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doch ji" nnch dcv Gunst oder Ungunst ilirer Lage von verscliiedencr Grösse, und wenn
wir eine genaue Karte dieser Organisation darstellen könnten, würden wir ferner erfaliren,
dass an bestininiten Stellen des Netzes di<> Masclien nacli gewissen Centren strahlenförmig
zusammenlaufende Gruppen bilden würden, welche mit b(>)iachbavten eben solchen durch
einzelne wenige und lange Fäden in Verbindung ständen oder ancli ohne jede Fühlung mit
den benachbarten Centreu wären. Die Ursache dieser Auflösung des Jagdgrnndnetzes in
verschiedene, gegenseitig nur lose oder auch gar nicht verbundene Centron und damit der
Grund der geographischen Verthoilung d(>r Naturweddas liegt in den durch das bewohnte
Land selbst gegebenen Verhältnissen. Da schon im Abschnitte über die geographische
Verbreitung der Weddas und in der geographischen Einleitung das Weddaland eine Schilderung
erfahren hatte, so sei hier uur daran erinnert, dass allein in der sogenannten Parklandschaft
der Naturwedda seinen Lebensunterhalt finden kann, wogegen der zusammenhängende
Hochwald wegen der in Folge des dichten Schattens, welchen er verbreitet, spärlich
entwickelten niederen Vegetation uur äusserst arm an dem Hauptnahrungsmittel des
Wedda, dem liothwilde, ist. Weiter muss daran erinnert werden, dass das Weddaland
als Ganzes betrachtet zwar eine vom Fuss des Ceutralgebirges ostwärts Ijis zur liüste hin
nur sehr wenig abwärts geneigte Fläche darstellt, dass diese jedoch mit zahlreichen, meist
isoliert aufstrebenden Felshügehi oder Felsrücken übersäet ist, welch' letztere auch grössere
Dimensionen annehmen können, wie im Dauigala und Degala. Wo diese Felseuhügel kleinere
Formen darstellen, bilden sie inmitten eines grösseren Complexes von I'arkland gewissermaassen
Inseln, und zwar hallen sie während der nassen Jahreszeit für den Wedda im
eigentliclien Sinne diese Bedeutung. Die gewaltigen Eegenschauer des Nordostmonsuns
(siehe auidi oben Seite 7 und 8) verwandeln oft grosso Strecken d(>s Gras- und Waldlandi^s
in Wassei'fläclien und auch in den nicht geradezu in Tümpel und Seen verwandelten
Stellen des fdachlandes trieft alles von Wasser, welches an dem Buschwerk u)rd den mannshohen
Grasbüschen hängt. Li dieser Jahreszeit, nämlich im October, November und
Decemlier, würde der Naturwedda kein trockenes Lager finden kömien. da ihm ja seine Primitivhütte
keinen -wirksamen Schutz gegen Regen gewähren kann, und er würde Erkältungen
und Fieber zum Opfer fallen, wenn er jetzt nicht iu seinen Felshügeln die Zuflucht fände,
welche ihm das überschwemmte Parkland nicht mehr bieten kann. Auf diesen aber findet
er nun in erster Linie seine regendichte)! „Felsenhäuser" oder Höhlen, von welchen er mmmehr
als seiner W'ohnung liesitz ergreift. Zur gleichen Zeit zieht sich auch das li.othwild
ans der sumpfigen h'läche nach diesen Felshügehi herauf, so dass der Wedda gCAvissermaassen
seine Wildheerde mit sich führt.
