
Seltener sind diejenigen Cecidomyiden, welche Früchte bewohnen, ohne Deformationen hervorzubringen.
Hier sind besonders einige Cecidomyidi zu nennen, von denen die eine, Contarinia ascle-
piadis Gir., in den Fruchtkapseln von Cynanchum vincetoxicum, Contarinia pisi Wtz. und Clino-
diplosis lathyri Kffr, in den Hülsen von Leguminosen leben. Bei Contarinia pisi wird zuweilen über
eine Deformation der Fruchthülle berichtet; diese Mücke gehört also zu den Arten, die bald Gallen
erzeugen, bald nicht.
Soweit mit Sicherheit bekannt geworden ist, finden sich echte Gallenerzeuger nur in der ersten
Unterfamilie der Gallmücken, den Cecidomyinen. Mit Ausnahme der Wurzel finden sich Mückengallen
an allen Teilen der Pflanze, zuweilen auch unterirdisch an Knospen, wie z. B. die Gallen von
Geocryptabraueri Handl. auf Hypericum, Dasyneura galeobdobntis Wtz. auf Lamium galeobdolon, Ame-
trodiplosis auripes H. Lw. auf Galium, und man unterscheidet demnach Deformationen der Früchte und
Fruchthüllen, der Blüten und des Blütenstandes, der Sproßspitze, des Stengels und der Blätter. Das im
allgemeinen Teile dieses Werkes von Kü s t e r (p. 113 ff.) hierüber Gesagte gilt natürlich auch, für die
Cecidien der Gallmücken. Ob eine Galle als Frucht- oder Blütengalle, Blatt- oder Stengelgalle zu bezeichnen
ist, läßt sich nicht immer bestimmt sagen. Oft wird bei dem normalen Angriff auf den Stengel
auch das Blatt in Mitleidenschaft gezogen oder umgekehrt usw. usw. Die größte Verschiedenheit untereinander
zeigen die Blattgallen, die bald als Randrollung, Faltung, Kräuselung usw. oder als Gallen
von bestimmter Form auftreten. In letzterem Falle handelt es sich häufig um Ausstülpungen, Parenchymgallen
usw. Zu den interessantesten Gebilden dieser Art gehören ohne Zweifel diejenigen Gallen,
die sich bei der Reife vom Blatte loslösen, zur Erde fallen und ihrem Erzeuger bis zur Verwandlung
zur Imago Aufenthalt gewähren, wie dies z. B. bei den Gallen von Mikiola fagi Htg., Hartigiola annulipes
H. Lw., Didymomyia reaumuriana F. Lw., Rondaniella bursariaBr. u. a. der Fall ist. Auch die Stengelund
Sproßspitzengallen sind hinsichtlich ihrer Art und Form oft sehr verschieden. Bald erscheinen sie
als bauchige Verdickungen des ganzen Stengels oder Zweiges und die Larven sitzen im Marke oder Holz,
oder es sind Gallen von bestimmter Form und Größe meist an der Rinde usw. Während Sproßspitzengallen
sich oft nicht unwesentlich unterscheiden durch die Art der Verkrümmung und die Stellung der
aus der angegriffenen Knospe sich entwickelnden Blätter, zeigen Blütengallen meist größere Gleichförmigkeit.
Fast immer bleiben die verdickten Blütenknospen geschlossen und sind als solche noch an
der Pflanze zu finden, nachdem sich ihre nicht deformierten Altersgenossen und sogar jüngere Knospen
längst zu Früchten entwickelt haben. Bald sind in den deformierten Knospen nur die Staubblätter,
bald auch der Fruchtknoten deformiert, der sich nur in seltenen Fällen noch zu entwickeln vermag.
Zuweilen sitzt der Parasit nicht außen an den Fruktifikationsorganen und von der Blumenkrone
umhüllt, sondern im Innern des Fruchtknotens der deformierten Blüte, die so einen Übergang zu den
Fruchtgallen bildet. Bei letzteren ist entweder das Samenkorn selbst deformiert und beherbergt
dann in der Regel auch die Made, wie z. B. bei Semudobia betulae Wtz., oder es ist eine Deformation
der Fruchthülle, wie sie z. B. Asphondylia meyeri Liebei an den Hülsen von Sarothamnus hervorbringt.
In solchen deformierten Hülsen verkümmern die Samenkörner in- der Regel. Zu den an
Fruchthüllen gallenbildenden Cecidomyiden gehört auch Kaltenbachiella strobi Wtz., welche an der
inneren Seite der Zapfenschuppen von Picea excelsa Lk. kleine, beulenartige Verdickungen erzeugt,
während Resseliella piceae Seitn. in nicht deformierten Tannensamen oder frei in Fichtenzapfen,
Plemeliella abietina Seitn., meist mehrere Jahre als Larve in Fichtensamen lebt.
