Wie Stellt es nun mit der vierten Unterordnung der Calycophoren, mit ddi-Polypliyiden, .also,
mit Hippopodius, dem Endglied der Ordnung, bei dem 0 h a u einen larvalen Glockenwechsel wie bei
Muggiaea nachwies? Für die betreffenden Untersuchungen stand mir erfreulicherweise ein sehr reichhaltiges
Material zu Gebot, das teils aus dem G a u ß - Material stammte, teils von mir in Neapefc
gesammelt worden war. Außer zahlreichen Entwicklungsstadien des gemeinen H. luteus Q .|f G.
enthielt es auch solche von H. •pentaeamthus (Koll.), dessen Identität m it H. spinosus (Keferst. u. Ehl.)
neuerdings von mir festgestellt wurde, und ferner solche des neuen H. serratus der -G a u ß. Zusammen
mit den von C h u n abgebildeten und beschriebenen Stadien
geben sie ein ungefähres Bild der ersten Entwicklung dieser
Familie.
Die jüngsten Stadien (Taf. II, Fig. 1, 2; Taf. III, Fig. 2)
schließen sich ziemlich direkt an das älteste von M e t s e h n i-
k o f f abgebildete an (Textfig. 4). Sie besteben ans einer kleinen,
mützenförmigen, glatten Glocke, der Primärglocke, ähnlich der
einzigen Glocke von Sphaeronectes und der Larvenglocke v Ä ’
Muggiaea und Galeolaria, und einem unvollständigen, sessilen
Primärcormidium. Ein Stamm fehlt also noch vollständig.
Solche Stadien waren .bisher auch bei H. luteus offenbar noch
nicht zur Beobachtung gekommen. Sehr früh, solange der Stamm
entweder noch sehr klein ist, daß er hei leichter Kontraktion ganz
verschwindet, oder ehe er überhaupt angelegt ist, entsteht an der
Stammwurzel die Mutterknospe für die hufeisenförmigen resp.
fünfeckigen sekundären Haüptglocken (Taf. II, Fig. 3; Taf. III,
Fig. 3), und zwar auf der, der Primärglocke resp. ihrer Subum-
brella a b g e k e h r t e n Stammseite, also durch das Primär-
cormidium von ihr getrennt. HifJ-sitzt auch der Tentakel, wie
luteus Q. et G. mit der
Primärglocke (A), der Anlage der heteros
morphen zweiten (Bocke | | dem Primär- Taf. II, Fig. 4 deutlich zu erkennen. Diese Spite ,:ist also die
cormidium (p) und der Anlage des zweiten Y e n t r a l s e i t ' e . Wie und wo dann die Stammknospe hervor-
und dritten Cormidiuins, (p’ P” )- gproßt; habe ich leider, .bisher nicht beobachten können; entsprechende
Stadien fehlten. Aus älteren Stadien meines Materiales gellt aber unzweideutig hervor,
daß die Stammknospe resp. alle Cormidien auf der gl j j £eh en Seite wie der ernte Tentakel und die
Mutterknospe für die heteromorphen Glocken entstehen, so daß diese Seite auch hierdurch unzweideutig
als Ventralseite gekennzeichnet ist. So hat es übrigens merkwürdigerweise C h u n selbst
1897 a, p. 62, Fig. 6 f., abgebildet (Fig. 12, Text). Hier sitzen sowohl die Cormidien wie die sekundäre,
heteromorphe Glocke der Primärglocke resp. ihrer Subumbreüa opponiert. Das Entscheidende dabei
ist daß die Beziehungen der glatten Primärglocke von Hippopodius zum Stamm die gleichen sind
wie die der einzigen Glocke von Monophyes und Sphaeronectes, und der definitiven Oberglocke von
Muggiaea, Galeolaria und Diphyes. D i H P r i m ä r g l | k e k a n n d a r n a c h gar n i c h t s ,
a n d e r e s s e i n a l s d i'e ■ d e i i n i t i v e ^O b e r g l o c k « . d i e ] u n g * t e^n S t a d i e n
s i n d d e m e n t s p r e c h e n d n i c h t L a r v e n s t a d i e n , Sf önd e r n d e f i n i t i v e
E i n g l o c k e h s t a d i e'ii: ■ - ,*• * , . I I
Weiter folgt, daß d i e h u f e i s e n f ö r m i g e n r e s p . f ü n f e c k i g e n G | i » e n ,
d a s i e d e r e r s t e n G l o c k e o p p o n i e r t s%nd, n u r U n t ^ s g l o c k e n u n d a u s Hippopodius
c h l i e ß l i c h d i e s e s e i n k ö n n e n , ihrer Genese entsprechend. Aber selbst wenn man
von der Lage der Cormidien, also von der Bestimmung von ventral und dorsal absehen würde, so ist
