
förmigen Organ, das der Haarzwiebel funktionell entspricht. Jeder der Borstenspitze begegnende
Widerstand muß sich als Druck über die ganze Länge der Borste fortpflanzen, muß so im retortenförmigen
Organ als Druckreiz rezipiert werden können. E s s c h e i n t m i r k e i n Z w e i f e l
d a r ü b e r zu b e s t e h e n , d a ß d i e S t e c h b o r s t e n n e b e n i h r e r F u n k t i o n a l s
S t e c h - u n d S a u g o r g a n e a u c h a l s „ T a s t b o r s t e n “ f u n g i e r e n . D i e s i c h e r e
F ü h r u n g , d i e d i e S t e c h b o r s t e n i n i h r e r g a n z e n L ä n g e h a b e n , m a c h t
e i n A u s w e i c h e n d e r B o r s t e n i n i r g e n d e i n e r R i c h t u n g unmö g l i c h g f j j e d e r
W i d e r s t a n d m u ß a l s o a l s D r u c k r e i z i n d e n r e t o r t e n f ö r m i g e n O r g a n e n
r e z i p i e r t w e r d e n k ö n n e n .
Die c h e m i s c h e n R e i z e können dagegen meines Erachtens nicht durch die Stechborsten
rezipiert werden; die retortenförmigen Organe, die als einzige Teile der Borsten überhaupt lebende
Zellen enthalten, können mit dem Nahrungssaft in keiner Weise in Berührung kommen, liegen sie
doch ganz abseits vom Nahrungskanal und Mund in der Kopfhöhle.
Wohl aber kann man die B o r s t e n a l s V e r m i t t l e r bei der Rezeption der chemischen
Reize betrachten, wenn man nämlich bedenkt, daß durch sie der Nahrungssaft in die Mundhöhle
steigt und dort unmittelbar mit den auf p. 42 geschilderten Sinnesorganen in Berührung kommt,
noch ehe er die Mundpumpe erreicht. Wie aus Z w e i g e l t s Untersuchungen hervorgeht, fließt
beim Stechen der Speichel ununterbrochen durch den Speichelkanal in den Stichkanal. Zweifellos
beginnen die Saugorgane ebenfalls sofort nach dem Einstich zu arbeiten und durch den Nahrungskanal
steigt nun ununterbrochen ein aus Speichel und Pflanzensaft gemischter Nahrungsstrom in
die Mundhöhle, wo er zunächst an den unmittelbar vor und auf den Mundknöpfen hegenden Sinneszellen
SZ vorbei passieren muß. Die chemische Qualität des Saftes wird also, sofort nach dem Einstich
— zum Auf steigen ist natürlich keine lange Zeit nötig — und weiter im ganzen Verlauf des
Stichs durch diese Sinneszellen geprüft; jede Bewegung der Stechborsten kann die Qualität ändern;
die Weiterbewegung der Borsten wird je nach der Art der rezipierten chemischen Reize abgeändert,
g e r i c h t e t werden können.
Es handelt sich, mit anderen Worten, um einen C h e m o t r o p i s m u s , der allerdings nicht
auf die Bewegungen des ganzen Tiers, sondern lediglich auf diejenigen eines Organs, des Stechborstenbündels,
sich erstreckt und es ist dabei ganz gleichgültig, ob der Reiz, der auslösend und
richtunggebend wirkt, von dem sich bewegenden Organ selbst oder von einem ändern rezipiert wird,
wenn nur dafür gesorgt ist, daß eine Leitung der Reizstoffe nach dem Rezeptor sicher und ununterbrochen
erfolgt. Eine ununterbrochene Leitung ist nötig, da jede Weiterführung der Borste nur auf
Grund der zuletzt rezipierten Reize erfolgen kann. Was Z w e i g e l t nur mit einer Funktion der
Stechborstenspitzen als Sinnesorgane erklären zu können meinte, die Tatsache, daß eben diese Spitzen
ihren Weg im Pflanzengewebe so sicher finden, ist in der Tat damit zu erklären, daß das Stechborstenbündel
nicht nur Stechorgan, sondern zugleich Saugorgan ist und daß an Stelle einer nervösen
Reizleitung von der Stechborstenspitze nach den Zentren eine L e i t u n g d e r R e i z s t o f f e
nach einem anderen Rezeptor auf dem Weg durch das Stechborstenbündel stattfindet.
