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j e t z t vorstoi'bcueii Di-, E. liicbock Vorbindungen eingegangen und versproclien, Wedcla-
Sohädel narh Berlin an Herrn Geheiuiratli Vircliow zu schicken. Als diese Sendungen
nicht erfolgten, weil wir uns selber die Rearbeitinig der mühsam erworbeneu Schätze vorgenommen
hatten und Herr Rosset seinen Antheil an der Sammlung uns käuflich ülicrliess,
zog uns dies einige Piemerkungen Virchow' s (19, p. 498) in den Verhandlungen der
Berliner anthropologischen Gesellscliai't zu, welche fast so klangen, als ob wir uureclites
Gut zurückbehalten hätten. Herr Geheimrath Virchow hat uns zwar brieflich iu freundlicher
Weise sein Bedauern darüber ausgedrückt, und wir würden auch diese Angelegenheit
nicht wieder berührt haben, wenn sie je in den Berliner-Verhandlungen berichtigt
worden wäre und wir niclit wiederholt privatim von Mitgliedern der dortigen anthropologischen
Geseflschaft interpelliert worden wären. In derselben Notiz (p. 497) flndet sich
ferner die unrichtige Angabe, dass unsere AVedda-Skelette aus Höhlen stammten; wir haliea
trotz mehrfachen Suchens niemals in einer Hohle Wedda-Kuochen gefunden. (Näheres
darüber später).
Von den Tamilen besitzen wir keine so gut bestimmte Schädelsammlung wie
von den Weddas; denn hier gieng es nicht wohl an, von den überlebenden Verwandten
die Personalien der Verstorlienen und Auszugrabenden aufzunehmen, was doch von grosser
Wichtigkeit gewesen wäre.
AVährend unseres mehrmonatlichen, zoologischen Arbeiten gewidmeter! Aufenthaltes
in Trincomali haben wir unsere Sammlung von Tamilen anzulegen Ijegonnen. Einige
Zeit vor unserer Ankunft hatten die Pocken eine Anzahl von Leuten irr den besten
Lebensjahren hinweggerafft, und Diese waren auf einem wüsten Gras- und Gestruppplatze
iir der Nähe des Meeres ohne Sorgfalt Irestattet worden.
Wir benützterr wiederum die heissen Mittagsstunderr, wälirend derer wir uns auf
dem gänzlich schattenlosen, sonnenverbrarrnten Platze völlig ungestört wussten und verschafften
uns im Laufe der Zeit 11 Schädel, welche, da sie fast alle Leuten im kräftigsten
Leliensalter angehört hatten, zu derr vollkommensten Stückeir urrserer Sammlung zähleu,
Einerr weitererr Schädel bekamen wir arr der Wendelos Bai nöi'dlich von Batticaloa, zwei
in Jaffna und ferrrer den einer Frau aus dem Spital irr Kandy. Der Letztere ist uns indessen
darum von geringerem Wertlie, weil er höchst wahrscheinlich der oben (p. 73) erwähnten
fluctuierenden, airs Indien Irerüberkornmenden Tamil-Bevölkerung entstammt,
während es uns hauptsächlich darauf ankam, die angesessenen Ceylon-Tamilen zu studieren.
Auf unserer zweiten Ceylon-Reise im Jahre 1890 hielten wir uns etwa 14 Tage
im tamilischen Batticaloa zu anthropologischeir Studien auf. Als die Leute dort erfuliren,
dass wir gerne Schädel hätten, wurden uns deren gleich so viele zugebraclrt, dass wir
wegen des im Rasthause entstehenderr Geruches weiteres Zutragen verbieten und uns mit
1 2 Schädeln begnügen rnussten.