trotzdem eine andere Homologisierung der hufeisenförmigen resp. fünfkantigen Glocken nicht möglich,
nachdem ich festgestellt habe, daß hei Calycophoren allein die Unterglocke einen ständigen Nachschub
und damit meist auch einen ständigen Wechsel durch nachrückende Glocken von identischer
Gestalt erfährt, w ä h r e n d d i e O b e r g l o c k e s t e t s , im Gegensatz zu den Angaben C h u n s ,
i n d e r E i n z a h l v o r h a n d e n . i s t u n d s i c h n o r m a l z e i t l e b e n s e r h ä l t
— mit einigen wenigen, noch nicht näher untersuchten Ausnahmen, von denen bisher nur G. quadri-
valvis Les. sichergestellt ist. Diese Ausnahmen kommen aber hier nicht in Betracht, nach der phylogenetischen
Stellung und den verwandtschaftlichen Beziehungen von Hippopodius. Darnach ist es
also unmöglich, daß die betreffenden-Glocken etwas anderes sind als Unterglocken. Der Charakter
der Primärglocke als Oberglocke ist damit zugleich unzweideutig bestimmt, denn wäre sie
eine Larvenglocke, müßte sie auf der gleichen Stammseite wie die Unterglocken sitzen, sta tt auf
der entgegengesetzten Seite, wie oben besprochen. Wir kommen also auf beiden Wegen zu dem
einzig möglichen Schluß, daß Hippopodius keine, der Larvenglocke von Muggiaea entsprechende
Bildung hat; seine Primärglocke ist die definitive Oberglocke selbst. Die Entwicklung der Cormidien
und der Unterglocken erfolgt dann im wesentlichen wie bei Diphyes (näh. G au ß ) und
zwar bei letzteren, indem die Ventralknospe restlos in der ersten Unterglocke aufgeht, an deren
Stiel die zweite Unterglocke hervorsproßt, die ihrerseits die dritte her vorbringt usf. Dieser,
für die Calycophoren charakteristische Entwicklungsmodus der Unterglocken ist sehr interessant
und wurde bisher merkwürdigerweise ganz übersehen, obgleich erst durch ihn die
eigentümliche Bildung des Pseudostammes verständlich wird, an dem bei Hippopodius die Unterglocken
aufgereiht sind.
Zu ganz anderen Schlüssen ist C h u n auch bei Hippopodius gekommen. In dessen Primärglocke
sieht er eine hinfällige Larvenglocke und in den folgenden Glocken die definitiven Hauptglocken,
Ober- und Unterglocken zugleich mit ihren Ersatzglocken, ihrer Genese aus einem gemeinsamen
Mutterboden entsprechend. Hierbei stützt er sich in der Hauptsache auf folgende Argümente :
1. die glatte, mützenförmige Primärglocke entsteht direkt aus dem Ei wie die Larvenglocke von
Muggiaea und Galeolaria; 2. ihre Lagebeziehungen zum Stamm und den sekundären, heteromorphen
Glocken sind die gleichen wie dort; sie sitzt also ventral, den letzteren opponiert; 3. ihre Form ist die
gleiche, entspricht somit ebenfalls der zeitlebens sich erhaltenden Larvenglocke von Monophyes
und Sphaeronectes, zum Unterschied von den kantigen, definitiven Hauptglocken von Muggiaea
und allen Diphyinen; 4. sie bleibt klein und fällt bald ab, wie die Larvenglocke von Muggiaea. Somit
müssen beide homolog sein, woraus alles Weitere folgt.
Bei Hippopodius zeigt sich, wie verhängnisvoll der doppelte Irrtum C h u n s war, erstens,
daß die definitiven Hauptglocken, Ober- und Unterglocken, gemeinsam und dorsal aus dem gleichen
Mutterboden entspringen, also, ungeachtet formaler Verschiedenheiten, genetisch gleichbedeutende
Bildungen sind; zweitens: daß ihre gegenseitige Opposition eine sekundär erworbene ist, denn gerade
dadurch war er zu obigen Schlüssen gezwungen, angesichts der unbestreitbaren Tatsache, daß die
hufeisenförmigen Glocken aus einem gemeinsamen Mutterboden hervorsprossen und primär der
ersten Glocke opponiert sind. Weiter hat ihn dann jedenfalls auch seine Beobachtung, daß diese
Glocke klein bleibt — sie sollte nur eine Länge von 7 mm erreichen (1887 a, 1892) -Hund der ausgewachsenen
Kolonie fehle, in seiner Auffassung bestärkt.