
giten gleichgestellt (Textfig. 4) und diese dienen nach L. W e b e r als Blasebalg für den Geschlechtsapparat.
Ob und wie weit mit der Vergrößerung des Brutraumes eine g e s t e i g e r t e F r u c h t b a r -
k e i t , also Vermehrung der Nachkommenzahl, eintritt, ist nicht so ohne weiteres ersichtlich und
bedarf eingehender Untersuchung; einstweilen läßt sich nur folgendes sagen: die Zahl der Eier geht
nicht der Größe der Tiere, sondern der Größe der Eier selbst parallel. Bei Timarcha coriaria Laich,
fand ich nur 13, aber sehr große Eier, bei der viviparen Chrys. varians Schall, im Höchstfall 40,
L. W e b e r bei Agelastica alni L. 281, bei Gastroidea viridula Geer. 781, bei Galeruca 600—900 Eier.
Die Ovoviviparität, die stets eine Beschränkung der Eierzahl zur Folge hat, könnte ja die geringe
Anzahl der Eier bei varia/ns erklären, aber die wenigen Rieseneier bei Timarcha sollen nach L. W e b e r
in ziemlich unvollkommenem Zustande abgesetzt werden, was also gegen die Annahme spricht, daß
mit der Vergrößerung des Brutraumes eine gesteigerte Fruchtbarkeit verbunden sein müsse.
Große Fruchtbarkeit setzt große Kraftquellen voraus. Die histolytische Analyse der Flugmuskeln
bringt natürlich neuen Betriebsstoff, der zur Steigerung der Fruchtbarkeit verwandt werden
kann. Aber enorme Fruchtbarkeit, wie bei den eben genannten Pflanzenfressern oder gar wie bei
Ameisen-, Termiten- und Bienenkönigin, erklärt sich nur durch Zufuhr der nötigen Nahrungsmittel
von außen; bei der Bienenkönigin wird zudem die Flugmuskulatur nicht abgebaut. Eine andere
Quelle sind Reservestoffe, so bei den ihre Kolonien unabhängig gründenden Formicinen, so bei Drilus
flavescens Foucr., der als Imago keine Nahrung aufnimmt; hier schwankt je nach der Menge der im
letzten Larvenstadium auf gespeicherten Reservestoffe die Zahl der Eier des einen und einzigen Geleges
zwischen 5 6 und 450—600 ( R ü s c h k a m p 1920). D e m n a c h s p i e l t B e h a r r e n
o d e r A b b a u d e r F l u g m u s k u l a t u r u n d di e e r s p a r t e S t o f f w e c h s e l e n e r g i e
d e s F l u g e s b e i e n o r m e r F r u c h t b a r k e i t k e i n e ode r e i ne n u r n e b e n s ä c h l
i c h e R o l l e ; b e i g e r i n g e r F r u c h t b a r k e i t , n a m e n t l i c h w e n n k e i n e
N a h r u n g m e h r a u f g e n o m m e n w i r d , k a n n di e Hi s t o l y s e de r F l u gmu s k e l n
d i e B e t r i e b s e n e r g i e d e r R e s e r v e s t o f f e u n d s o m i t d i e F r u c h t b a r k e i t
s t e i g e r n . Dies müssen wir im Auge behalten, wenn später die Frage zu erörtern ist, ob vielleicht
eine Tendenz zu gesteigerter Fruchtbarkeit im ursächlichen Zusammenhang mit der Rudimentation
des Flugapparates steht.
Hiermit stehen wir am Ende des ersten Teiles unserer Abhandlung, der sich mit dem Flugapparat
flugfähiger Käfer befaßte und darauf den Abbau des Flugapparates flugunfähiger Käfer in seinem
Verlaufe schilderte. Wir kommen damit zum zweiten Teile. Bevor die Frage nach Vorbedingung und
Ursache dieser Rückbildungserscheinungen beantwortet wird, betrachten wir zunächst die Verbreitung
der Flugtüchtigkeit, Fluguntüchtigkeit und Flugunfähigkeit bei den Käfern im allgemeinen und die
Stellung der viel berufenen Insel-, Gebirgs- und Höhlenfauna in der Gesamtfauna im besonderen.
