Gallen, welche zu Z u c h t z w e c k e n dienen sollen, dürfen nicht zu jung eingesammelt
werden. Nach einiger Übung wird der Sammler in der Lage sein, zu beurteilen, ob die Auswanderung
der Larve aus der Galle oder ihre Verwandlung zur Puppe bald zu erwarten ist. Bei manchen Mückengallen
wird es sich, um diese Beurteilung zu ermöglichen, allerdings nicht umgehen lassen, die Galle
aufzuschneiden. Da sich aber Mückengallen meist in größerer Anzahl nahe beieinander finden, so
kann man einige derselben ruhig opfern.
Ob man die Gallen für das Herbarium oder zur Zucht des Erzeugers sammelt, in keinem Falle
sollte man nur ein einzelnes Blatt oder Blattstück, an welchem sich die Galle befindet, abschneiden,
sondern stets kleine Zweige. Ganz zu verwerfen ist das Abpflücken der bloßen Gallen. Nach derartigen
Objekten kann man mit Sicherheit nie die Stellung und die Art des Vorkommens der Galle
an der Pflanze beurteilen, und zur Zucht der Gallenerzeuger sind sie meist durchaus unbrauchbar.
Wer in außereuropäischen Ländern sammelt, soll, wenn eben möglich, den Gallen Blüten
oder Früchte der Nährpflanze beifügen. Nur in diesem Falle ist es möglich, später die Pflanzenart
zu bestimmen. Gallen, deren Nährpflanze unbekannt bleibt, sind fast wertlos.
Es empfiehlt sich nicht, während einer S a m m e l r e i s e verschiedene Gallen, die man zur
Zucht der Erzeuger verwenden will, in einer Sammelmappe oder Botanisiertrommel beieinander aufzuheben,
so daß sie sich gegenseitig berühren. Viele der durch das Abschneiden der Galle gestörten
Larven wandern, besonders wenn sie nahezu ihre volle Entwicklung erreicht haben, gerne aus und
gehen zuweilen auf andere Gallen über, wenn verschiedene Arten dicht zusammenliegen. Auf diese
Weise können sehr unangenehme Verwechslungen hervorgerufen werden. Es empfiehlt sich vielmehr,
entweder die Gallen in Form eines Straußes mitzunehmen oder, will man auf Mappe oder Trommel
nicht verzichten, jede Gallenform sogleich beim Sammeln so in Papier zu wickeln, daß ein Entweichen
der Larven oder ein Zuwandern fremder Larven unbedingt ausgeschlossen ist. Der Transport der so
gesicherten Gallen in Mappe oder Trommel hat vor demjenigen in Straußform den großen Vorzug,
daß die auswandernden Larven nicht verloren gehen. In der Trommel halten sich so aufbewahrte
Gallen mehrere Tage durchaus frisch. Handelt es sich um größere Ausflüge von mehreren Tagen,
so empfiehlt es sich, die Gallen zunächst in feuchtes Fließpapier und dann in Pergamentpapier einzuwickeln
und die Enden des Päckchens mehrmals scharf umzuknicken. Von so verpackten Gallen
kann man die verschiedensten Arten dicht beieinander legen, was bei Reisen oder Postsendungen
ja sehr wünschenswert ist. Von O t t o J a a p , einem unserer erfolgreichsten, leider verstorbenen
Sammler, erhielten mehrere deutsche Spezialisten so verpackte Gallen in größerer Zahl als Mustersendungen
selbst aus Dalmatien. Sie kamen stets alle so frisch an, daß sie sich noch ausgezeichnet
zur Zucht der Erzeuger eigneten.
Die für die Sammlung bestimmten Gallen werden, wie gesagt, in einer konservierenden Flüssigkeit
(Alkohol oder Formalin) auf bewahrt oder zwischen Löschpapier leicht gepreßt. Das Pressen
hat den Vorzug, daß man auf verhältnismäßig kleinem Raum eine größere Menge von Gallen auf-
bewahren kann. Auch hier führt nur die Fülle zur Klarheit. Reichlich eingetragenes Material kann
späteren Bearbeitern Aufschlüsse geben, die durch eine spärliche Sammlung hie zu erhalten sind.
