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miiivii köimcii, (lass sämmtliche Angaben von Gi l l iags über die Woddas auf unsorgfilltiger
lutrrsucliung l.ciuhen mul kritisch /u analysieren sind. Sie beziehen sich, ohne dass der
Autor dieses Liinstandes selbst gewahr wird, sowohl auf Naturweddas, als auf Culturweddas,
als auch endUcli auf die norfsinghalesen der AVeddadistricte.
Von Wichtigkeit ist die Frage, ob von den Naturweddas beim Eingehen der
l-.he gewisse Cercnionien vorgenonunen werden, oder ob dies nicht der Fall ist. In der
i-iteratur tinden wir folgende diesbezügliche Angaben: Nach Davy besteht keine besondere
Art, zu freien; der Wedda, welcher eiu Weib will, geht oinie \Vciteres zu ihren Eltern,
erfragt ihre Zustimmung und wird nie abgewiesen, wenn er der erste ist. Dasselbe berichtet
<ler Anonymus 1823 und fügt hinzu, dass Tloclizeitgeschenke nicht gegeben
wih-den, und dass Cercmonien und lloclizeitfestlichkeiten fehlten; der Bräutigam rufe, wie
sie sagtini, die P.rant von der Hütte ihrer Eltern zu seiner eigenen. Nach Bennett f-hleii
Eliecereinonien. J.aniprey erfulir von seinem Wedda, man gebe gewöhnlich den Eltern
des aiädchens ein gutes Geschenk von Hirschfleisch und Honig, und wenn diese zustimmten,
gelie das Weib ohne irgend welche Ceremonie nach der Wohnung des Freiers.
T e i u i e n t giebt an, dass Ehen von den Eltern beider Parteien zu Stande gebracht würden.
Der Vater der Braut schenke seinem Schwiegersohn einen Bogen, sein eigener Vater
iiliergebe ihm ein Jagdrecht auf einem Theil seines Jagdgrundes. Dein Mädchen gebe
der Bräutigam ein Tuch und ein paar rohe Schmucksachen, worauf sie ihm als seine Frau
111 den Wald folge. Nach Bailey fehlt ein bestimmter Eheritus; aber Folgendes sei im
Mlgaladistrict Sitte: Der betreffende Weddamann nehme z.B. einen Topf voll Honig oder
eine getrocknete Talagoya, kurz Leckerbissen der Saison mit sich, gehe damit zur Hütte
des Vaters seiner Auserwählten und melde den Zweck seines I'esuches. Der Vater rufe
nun die Tochter lierbei. welche mit einer selbstverfertigten Lendenschnur herankomme.
Diese binde sie nun um die Lenden ihres Bräutigams, und so seien sie Mann und Weib.
Der .Alann trage stets die Schnur, nichts bringe ihn dazu, sie zu lassen. Sei sie verbraucht,
so habe das Weib eine neue zu fertigen und ihm umzubinden. Ilei Ünveiheiratheten
sei die f.endenschnur von ihnen selbst gedreht, llartshorne bericlitet, dass bei
Fingehen der Ehe den Eltern der Braut vom Bräutigam etwas Speise vorgesetzt werde;
die F.raiit habe keine freie Wahl im Eingehen der Ehe. Nach der kleinen Notiz im
Graphic iilierreicht der Bräutigam den Schwiegei-eltern etwas Tiicli. NeviH zufolge fehlt
jedes Ehecerenioniell. ebenso nach Deschamps.
Wenn wir die hier nebeneinander gestellten Angaben ülierblicken, so sehen wir
sofort, dass sie sich widersprechen. Nicht weniger als fihif Autoren stellen die Beliauptung
auf, dass bei Eingehen der Ehe gar kein Cercmonicll beobachtet werde; es sind diese:
Davy. der Anonymus 1823, Jiennett, Nevill und Deschamps. Nach Tennent imd
Bail(-y dagegen finden immerhin zuvor einige kleine Ceremonieii zwischen dem Bräutigam
und den Eltern der Braut statt, und speciell nach Bailey wird noch dem Bräutigam von
der Braut die Lendenschnur nmgebunden.