II. Vorbedingung und Ursache der Rudimentation des Flugapparates.
II. 1. Flugtüchtigkeit, Fluguntüchtigkeit und Flugunfähigkeit in der Käferwelt.
Die Verbreitung der Flugtüchtigkeit ist in der Käferwelt im Vergleich zu ändern Insektenordnungen
außerordentlich gering. Flugleistungen von 6 Sekundenmeter, wie wir sie von manchen
Schwärmern kennen, dürften bei Käfern selten Vorkommen, die Flugleistung der Libellen von
15 Sekundenmeter, die selbst die Schnelligkeit der Schwalben übertrifft (Hdwb. d. Natw. V. 464),
und die sie 100 Kilometer weit auf die hohe See hinaustragen kann (Assmuth S. J . Ztsch. wiss. Insektenbiologie
1911. S. 100) niemals erreicht werden. Die große Masse der Käfer, soweit sie überhaupt noch
fliegen, sind schwerfällig, langsam und ungeschickt im Fluge, so daß sie selbst m it der unbewaffneten
Hand meistens leicht zu erbeuten sind. „Im allgemeinen“ , sagt E v e r t s (1903) mit Recht, „geben
die Käfer dem Gebrauch der Beine den Vorzug vor dem Gebrauch der Flügel. Selbst bei Aas-, Mist-
und Wasserkäfern usw., die gelegentlich über große Strecken fliegen, spielen die Flügel nur eine untergeordnete
Rolle im Vergleich zu ändern Insektenordnungen.“ Es mag daran z. T. das Danaergeschenk
der Elytren schuld sein. Im Gegensatz zu den immer flugbereiten Orthopteren, Hymenopteren,
Dipteren usw. ist es für die Coleopteren eine lästige und umständliche Sache, die kompliziert gefalteten
Alae zu strecken und in Fluglage zu bringen, und bei Dytisciden, Lamellicorniern u. a. ist vor dem Abflug
ein Aufpumpen des Tracheensystems erforderlich. Man muß sich eigentlich wundern, daß es
trotzdem bei Käfern hervorragende Flugleistungen gibt. Manche Trichopterychiden entfalten ihre
dreifach zusammengelegten Federflügel mit erstaunlicher Schnelligkeit, manche Gruppen der Bu-
prestiden und Elateriden sind als äußerst flüchtige Tiere bekannt; auch unter den Clytini, Lepturini,
Cerambycini, Donaciini finden sich Arten, die zu unsern besten Fliegern gezählt werden müssen.
Bei den Buprestiden sind die Flügel nur quer und nicht auch längsgefaltet, was ihre Flugbereitschaft
erhöht; das gleiche gilt von Lycus, Atrocerus, Necydalis u. a., bei denen die quergefalteten Alae unter
den stark verkürzten Elytren hervorschauen.
a) Der Mangel an Flugbereitschaft bringt es mit sich, daß die F l u c h t v o r d r o h e n d e r
Ge f a h r nur selten mit Hilfe der Flügel bewerkstelligt wird. Bei Käfern mit erdgebundener Lebensweise,
die ja das größte Kontingent der flugunfähigen Arten stellen, kommt Flucht durch Flug nur
ausnahmsweise vor, so bei den meisten Cicindeliden und einigen wenigen Trichopterychiden. Eine
mehr-minder große Flüchtigkeit findet sich ferner bei jenen Gruppen, die sich unter Rinden, im Holz
und Mulm der Bäume entwickeln, als Jungkäfer Blüten, Kräuter, Sträucher usw. aufsuchen und in
beiden Geschlechtern flugfähig sind. Dazu gehören beispielsweise und zwar an erster Stelle die meisten
Buprestiden und viele Elateriden, ferner einige Gruppen der Staphyliniden und Nitiduliden (Meli-
gethini!), manche Scarabaeiden, baumliebende Tenebrioniden und die meisten Cerambyciden.
Sehr bemerkenswert ist die Gewohnheit mancher Gruppen, sobald Gefahr im Anzuge ist, sich
fallen zu lassen und im Fall zum Fluge überzugehen. Schon bei Buprestiden macht sich diese Gewohnheit
bemerkbar, stärker bei Lepturini, Bruchidae, Anobiidae und Eumolpini. Unter den beiden zuletzt
genannten Gruppen verzichten manche bisweilen oder immer auf den Übergang zum Fluge während
des Falles. Beim Sammeln mit Klopfkeule und Klopfschirm kann man bei Vertretern aller in Frage
kommenden Familien beobachten, daß es zwar im Fall zum mehr-minder starken öffnen der Elytren
und Spreitzen der Alae, aber nicht mehr zum Fluge kommt, auch bei Arten, die an sich flugfähig sind.
Zoologica. Heft 75. 7