C h e m i s c h e u n d t a k t i l e R e i z e s t e u e r n a l s o d a s S t e c h b o r s t e n b ü n d e l
i n n e r h a l b d e r P f l a n z e , b e i d e w e r d e n a b e r n i c h t v o n d e r S t e c h b o r s t e n s
p i t z e r e z i p i e r t , s o n d e r n n u r v o m B ü n d e l w e i t e r g e l e i t e t , a b e r n i c h t
a u f n e r v ö s e m W e g . D i e t a k t i l e n R e i z e w e r d e n e i n f a c h a l s D r u c k i n d e r
L ä n g s r i c h t u n g d e s B ü n d e l s f o r t g e p f l a n z t u n d v o n d e n r e t o r t e n f ö . r -
m i g e n O r g a n e n r e z i p i e r t , d i e c h e m i s c h e n R e i z e w e r d e n i n n e r h a l b
d e s B ü n d e l s , i m N a h r u n g s k a n a l i n G e s t a l t d e r R e i z s t o f f e s e l b s t g e l
e i t e t u n d e r s t v o n d e n S i n n e s o r g a n e n d e r M u n d h ö h l e r e z i p i e r t .
3. D e r S p e i c h e l f l u ß .
Genaueres über die Bedeutung des Speichels kann erst weiter unten bei der Besprechung des
Saugakts und nach der Besprechung des Baus der Speicheldrüsen beigebracht werden, hier möchte
ich mich darauf beschränken, die Mechanik des Speichelflusses, insbesondere die Funktion der Speichelpumpe
klarzulegen.
Die Speicheldrüsen und ihre Ausführgänge besitzen keine eigene Muskulatur, können infolgedessen
das Sekret auch nicht auspressen. Hier greift die Speichelpumpe ein, die als einfache Diaphragmakolbenpumpe
funktioniert. Die Cupula ist der Pumpenstiefel, das Pistill der Kolben, das Diaphragma
wird durch den elastischen apikalen Teil der Cupula vertreten. Ziehen die beiden starken Retractoren
(m. retr. pis^ u. 2) das Pistill zurück, so entsteht innerhalb des Hohlraums der Cupula ein luftverdünnter
Raum, durch den Speichelgang (SpG7) und die 2 Pumpengänge (PG) wird der Speichel in
den Hohlraum der Pumpe hineingezogen. Der als Diaphragma wirkende apikale Teil der Cupula
schnellt nun, wenn die Retractoren nachlassen, mit Unterstützung der Dilatatoren der Cupula das
Pistill in die Cupula zurück, der Speichel wird durch die Pumpengänge in den Speichelgang des
Hypopharynx (SpG) und durch diesen, der an der feinen Spitze des Hypopharynx ausmündet, in den
Speichelkanal der maxillaren Stechborsten getrieben. Voraussetzung für diese Tätigkeit sind zwei
Ventile am Übergang der Pumpengänge in den Speichelgang. G e i s e h a t diese bei den Hydrocoriden
festgestellt; bei meinem Objekt konnte ich, infolge seiner geringen Größe, sie nicht nachweisen, doch
ist mit Sicherheit anzunehmen, daß sie sich in ähnlicher Ausbildung wie bei den Hydrocoriden finden.
Daß das Zurückschnellen des Pistills in erster Linie durch die Elastizität des Diaphragmas bewirkt
wird, geht schon aus der geringen Stärke der Dilatatoren der Cupula hervor, die nur die Form
der Cupula etwas zu beeinflussen vermögen und insofern den Retractoren entgegenwirken.
Wenn die Kontraktion und das Erschlaffen der Retractoren unmittelbar aufeinanderfolgend sich
wiederholt, muß ein ununterbrochener Speichelstrom durch die Hypopharynxspitze in den Speichel-
kanal der Stechborsten fließen und an deren Spitze, an der öhrartigen Öffnung (Text-Abb. 2 e) austreten.
In den Stichkanal ergießt sich also dauernd Speichel, der die Stechborsten umfließt und nach einiger
Zeit ( B ü s g e n , Z w e i g e l t ) zu einer ziemlich festen Scheide erhärtet, die die Sicherheit der
Stichführung erhöht und auch nach Verlassen des Stichkanals in diesem verbleibt. Natürlich wird
ein Teil des Speichels, dem (n. Z w e i g e 11) die Fähigkeit zuzusprechen ist, mit Hilfe eines Diastase-
ähnlichen Ferments Stärke in Zucker überzuführen, mit dem Pflanzensaft zusammen als Nahrungssaft
im Nahrungskanal der Stechborsten aufwärts steigen. Da der Speichel sich mit Safranin färben läßt,
konnte schon Z w e i g e l t im fixierten und gefärbten Stechborstenbündel so zwei rosa gefärbte
Fäden nachweisen, eben den Nahrungsstrom und den abwärts gerichteten Speichelstrom.
4. D e r S a u g a k t .
In seiner überaus aufschlußreichen Arbeit über das Saugphänomen der Blattläuse hat Z w e i g e 11
bei der Besprechung der älteren auf den Saugakt der Rhynchoten bezüglichen Literatur scharfe
Kritik an den Behauptungen der betreffenden Autoren ( M a r e k , W i t l a c z i l , L e o n , We d de,
Zoologica. Heft 76.