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 Der  Ucboi-siclitliclikoit  halber  lialten  wir  es  für  aiigcmessou,  zuerst  eine  Besclireibuug  
 der  äusseren  niorpliologischen  Charaktere  der  genannten  Varietäten  zu  geben,  bevor  
 wir  au  die  Schilderung  der  Osteologie  treten,  und  zwar  werden  wir.  den  Resultaten  vorgreifend, 
   welche  sich  liber  die  Verwandtschaft  der  drei  Varietäten  untei'  einander  und  
 ihre  anatomische  Höhe  aus  den  nachfolgenden  Erörterungen  ergeben  sollen,  mit  der  Darstellung  
 der  tiefsten,  der  Weddas,  beginnen,  auf  diese  die  Tamilen  und  endlich  die  Singhalesen  
 folgen  lassen.  Wir  werden  zunächst  die  äusseren  Eigenthünüichkeiten  jeder  Varietät  
 getreinit  beschreiben  und  hierauf  eine  osteologische  Darstellung  jeder  Kinzelnen,  so  weit  
 es  unser  Material  erlaubt,  gel)en,  dann  erst  in  eniem  eigenen  Capitel  die  besprochenen  
 Varietäten  unter  sich  vergleichen  und  endlich  zum  Schluss  die  ceylouesischen  Völker  mit  
 denen  anderer  Länder  in  Beziehung  zu  bringen  suchen.  
 Besclireiljuiig- der  äusseren  Ersclieiiiung  der  ceyloiiesisclieii  Völker.  
 Unsere  Darstellung  der  äusseren  Form  ))egleiten  wir  mit  einer  grossen  Zahl  von  
 Tafehi,  um  dem  Leser  ein  möglichst  anschauliches  Bild  der  Besonderheiten  jeder  Varietät  
 zu  erwecken  und  ein  eigenes  Urtheil  zu  ermöglichen.  Auch  glauben  wir,  danat  einem  
 wirklichen  Bedürfniss  entgegen  zu  kommen,  da  speciell  die  antliropologische  Literatur  an  
 guten  Bildern  Mangel  leidet.  In  Folge  davon  ist  auch  eine  Vergleichuug  der  verschiedenen  
 Varietäten  unter  einander  für  den,  der  sie  nicht  selber  zu  sehen  das  Glück  gehabt  hat,  
 ungemein  erschwert,  da  selbst  die  beste  Beschreibung  und  die  sorgfältigste  Liste  von  
 Messungen  für  sich  allein  doch  noch  lange  nicht  genügen,  eine  lebendige  und  correcte  
 Vorstellung  eines  so  ausserordentlich  complicierten  Gebildes,  wie  der  menschliche  Körper  
 es  ist,  zu  geben.  
 Mehr  als  die  Hälfte  der  Volkstypen-Tafeln  haben  wir  auf  die  Darstellung  der  
 •\Veddas  verwandt,  was  nicht  allein  durch  das  grosse  Interesse,  welches  an  diese  primitive  
 Menselleiifomi  sich  knüpft,  sondern  fast  mehr  noch  durch  den  Umstand  geboten  erschien,  
 dass  bei  dem  raschen  Dahinschwinden  dieses  Stammes  eine  Sammlung  guter  Bilder  in  
 kiu-zer  Zeit  ein  unerfüllbares  Desiderat  sein  würde.  
 Schon  während  unseres  ersten,  zweiundeinlialbjährigen  Aufenthahes  in  Ceylon  haben  
 wir  eine  grosse  Zahl  von  Photographieen  von  Eingeborenen  gesammelt:  allein,  als  wir  
 daran  gioiigen,  diese  Bilder  anthropologisch  zu  verwerthen,  stellten  sich  bald  eine  grosso  
 Zahl  von  Mängeln  heraus,  indem  die  Bhotograpliieen  ohne  l)estinimte  Oi'ientierung  und  
 in  verschiedener  Grösse  aufgenommen  worden  und  darum  von  sehr  beschränktem  Werthe  
 waren.  Wir  entschlossen  uns  daher  im  Frühling  1890  zu  einer  zweiten  Reise  nach  Ceylon,  
 und  die  Frucht  derselben  sind  die  Bilder  unserer  Tafeln,  indem  nur  fünf  Individuen  der  
 frtiheren  Sammlung  Aufnahme  gefunden  haben.  
