
Alle Rechte, besonders das der Übersetzung, Vorbehalten.
Chr. Belser A.G., Büchdruckerei, S tu ttg a rt.
Noch heute gilt, was G e g e n b a u r und 01 a u s vor mehr wie einem halben Jahrhundert
feststellten, daß die Entwicklungsgeschichte der wenigst erforschte und dunkelste Teil unseres Wissens
von den Siphonophoren ist. Noch heute wie damals sind „einzelne bestrebt, diese Lücke durch Vermutungen
auszufüllen“. An dieser Tatsache hat die Zeit wenig geändert. Unsere Kenntnisse namentlich
der larvalen Verhältnisse sind mehr wie dürftig geblieben, und trotzdem stützt sich hauptsächlich
auf sie die ganze jetzige Auffassung des morphologischen Aufbaues und der Organisation
der Siphonophoren. Und sie sind es auch, die die Hauptgrundlage für die phylogenetische Ableitung
und Entwicklung dieser merkwürdig vielgestaltigen Ordnung bilden. Diese auffallende Disproportion
zwischen Theorie und Tatsachen hängt in der Hauptsache mit den ungewöhnlichen Schwierigkeiten
zusammen, die die Beschaffung entsprechenden Materiales bereitet. Alle Forscher sind sich über
die geringen Erfolge ihrer diesbezüglichen Bemühungen einig. So sind auch meine eigenen
Züchtungsversuche mehr oder weniger gescheitert.
Von D. sieboldi Kölliker allerdings konnte ich im Frühjahr 1913 in Villefranche und 1914 in
Neapel nahezu reife Kolonien ich gebrauche das Wort „Kolonie“ , ebenso wie „Organe“, im folgenden
aus Bequemlichkeit, und lasse vorläufig die Frage ganz beiseite, ob die Siphonophoren als Kolonien
oder als Einzelindividuen aufzufassen sind S beschaffen, die Beendigung der Entwicklung der Cor-
midien und deren Ablösung als Eudoxien beobachten und letztere bis 14 Tage am Leben erhalten.
Reif waren sie trotzdem nicht. Bei Eudoxien-produzierenden Formen ist nämlich, das muß gleich
hier betont werden, zweierlei Reife zu unterscheiden. Die Reife der Kolonie, die zur Ablösung der
Cormidien führt, und jene der Eudoxie, die eigentliche Geschlechtsreife. Beide treten, nach meinen
Untersuchungen, je nach der Art zu sehr verschiedenen Zeiten ein, früher oder später, wobei allerdings
auch die Jahreszeit, die Witterung, vielleicht das Geschlecht von Einfluß sind. Dementsprechend
trennt ein längerer oder kürzerer Zeitraum beide Stadien, wodurch die Untersuchung entsprechend
erschwert oder erleichtert wird. So waren damals in Neapel in den Monaten März und April, die sehr
kalt waren, die frisch abgelösten Eudoxien noch sehr weit von der Reife entfernt, d. h. klein und
der Klöppel noch ganz unentwickelt; das gleiche war der Fall im vergangenen, ebenfalls sehr kalten
Frühjahr in Villefranche. Mitte Mai dagegen, als das Wetter wärmer wurde, traten auch Kolonien
mit älteren Cormidien auf, die daher dicht vor der Geschlechtsreife standen. Diese Eudoxien waren
entsprechend größer, oft nahezu doppelt so groß, und das Manubrium füllte als langer, dicker Zapfen
die Sübumbrella bereits ziemlich aus. Die vollständige Reife erfolgte dann ganz rasch, in wenigen
Tagen, und wäre die Befruchtung hier wahrscheinlich gelungen (ich mußte damals abreisen), während
bei den anderen Eudoxien alle diesbezüglichen Bemühungen daran scheiterten, daß es absolut nicht
Zoologie». Heft 7S. i