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Der Anblick des Schauspieles berührt peinlich; die stiltig wachsende Aufregung
dieser schweissüberströuitcn Menschen, ihr endliches zu Boden Stürzen und ihr convulsivisches
Zittern, wie sie auf dem Rücken hingestreckt daliegen, verbunden mit dem immer lauter
und keuchender ausgestüssenen Geheul versetzt auch den Zuschauer in Aufregung, und
man hat sich einige Gewalt anzuthun, den wilden Reigen nicht zu unterbrechen, noch
bevor er sein convulsivisches Ende gefunden hat. Wir beobachteten den beschriebenen
Pfeiltanz bei den Weddas des Nilgaladistrictes. Diese gaben uns ferner an, dass sie uni
die Tanzstelle zuweilen einen Kreis von Feuern anzündeten, offenbar, wenn der Tanz des
Nachts aufgeführt wird: freilich auch dann nicht in allen Fällen. Jene Weddas sagten
uns; „Wenn die Jagd gut gewesen war." Die Feuer bedeuten also vielleicht festlichen
Charakter.
Nach z-\vei schlecht ausgefallenen Momentphotographieen haben wir durch Herrn
Mützel das umstehende Bild von drei tanzenden Individuen zeichnen lassen. Die Figur
im Centrum des Bildes ist mitten in einer Schwingung begriflen, die rechts stehende eben am
Ende einer solchen angelangt, die Arme derselben schwingen noch nach der Seite aus, der
Haarbusch fällt iiber das Gesicht; die Figur links im Bilde ist vor Antreten einer neuen
Halbdrehung eben noch im Begriffe, mit den Händen auf den Bauch zu klatsclien. Man
erräth aus der Abbildung auch die verhältnissmässig ruhige Haltung der Beine; im übrigen
kann sie uns natürlich nur ein sehr mangelhaftes Bild des aufregenden Vorganges darbieten.
Wir besprechen nun die literarischen Angaben. Schon Davy scheint wenigstens
den ersten Theil des Pfeiltanzes gesehen zu haben; denn er erzählt: ..Nachdem sie
durch das Tanzen warm geworden waren, fingen sie an, auf ihre Bäuche zu klatschen,
dann wurden sie noch mehr animiert und klatschten mit ihren Händen und nickten mit
ihren Köpfen, sodass ihr Haar von hinten nach vorne über das Gesicht schlug. Dabei
äusserten sie eine rohe Art Gesang." Nach der Schilderung von Hoffmeister war die
Bewegung der Beine lebhafter, als in dem von uns beobacliteten Falle. Seine Weddas
hüpften vor- und rückwärts, zuerst langsam, allmälig schneller; die Augen wurden schrecklich
verdreht, sie beugten den (.)berkörper nieder und hielten die Kopfe gesenkt. Ein bejahrter
Manu sagte ein paar Worte her, offenbar F'ragen, auf welche Einer immer mit
grosser Heftigkeit antwortete. Plötzlich wurde die Bewegung schnell und stürmisch, und
nun hüpften sie vor- und rückwärts auf die Fersen beider Füsse, indem sie zugleicli ihre
Arme mit solcher Gewalt herumschleuderten, dass zu fürchten war, sie renkten sich die
Glieder aus. Plötzlicli fiel ein Mann der Länge nach in den durch den Tanz aufgewühlten
Koth und wand sich in heftigen Convulsionen. ..Wir hatten mein- als genug an diesouT
entsetzlichen Schauspiel" fügt der Autor bei. Aus Hof fmeister s Beschreibung, verglichen
mit der unsrigen. dürfte hervorgehen, dass die Ausführung des Pfeiltanzes in verschiedenen
Districten eine etwas verschiedene sei; die Weddas des genannten Autors stammten nämlich
nicht aus dem Districte von Nilgala, sondern aus dem von Binteniie, imd zwar, wie
er selbst angiebt, aus dem Oi-fe (-ialbokka. Dieser liegt c. 12 englische Meilen südlich
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von Wewatte. (Siehe auch unten die Beschreibung des Tanzes einiger Wewatteweddas
durch Deschamps.)
T e n n e n t konnte es nicht über sich bringen, den Tanz bis zu seinem convulsivischen
Abschlüsse kommen zu lassen, da er sich angewidert fühlte.
Es hat dieser Pfeiltanz zweifellos rehgiösen Hintergrund, die Theilnehmenden sind
sehr ernst gestimmt und brausen heftig auf, wenn ein fremder Zuschauer darüber lachen sollte
(siehe die diesbezügliche Erzählung von Stevens unten, Abschnitt: Charakter); es könnte
der. Tanz vielleicht in erster Linie als eine Verehrung des Pfeiles aufgefasst werden; denn
wir erfuhren, dass er getanzt werde, sowohl wenn die Jagd schleclit, als auch wenn sie
Tauzcnde Weddas.
ergiebig gewesen sei; im ersten Falle also geschieht die Pfeilvei'ehrung in Hoffnung auf
besseren Erfolg, im andern als Daukbezeugung für die gute Jagd. Mit dieser Anschauung
verknüpft sich wohl auch die Hoffnung auf jeden Erfolg überhaupt. So führten
unsere Weddas stets gerne vor uns den Pfeiltanz auf und kamen nach Beendigung desselben
Alle sofort auf uns zu, noch keuchend und schweissüberstrümt, und hielten ihre
hohlen Hände hin, um ein Geschenk zu erhalten. Hatte dann Einer etwas bekommen,
das ihm besondere Freude bereitete, so begann er den Tanz von neuem für sich allein,
so z. B. Einer aus Kolouggala, als er eine weggeworfene leere Flasche erwischt hatte.
Nach Hoffrneister befestigte ein Wedda das Taschentuch, welches er bekam, sofort um
seine Lenden und tanzte wie ausser sich; „aber bald lag auch er hingestreckt im Kothe".
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