Die Gesammtzahl unserer Tamil-Schädel beläuft sich also auf 27 Stücke, was
zwar eine ganz respectable Serie zu seirr scheiirt, in Wirklichkeit aber doch rroch lange
nicht gerrrigt, die Zusammensetzung der tarnilischen Varietät zu ergründerr. Erstlich ist
nänrlicli ilas Geschlecht der Schädel unbestimmt und in einer Arrzahl von Fallen auch
nicht sicher bestimmbar, wodurch der Werth der Sammlung bedeuterul herabgedrückt
wird, ujrd ferner sollten die Kasten genauer bekannt sein. Nach Ramanathan (Li,
p. 257) verbrennen die oberen Gesellschaftsclasserr der Tamilen immer noch ihre Todten;
es gilt dies aber doch wohl nur für die Brahmanen und die reichsten unter den Wellalas.
Die uriliemittelteren Wellalas, welche die grosse Menge derselben bilden, begraben ihre
Todten, wie uns denn auch in Batticaloa von den Leuten, welche uns die Schädel brachten,
und von beigezogenen Ortskundigen versichert wui'de, dass sie, zum Theil wenigstens,
vonr Todtenplatz der Wellalas stammten. Unsere TrinconTali-Schädel dürften dagegen,
nach der mangelhaften Art der Bestattung zu sclüiessen, Sutras gewesen sein.
Wir glauben demnach sagen zu dürfen, dass unsere Schädelsamrrdurrg wohl ein
gutes Dui-chschnittsbild der tamilischen Varietät mit Ausschluss der höchsterr Elemente
geben wird, dass es aber irr Zukunft, werrn eine sorgfältige Analyse der Componenten
dieser A^arietät ausgeführt werden soll, nothwendig sein wird, Sammlungen von Schädeln,
welche aufs genaueste nach Kaste, Herkunft und Geschlecht bestimmt sind, anzrrlegen,
eine Aufgabe, welche nur mit Unterstützung des Gouvernenrentes und mit Hilfe der Spitalärzte
befriedigend wird durchgeführt werden körrnen.
Von Singhalesen haben wir durch freundliche Erripfehlung der ersten medicinisclren
Autorität der Insel, Herrn W. R. Kynsey, zwei männliche Schädel aus dem Spital
irr Kandy erhalten. Die Leichen haben wir selbst gesehen und als die von guten Singhalesen
bestimmt. Zwei weitere männliche und zwei weibliche Schädel wurden im Spital vorr
Colombo auf die freundliche Vermittlrmg des Herrn Dr. J . D. Ma cdona l d hin für uns präpariert.
Dieselben wurden uns nach Europa nachgesandt, nrit Kasten-, Alters- und Herkunftsnachweisen
wohl ausgerüstet. Indessen stellte sich leider heraus, dass durch irgend ein Versehen
zwei urrrichtige Unterkiefer diese Sendung begleiteten, wodurch unser Vertrauen in
die Zuverlässigkeit der speciellen Angaben etwas erschüttert worden ist; immerhin sind
alle vier sichere Singhalesen-Schädel.
Endlich haben wir selber auf einer Heise vorr Colombo nach Ratnapura, also im
Herzen des Singhaleserr-Landes, 9 Schädel von Erwachsenen und den eines Kindes gesammelt.
Eur Verdacht, der, wie wir glauben, unbegründet ist, den wir aber doch aus.sprechen wollen,
hat sich secundär bei uns eingeschlichen. In der Nähe der Oi'te nämlich, wo wir die
Scliadel sammelten — sie wurden uns zrnn grössten Theil von Singhalesen zugetragen ,
befanden sich auch einige kleine Rodiya-Ansiedelungcn : es ist daher immerhin die Möglichkeit
nirlit ganz ausgesiddossen, dass vielleicht ein Rodiya-Schädel mit hinzugokonrm ur sein könnte,
mnvahrscheiidich es freilich ist, dass ein Singhalese die Reste eines Rodiya berühi'en würde.
Dem liaue nach liegt kein Gi'und vor, an der Aechtheit irgend eines unserer
Snighalesen-Schädel zu zweifohi, deren Zahl sich also, mit Einschluss der ans den Spitälern
^ori Colombo und Kandy erhaltenen, auf 15 erwachsene und einen jugendlichen beläuft.
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