
Tier einen Druck auf das Deckglas ausübt, bekommt man häufig das Bild, das Abb. 7 zeigt, man sieht
den Anteclypeus und die Lamina mandibularis etwas auseinandertreten und erkennt, daß die letztere,
wie das Schema Abb. 8 d und e zeigt, in ihrem distalen Teil nichts anderes als ein Lappen oder Zapfen
ist, der sich seitlich an die Mundhöhle legt. Beim unverletzten Tier ist der Spalt, der zwischen dem
Anteclypeus und der L. mand. in die Mundhöhle hineinführt, allerdings stets fest verschlossen, indem
beide Teile sich mit glatten Flächen eng aneinander legen (siehe Schnitte Text-Abb. 3 a, b), die Saugorgane
haben also hier, nach der Seite zu, den nötigen dichten Verschluß. Im tiefsten Teile der den
Spalt bildenden Falte läuft die obengenannte Verdickungsleiste (Lst), die also gleichzeitig die Basis
der Frontfläche der Lam. mand. bezeichnet. Die Lamina mandibularis ist also nichts anderes als
ein mit der einen Seite seiner Basis mit dem Postclypeus verwachsener, von ihm aber doch deutlich
unterscheidbarer Höcker, die, ähnlich wie der Clypeus in seiner distalen Hälfte doppelwandig, sich
seitlich an die Mundöffnung legt. S n o d g r a s s sagt zwar, die Lamina mandibularis sehe bei den
Aphiden wie ein Teil des Clypeus aus, im Gegensatz zu Cicada, wo eine hohe Leiste beide immer
leicht trennbar mache, es wurde jedoch oben schon festgesbellt, daß eine solche, wenn auch niedrige
Leiste, ebenso wie eine äußere Naht, auch bei den Aphiden vorhanden ist.
Diese Leiste, die den Hinterrand des Postclypeus bezeichnet, setzt sich auf den freien dorsalen
Rand der Lamina mandibularis fort, wird hier hoch und flach und bildet ein kräftiges Apodem, das
wegen seiner lateralen Lage am Kopf als Seitenapodem (Ap 1, Abb. 8, 9) bezeichnet werden soll
und mehreren starken Muskeln als Ansatzfläche dient. Von diesem Apodem, das nichts anderes als
eine Falte der Cuticula darstellt, geht an der Stelle, wo der Postclypeus und die Lamina mandibularis
aneinandergrenzen, ein Arm des weiter unten zu besprechenden Tentoriums (Tt d Abb. 9 c) aus.
Morphologisch ist die Lamina mandibularis, die von allen neueren Autoren seit M a r 1 a 11
so benannt wird, als Gena zu bezeichnen ( S n o d g r a s s , Mu i r ) oder wenigstens als Homologon
eines Teils der Genalregion der kauenden Insekten.
3. D i e L a m i n a e m a x i l l a r e s (L. max) .
Hinten bezw. ventral schließen sich an die Laminae ’mandibulares die Laminae maxillares, deren
Form am besten in Abb. 7 und 9 erkennbar ist. Sie sind zapfenförmig wie die Laminae mandibulares,
aber nicht ganz so einfach wie diese, vielmehr bestehen sie aus einem abgerundeten und breiten
proximalen Teil, dem ein spitzer, vielleicht dem Maxillartaster der übrigen Insekten entsprechender
Teil auf sitzt. Von den Laminae mandibulares sind die Laminae maxillares durch eine tiefe Falte
getrennt, in deren Grund die mandibularen Stechborsten verlaufen. Von der Basis der Borsten, mit
ihr gelenkig verbunden, läuft als oberer Rand der genannten großenteils weichhäutigen Falte ein
kräftiger, geschwungener Chitinstab, der Pro traktorarm der Mandibel (Lj), der in den Abbildungen
8 und 9 erkennbar ist, ebenso wie auf dem Schnitt Abb. 12 a. Er artikuliert an der Basis der Falte,
d. h. an der Grenzstelle zwischen L. mand. und L. max., die in Abb. 7 b mit * bezeichnet ist, wirkt
als einarmiger Hebel und dient als Vermittler der Bewegung der mandibularen Stechborsten, deren
Basis er gleichzeitig in bestimmtem Abstand von der seitlichen Kopfwand hält. An derselben Stelle
setzt auch der ventrale Arm des Tentoriums (Tt v') an, es treffen also hier drei Innenskelettgebilde
zusammen, das Seitenapodem, das Tentorium und der mandibulare Protractorarm.