Dem Sammler, auch wenn ihm nicht die Räume und Mittel eines Museums zur Verfügung stehen,
ist. die Möglichkeit gegeben, bei derartigen Trockenpräparaten Entwicklungsformen und Fundorte
in seiner Sammlung in größerem Umfange zu berücksichtigen. Will er sich außerdem noch eine
Sammlung von Alkoholgallen zulegen, so genügen für seine Zwecke meist Röhrengläschen, in welche
die losgelöste Galle oder unter Umständen Teile derselben eingeschoben werden. Um sie vor dem
Austrocknen zu schützen, fügt man dem Alkohol etwas Glyzerin zu oder man steckt eine Anzahl der
mit einem Wattepfropfen geschlossenen Röhrchen in ein größeres, mit Alkohol gefülltes Glas, nachdem
man in jedes Röhrchen einen Zettel mit allen nötigen Angaben über Art der Galle, Herkunft usw.
eingefügt hat. Man kann die Gallen auch frei trocknen lassen, ohne sie zu pressen, und dann in Kästen
aufbewahren. Diese Art des Konservierens empfiehlt sich aber nach den Erfahrungen mehrerer
Forscher nicht, da die Präparate sehr zerbrechlich sind, durch das Krümmen der Blätter beim Trockenwerden
der Pflanzen die Gallen oft verdeckt werden und die so konservierten Gallen außerordentlich
viel Platz in Anspruch nehmen und unansehnlich sind. Auch die in Sand getrockneten Gallen, die,
wenn es sich nicht um sehr saftige Gallen handelt, wohl ihre Form bewahren, meist aber im Laufe
der Zeit, besonders wenn sie dem Lichte ausgesetzt werden, ihre Farbe noch mehr verlieren als die
gepreßten Gallen, nehmen viel Raum in Anspruch. Das Verfahren ist zudem sehr zeitraubend und
setzt viel Übung voraus.
Die Z u c h t d e r C e c i d o z o e n , der gallenerzeugenden Tiere, ist je nach der Art der Verwandlung
eine verschiedene. Am einfachsten gestaltet sie sich bei denjenigen, weiche ihre ganze
Verwandlung in der Galle bestehen, wenn man die Gallen sammelt, nachdem sich die Larven bereits
verpuppt haben oder nahe vor der Verpuppung stehen. Dies ist leicht möglich bei allen Arten der
1. Abteilung der Asphondylidi, bei den meisten Arten aus der näheren Verwandtschaft von Rhopa-
lomyia, allen Rhabdophaga-, Hormomyia- und Oligotrophus-Aiten, fast allen Lasiopteridi sowie allen
in den Gallen überwinternden Arten.
Sammelt man derartige Gallen nach der Verpuppung der Larven, so kommen die Mücken in
der Regel auch dann zur Entwicklung, wenn man die Gallen trocken in das Zuchtglas legt. Will
man des Erfolges ganz sicher sein, so steckt man die Zweige, an denen sich die Gallen befinden, in ein
Glas Wasser und setzt sie mit diesem in das Zuchtglas, oder man legt kleine Fruchtgallen, wie z. B.
diejenigen von Semudobia betulae Wtz. oder die Achenengallen von Clinorhyncha auf eine Schale mit
feuchtem Sande.
Schwieriger gestaltet sich die Zucht derjenigen Arten, deren Larven zur Verwandlung in die
Erde gehen, und am schwierigsten ist die Zucht derjenigen Arten, die im Laufe eines Jahres nur eine
Generation haben und sich in der Erde verwandeln. Bei Arten mit mehreren Jahresgenerationen,
die sich in der Erde verpuppen, tu t man gut, nicht die überwinternde Generation zu züchten, da sie
mehr Schwierigkeiten verursacht als die vorhergehenden, bei denen die Mücken einiger Arten manchmal
schon 8 Tage nach dem Auswandern der Larve ausschlüpfen. Bei Arten, deren Verwandlungsweise
man nicht kennt, wird die Zucht wiederholt werden müssen, bevor man die nötigen Aufschlüsse über
die Art der Verpuppung, die Zeit, wann die Galle zu Zuchtzwecken am vorteilhaftesten zu sammeln
ist, usw. erhält.
Kennt man den für die Zucht geeigneten Zeitpunkt, so schneidet man den mit Gallen besetzten
Pflanzenteil möglichst weit unterhalb der Galle ab. Es ist empfehlenswert, die eingesammelten
Pflanzen zu Hause oberhalb der ersten Schnittfläche noch einmal einige Zentimeter unter Wasser
oberhalb eines Zweigknotens abzuschneiden, da die Gallen dann dem Welken weniger ausgesetzt
sind. Schon beim Einsammeln der Gallen achte man darauf, ob sich an den abgeschnittenen Zweigen
nicht noch andere Gallen befinden. Auch wenn diese zufällig vorhandenen Gallen von Milben, Blattläusen,
Wespen usw. erzeugt werden, ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß in ihnen Gallmückenlarven
als Inquilinen oder Schmarotzer vorhanden sind, die besonders der wenig erfahrene
Züchter dann leicht für die Erreger der Galle hält. Alle diese fremden Gallen müssen daher möglichst
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