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Wir selljer sind all den genannten Gebräuclien begegnet und haben so erfahren,
dass diesell)en je nach der Localität andere sind. Ein Fangehen der Ehe ohne jede (.leremonie
fanden wir au zwei Orten der Ivüste, in Kalkuda (Informant der Wedda I'atiuiya,
ein alter Mann) und in Kahiwangkeni, wo es fniher, als die Weddas noch keine Tschenacultar
hatten, der Fall war (Informant der Wedda I'ereinan, siehe oben Seite 459). Dieses
vollständig ceremonienlose Eingehen des Ehebündnisses ist als das ursprünglichste anzusehen,
welches es geben kann, und es ist deshalb weitere Forschung nach der llichtung
hin von grosser Wichtigkeit, bei welchen Weddas das völlig ceremonienlose Eingehen der
Ehe noch besteht, und sodann möglichste Sicherstellung dieses schwer genug gründlich
zu eruierenden Fmstandes.
Bis jetzt müssen wir es als Thatsache ansehen, dass bei gewissen Naturweddas
völlig ceremoiiienloses Eingehen <ler Ehe statthabe oder noch bis vor Kurzem liestand,
und wir müssen dies doch offenbar in der Weise auffassen, dass der ISräutigam schon
eine Zeit lang vorher um das Mädchen wusste, sich mit ihr in's Einvernehmen setzte und
nun, ohne die Eltern, bei welchen das Mädchen heranwuchs, irgendwie zu informieren,
dasselbe von der elterlichen Höhle oder Hütte wegraubte. Wir hätten also Iiierin die urs|)
riinglicliste Form des Weiberraubes vor uns, welchen der in der Piegel jugendliche und
schwächere Bräutigam dem stärkeren Familienvater gegenüber ausübt.
Die Sitte, dem Vater, respective den Eltern der Braut, Geschenke darzubringen,
oder auch sie anzufragen, fanden wir selbst in Dewilane und im District von Mahaoya.
Wir haben wohl in der ersteren Sitte eine Form des Weiberkaufes vor uns und in der
blossen Anfrage bei den Eltern um das betreffende Mädchen eine secundäre Vereinfachung
derselben; diese letztere Form ist dann w-ohl von den Cultur-Indern herüber genommen
(siehe die obige Bemerkung des Wedda Pereman, Seite 459).
Den von Bailey gegebenen merkwürdigen Bericht vom Darreichen der Lendenschnur
können wir mit einer gewissen Abänderung für dasselbe Gebiet bestätigen, in welchem
unser Autor gearbeitet hatte, nämlich für den Nilgaladistrict. Wir erfuhren dort in
Kolonggala Folgendes: Wenn zwei sich heirathen wollen, macht der Jtlann der Frau und
umgekehrt diese ihm eine Lendenschnur; dieselbe tauschen sie nun gegenseitig aus, und die
Ehe ist geschlossen. Bailey zufolge giebt, wie erwähnt, nur die Frau dem Manne die
Lendenschnur. Dass dem Lendenschnurtausche noch eine Gescheniidarreichung an die
F.ltern der Braut vorausgeht, wie Bailey es schildert, bezweifeln wir nicht, und so lässt
sich also für (li(^ Naturweddas des Danigalastockes ansse]' der Sitte des Weiberkaufes noch
eine die beiden si(di heirathenden Theile allein betreffende Formalität nachweisen, nämlich
das gegenseitige Austauschen der Lendenschnur.
Es lassen sich somit im Kreise der Naturweddas verschiedene Stufen im Eingehen
dei' Ehe beobachten.
Monogamie und Ehetreue bei so leichtem Eingehen dieser Verbindung spricht nach
V i r c h o w für Güte des Herzens bei diesen Menschen. Wir geben eine solche gerne zu.