Die Laminae maxillares beider Seiten treten an der Ventral-(Hinter-)fläche des Kopfes median
geradlinig zusammen (Abb. 9) und legen sich außerdem mit ihrer Dorsal-(Vorder-)fläche eng an
den Anteclypeus, dessen in Abb. 7 b schraffierten Teil sie beim unversehrten Tier bedecken. D a d
u r c h w i r d d e r V e r s c h l u ß d e r M u n d h ö h l e v o l l s t ä n d i g , A n t e c l y p e u s ,
O b e r l i p p e , L a m i n a e m a n d i b u l a r e s u n d L a m i n a e m a x i l l a r e s b i l d e n in
i h r e r G e s a m t h e i t d a s f e s t z u s a m m e n h a l t e n d e s c h n a b e l f ö r m i g e G e b
i l d e , das in Abb. 7 a sichtbar ist und, auseinandergelegt, das Bild von Abb. 7 b ergibt. An ihrer
Vorderfläche haben die Laminae maxillares je eine mediane Vertiefung, beide nehmen zusammengeschlossen
die Stechborsten wie in eine Halbrinne auf (s. p. 41 und Schema Abb. 10).
Wie Abb. 9 zeigt, ist der hintere Verschluß der Kopfspitze durch diesen Zusammenschluß der
Laminae maxillares in der Medianlinie erreicht. Diese spielen also, obwohl sie noch paarig und trennbar
sind, funktionell dieselbe Rolle wie das unpaare Labium der kauenden Insekten, was wohl darauf
zurückzuführen sein mag, daß das Labium der Rhynchoten durch seine Umbildung zur Stechborstenscheide
für diese Funktion ausfiel und so das ganze Hinterhaupt umgestaltet wurde. In der Tiefe
der Grenzspalte zwischen Lam. max. und Hypopharynx (s. p. 18) läuft, am besten auf Abb. 7 a
und 9 erkennbar, ein dem mandibularen Protractorarm entsprechender, allerdings schwächerer
maxillarer Protractorarm (L2), der mit der Basis der maxillaren Stechborsten gelenkig verbunden
ist.
Was die morphologische Deutung der Laminae maxillares betrifft, so betont S n o d g r a s s (1927,
1. c. p. 5) schon mit Recht, daß „evidently the entire plate can not be indentified closely with any
segmental region of the head“, seiner Meinung nach sind, außer der eigentlichen Maxille, die nach
H e y m o n s den Hauptteil der Lam. max. bilden muß, noch Teile der Postgena an ihrer Bildung
beteiligt: „the main part of the maxillary plate is probably the postgena“ , die Falte zwischen Lamina
mandibularis und Lamina maxillaris, in der der mandibulare Protractorarm liegt, hält er für
die Grenze zwischen Gena und Postgena.
4. D a s T e n t o r i u m (Tt).
Der Bau des Tentoriums, das ein System von Hohlstäben darstellt, ist am besten auf den Abbildungen
7—9 erkennbar. Auf der letzten sieht man, daß das Ganze aus einem unpaaren Querstab
und einem Paar von zweimal rechtwinkelig geknickten Seitenstäben besteht, die eben durch
den Querstab miteinander verbunden sind.
a) Der paarige d o r s a l e S e i t e n a r m d e s T e n t o r i u m s (Ttd) ist zwar ursprünglich
eine Röhre, aber im Laufe der Entwicklung so zusammengepreßt, daß der Querschnitt etwa die Form
eines T hat und kaum einen Hohlraum mehr auf weist, was für die Festigkeit zweifellos günstig
ist. Er entspringt an der Dorsalkante des Vorderkopfes, da, wo der Postclypeus und die Lamina
mandibularis aneinandergrenzen (Abb. 7 a), geht nach hinten oben innen in den Kopf hinein und
biegt dann plötzlich nach hinten unten außen etwa im rechten Winkel um. Die dorsalen Seitenarme
beider Seiten sind an dieser Biegungsstelle miteinander durch
b) den unpaaren, hohlen, im Querschnitt elliptischen Q u e r b a l k e n d e s T e n t o r i u m s
(Ttq) verbunden, auf dem der Pharynx ruht. Dieser Querbalken h a t am meisten seinen Charakter
als Einstülpung, als Röhre gewahrt und ist verhältnismäßig dünnwandiger und schwächer chitini-
siert als die ändern Seitenarme, weshalb er auch im geätzten Totalpräparat leicht zusammenfällt
oder gar abreißt. Es ist daher nicht immer möglich, an solchen Präparaten eine richtige Anschauung
vom Aufbau und der natürlichen Lage des Tentoriums zu gewinnen.
Zoologica. Heft 78. • I V I ' ~ 3