Auf einem solchen einsam im Parklande aufstrebenden Felshügel wird also währen<l
der liegenzeit eine Gruppe von Weddafamilien sich concentrieren, und dort werden sie
gegenseitig Fühlung bekommen, während eine jede in der trockenen Jahreszeit isoliert im
Flachland in ihrem Jagdgrund umherwandert. So möchten wir denn der Vermuthiuig Ausdruck
gehen, dass die Grenzen dieser einzelnen Familienjagdgründ(i .strahlenförmig nach
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dem Felsencentrum des jeweiligen Bezirkes zusammenlaufen, sodass die einzelnen Familien
stets nach Bedürfniss vom Flachlande nach dem Felsen und umgekehrt zu wandern vermögen,
ohne fremdes Gebiet zu verletzen. Die Grenzen der einzelnen Jagdgründe be-
,stehen in bestimmten grösseren Bäumen oder in Felsplatten oder in Flussläufen, und
werden sorgfältig beobachtet; ein Jagdgrund wird von der ihn innehabenden Familie eifersüchtig
gegen etwaige Uebergriffe der Nachbarn bewacht.
Während der trockenen Zeit ist, wie schon angedeutet, jede Familie fast ganz
auf sich selber angewiesen und kommt wohl selten in Berührung mit den Nachbarn, so
lange nicht störende Einflüsse von ausserhalb eine solche Fühlung heibeiführen. Dies
ändert sich aber in der Poegenzeit, in welcher die verschiedenen Familien des District(is
nach ihrem Felscentrum sich zurückziehen und nun auf die vorhandenen Höhlen angewiesen
sind. Da kann nun der Fall eintreten, dass weniger Höhlen da sind, als Familien
zusammenkommen, und es müssen nun gegenseitige Abfindungen geschehen. In Folge dessen
wird eine grössere Höhle von zwei oder drei Familien zugleich Ijewohnt. welche jedoch
nicht unter einander gemisclit in der Höhle leben, sondern ihre Abtheilung gegen
die Nachbarn mittelst Zweigen, Rinden und dergleichen abschliessen, wodurch erreicht
wird, dass jede Familie auch in der gemeinsamen Höhle gleichwohl Iiis zu gewissem
Grade für sich lebt; und zwar wird, sei es imn eine ganze Höhle oder, falls dies nicht
möglich, eine Abtheilung einer solchen erblicher Familienbesitz.
Während dieser Zusammendrängung der Familien auf der Felsinsel scheint sich,
trotzdem eine Jede sich abschliesst, doch etwas mehr Geselligkeit zn entwickeln, als
es im Flachlande möglich ist, und bis zu gewissem Grade scheint auch der ganze Felsen
als gemeinsamer Besitz betrachtet zu werden; denn es werden die Waben der Bambaraoder
Felsenbiene unter alle Familien gleichmässig vertheilt (siehe auch oben Seite 446).
Ferner gewinnt hier von den verschiedenen Familienhäuptern der körperlich oder
geistig Gewandteste über die Andern einen gewissen Eintluss, dessen Anerkennung jedoch
nur auf dem guten Willen, der freiwilligen Unterordnung und der mit der Zeit herangewachsenen
Gewohnheit seitens der Anderen beruht. Ein solcher Senior, wie wdr ihn am
besten nennen, hat z. B. die Bambarawaben unter, wie wir oben (Seite 445) sahen, oft
grosser Lebensgefahr einzuheimsen und hernach unter die Familienhäiipter zu vertheilen.
Dann hat er gegenübei- Eingriffen von ausserhalb der Sprecher der Anderen zu sein, also
iri solchen Fällen die gemeinsamen Interessen zu vertreten.
^Vähren(l der Zeit, wo die verschiedenen Familien des Districtos nach einem Felsencentrum
zusammenfliessen, werden wohl auch die Mehrzahl der Ehen eingegangen werden,
und es ist nicht anders denkbar, als dass infolgedessen alle die verschiedenen Familien
des Districtes im Laufe der Jahrhunderte, oder wolil besser gesagt Jahrtausende, seit
welcher sie den District in aufeinanderfolgenden Genoi'ationen bewohnten, untereinander
l)hitsv(M'wan(lt wurden. Ein solcher Familiencomplex nun stellt einen Stamm, oder, wenn
<las Gefühl der gegenseitigen Verwandtschaft ein bewusstes wird, einen Clan dar. Dem