In der Regel ist jede Gallmücke auf eine bestimmte Nährpflanze angewiesen, doch kommen
auch Fälle vor, daß nicht nur Arten, die keine Gallen bilden, auf verschiedenen Arten derselben
Pflanzengattung, ja sogar auf verschiedenen, wenn auch verwandten Pflanzengattungen leben, sondern
aueh-lichte GaUenbildner verhalten eich so. Von nicht gallenbildenden Arten ist hier eine der
wichtigsten die Larve von Thormsia oculiperda Rübs., die den Rosenzüchtern als roter Wurm oder
Okulaitemnade wohl bekannt ist und die nicht nur an Veredlungsstellen frisch okulierter Rosen,
sondern auch an gepfropftem Kemobste (Äpfeln, Birnen, Quitten) vorkommt und an Himbeeren das
Auf platzen der Rindffjiswirkt. Blütengallen an verschiedenen, wenn auch verwandten Pflanzengattungen'
erzeugt z. stemi Karsch, die .sowohl auf Lychnis (Melandryum) als auch
auf Saponaria pfficinalis voikommtsf^ontarmuiinasturtn Kffr, lebt in den deformierten Blüten von
Nasturtium (Roripa) und Raphanus.
Beispiele, daß ein und dieselbe Mückenart an derselben Pflanze verschiedenartige Gallen hervorr
ruft, s i n d nicht selten.: Ä erzeugt, z. B. WachtheUa perswanae L auf Polygonum amphibium sowohl
dickfleisdhige, meist rosenrot gefärbte Blattrollen als auch BUitondoformationer.; Daaym ura glechomae
Kffr, erzeugt auf Glechoma hederacea SproÄpiizendeformationen und Blütengallen; dasselbe ist
der Fall bei Wachtliella lychmdis Heyd. auf Lychnis (Melandryum), Dasyneur'i simitis Mik auf
Veronica scutellata usw.
Während: bei manchen Arten, beide Gallenformen von jeder Generation der Mücke erzeugt
werden können, erzeugt bei anderen Arten die erste Mückengeneration die eine, die zweite die. andere
Deformation. Dies ist stets dort der Fall, wo die Mücke der ersten Generation mit einer bestimmten
Ent^pklungsperiöde der Pflanze zusammentrifft, ®e beim Auftreten der zweiten Mückengeneration
fehlt, wie z. B. bei Rhabdophaga hetemUa H. Lw., deren erste Generation die Kätzchen deformiert,
während die zweite Generation, bei deren Erscheinen die Blütezeit Von Salix amygdalina vorüber
ist,, eine SproBspitzemieformatioti bewirkt. Zu diesen Arten gehören wohl atiish viele Arten der
AsphmdyMaäSrmppe, deren erste Generation Knospengallen bewirkt, während die zweite Generation
sehr wahrscheinlich die Fruchtgallen verursacht, die man heute, noch besonderen Asphondylia-Ane.n
zuschreibt.
Daß die Gallmücken in der angegebenen Richtung eine gewisse Anpassungsfähigkeit besitzen,
uütertiegt keinem Zweifel. Ob diese Fähigkeit nicht viel großer mtffjp wir annehmen, ( « m it dem
Wedttel.:der..Nährpflanze oder der Verschiedenartigkeit des Angriffes auf ein und dieselbe Pflanze
auch morphologische Abweichungen oder Farbenänderungen des Parasiten bewirkt werden, kann
nur durch experimentelle Untersuchungen iestgestelt iWSetei.
V iÄ Larven verwandeln sich an ihrer Wohnstätte auch zur . Puppe und Imago, während andere
Arten in die. Erde wandern, um ilptäi ü » Verwandlung §1 bestehen.
Von den gallenerzeügenden Cecidomyiden sind, manche Gattungen auf bestimmte Pflanzenfamilien
angewiesen, sö‘ zi B. leben die Arten der Gattung Rhopahmyia und Cystiphora alle auf Kompositen,
Pomnyia und Mayetiola auf Gramineen, Rhabdophaga auf Salieaceen und das Vorkommen
mancher Mückengattungen ist sogar auf bestimmte Pflanzengattungen beschränkt; so lebt Harmandia
nur auf Populus, OKgotrophus nur auf Junipeims, , Hormomyia nur auf Carex. Nach amerikanischen
Mitteilungen ¡Rollen allerdings Vertreter gewisser Gattungen, die . in Europa auf eine bestimmte
Pflanzengattung angewiesen sind, in Amerika auch auf anderen Pflanzenfamilien leben. Indessen
bleibt die Bestätigung dieser Angaben abzuwarten. Wahrscheinlich wird sich bei genauerer Untersuchung
herausstellen, daß diese amerikanischen Cecidomyiden nicht zu den Gattungen -gehören,
in welche man sie bisher einreihte. Auch die auf einer bestimmten Pflanzenfamilie oder Gattung
lebenden Mückenarten, deren Verwandtschaft auf ganz anderen .Pflanzenfamilien lebt, zeigen unter