 Die  Typen  wurden  alle  in  gleicher  Grösse  aufgenommen,  was  dadurch  ei'roicht  
 wurde,  dass  w"ir  den  Auszug  der  Camera  stets  an  einer  bestimmten  Marko  feststellTen  und  
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 ilie  aufzunehmenden  Personen  auf  einem  Stuhle,  den  wir  mit  uns  führten,  so  lange  hin- 
 „iid  herschoben,  bis  die  Einstellung  genügte.  Am  Stuhle  war  ein  Kopfhalter  befestigt,  
 Hin  das  Stillesitzen  zu  erleichtern.  Jedes  Individuum  wurde  von  vorne  und  von  der  Seite  
 aafo-enoinmen,  beide  Male  in  derselben  Stellung,  nämlich  so,  dass  Ohr-  und  Nasenöffnung  
 i,i  eine  Horizontale  zu  stehen  kamen.  Richtiger  wäre  es  gewesen,  für  den  Lebenden,  wie  
 wir  es  bei  den  Schädeln  thaten,  die  deutsche  Horizontale  zu  wählen,  Avelche  vom  Ohr  
 nach  dem  unteren  Augenrande  geht;  indessen  ist  die  Abweichung  sehr  gering.  Als  Hinteio 
 ruiid  wurde  ein  weisses  Tuch  benützt,  welches  während  der  Aufnahme  von  einem  Diener  
 tüchtig  geschüttelt  wurde.  Dadurch  wird  ein  glciclnnässig  weisses  Feld  erzielt,  weil  keine  
 Falten  zur  Darstellung  kommen,  und  das  Bild  hebt  sich  von  diesem  einförmig  matten  
 Hintergrund  trefflich  ab.  Wir  verdanken  diese  sehr  empfehlenswerthe  Methode  unserem  
 verehrten  Freunde,  Herrn  Dr.  F.  von  Luschan.  
 Zur Aufnahme  eines  einzelnen  Individuums  brauchten  wir  durchschnittlich  zehn  Minuten. 
   und  es  wird  kaum  nöthig  sein,  hinzuzufügen,  dass  die  Arbeit  unter  den  ungewohnten  
 Verhältnissen  ausserhalb  des  Laboratoriums  und  bei  der  grossen  Angst  und  Aufregung,  
 welche  einzelne  wilde  Weddas  durchmachten,  nicht  immer  eine  leichte  war.  
 Die  Reproduction  unserer  Negative  wurde  von  der  vortrefflichen  Berliner  Firma  
 Ii.  Ri f far t h  & Co.  in  Kupferdruck  ausgeführt,  und,  wie  wir  hinzufügen  möchten,  mit  vieler  
 Liebe  und  Kunst.  Da  keine  einzige  Linie  auf  irgend  eine  Weise  verändert  worden  ist,  
 sind  die  Bilder  ungefälschte  Wiedergaben  der  Natur,  und  der  Leser  wird  daran  mit  der  
 Lupe  noch  Manches  zu  erkennen  vermögen,  was  bei  makroskopischer  Betrachtung  leicht  
 entgellt.  
 1. Aeussere  Erscheinung  der  Weddas.  
 Hierzu  Taf.  II,  Figg.  1—4,  TalV.  III—XXVI  und  Auhaugstabellen  1  uutl  2.  Literatnrverzeichuiss  am  Schluss  dieses  Abschnittes.  
 Es  wird  in  einem  späteren  Abschnitte  geschildert  werden,  wie  die  Weddas  verschiedener  
 Districte  in  ihren  Gebräuchen  und  Anschauungen  nicht  unwesentlich  von  einander  
 sich  unterscheiden,  und  den  Grund  dieser  Erscheinung  werden  wir  in  der  mehr  
 oder  minder  intimen  Berührung  mit  ihren  singhalesischen  und  tamilischen  Nachbarn  finden,  
 lu  gleicher  Weise  zeigen  aucli  die  Weddas  verschiedener  Gegenden  in  ihrem  Aussehen  
 gewisse  Differenzen,  so  dass  locale Varietäten  unterscheidbar  werden,  und  auch  hier  gehen  
 wir  wohl  kaum  irre,  wenn  wir  der  mehr  oder  minder  starken  Beimischung  fremden  Blutes  
 ilen  grössten  Antheil  an  diese)-  Erscheinung  zuschreiben.  
 Wenn  es  richtig  ist,  dass  der  AVedda-l'ypas  durch  Mischung  mit  den  Nachbarn  sich  
 verändert,  so  müssen  wir  erwarten,  diesen  Typus  an  denjenigen  Orten  am  reinsten  zu  finden,  
 welche  am  weitesten  von  den  Ansiedelungen  der  anderen  Stämme  und  den  grossen  Verkehrswegen  
 entfernt  liegen;  das  heisst,  es  ist  zu  fordern,  dass  in  solchen  Gegenden  Weddas  
 leben,  die  sich  physisch  mehr  von  ihren  Nachharstämmen  unterscheiden,  als  da,  wo  sie  
 in  eugere  Beziehungen  mit  densell)on  treten,  und  ferner  niuss  der  Wedda-Typus  in  anderer  
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