stunden,
die Resultate waren, da die Übergänge so langsam erfolgten, meist gut, das Material nicht geschrumpft. Da von
vornherein reichlich Material verwendet wurde, konnte, wenn die Tiere im Benzol lagen, noch eine Auslese der besten
Exemplare erfolgen.
Die fertigen Blöcke wurden nun nicht in Schnittserien zerlegt, sondern es wurde mit sehr scharfem Skalpell,
halb schneidend, halb schabend entweder die dorsale oder die ventrale Hälfte oder eine, meist die linke Seite des
Tiers entfernt. Da das Wachsparaffin ziemlich durchsichtig ist, ließ sich das in denkbar exakter Weise durchführen.
Der Block mit der belassenen Hälfte wurde nun so zugeschnitten, daß dicht um das Tier nur noch eine sehr dünne
Schicht Paraffin lag, abgesehen von der der Schnittfläche gegenüberliegenden Seite, die als breiter Sockel zugeschnitten