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sicli. dass trotz der steil aufstrel)ondi>n Stirnc die weibliche Gurve von der männlichen iu
dieser liegion weit umschlossen wurde. Nur ist die Form der lieiden Stirncurven iusot'erii
eine verschiedene, als sich beim Manne der CTlabellartheil sehr beträchtlich entwickelt und
weit übei- die weibliche Curve nach vorne vorspringt, wodm'ch dann seine Stirne eine
viel weniger steile lüclitnng annimmt.
Welche Curven von Mann imd Weil.) man auch ineinander legt, stets zeigt sieh
dass der weibliehe Schädel vom männlichen, wie ein Kern von einer Schale, umschlossen
wird, welch' letztere durcii mannigfache Unebenheiten und Vorsprünge ein ganz eigenartiges
üeiief aufweist ; es ist gewissermaassen dem weiblichen Schädel, welcher in seiner
Eundung kindliche Verhältnisse aufbewahrt, eine Maske aufgesetzt, die ihn allseitig umschliesst.
Die von uns angegebenen ßlerkmale des weiblichen Wedda-Schädels: Die riindliche
Form mit geringer Ausbildung aller Knochenfortsätze, die steile Stirne, der flache
Scheitel, der rasche Abfall der Scheitelcnrve nach hinten, die Vorwöll)ung des liniterhanptes,
der wohl gewöllite, nicht dachförmige, seitliche Abfall der Schädelcapsel von der
Medianebene, die relativ starke Ausbildung der Parietakegion und das geringere Vorspringen
des Nasenrückens sind Eigenschaften, welche auch au den weiblichen Schädeln
anderer Varietäten zu bemerken sind. Man vergleiche hierüber die Schriften von Wo Icker
(ß4 u. tiö), die von Ecker (15): ..Ueber eine charakteristische Eigenthümlichkeit in der
Form des weibhchen Schädels", und Broca's Instructions craniologiques (8). Die in diesen
Arbeiten gemachten Angaben beziehen sich hauptsächlich auf europäische Frauenschädel
und berühren andere Varietäten nur gelegentlich. Fiir jetzt lässt sich also so viel
wenigstens sicher sagen, dass am Wedda-Frauenschädel bereits alle die charakteristischen
Merkmale sich zeigen, durch welche die Form des weiblichen europäischen Schädels von
der des männlichen abweicht.
Wichtig ist eine Notiz von Ecker (15, p. 84), dass beim weiblichen Australier-
Schädel die sagittale Erhebung des Mannes fast ganz fehle. An den australischen Schädeln,
welche uns die Herren Geheinu'ath ß. Leuckart. Trof. Emil Schmidt und Goheimrath
W. Waldeyer freundlich liehen, fanden wir dies bestätigt, und es deckt sich dieses Kigebiiiss
mit der aucli bei der Wedda-Frau constatierten volleren Auswölbung des Schädeldaches
gegenüber dem männlichen Geschlechte.
Wir verlassen nun die Curven und gehen zur Beschi'eibung der Wedda-Schädel
selbst über. Länge und Schmalheit haben sich schon aus den (.'urvenbildern als auffallendste
Eigenschaften derselben ergeben, verbmiden mit steilem Aufbau der Seitenwäudc.
Man vergleiche die männlichen Schädel der Tafl'. XLVIIl, XIJX, L etc. Stärkeres seitliches
Ausladen beim Manne scheint uns stets auf Mischung hinzudeuten (Taf. I.lll, Fig. 102).
während für den weiblichen Schädel, wie erwähnt, deutliche Voi'wölbimg der l'aiictalregion
charakteristisch ist (Taff. LIV und LV).
2i:j
Der Schädel der Weddas zeichnet sich, eljenso wie alle übrigen Knochen ihres
Skelettes, durch ungemeine Zartheit, d. h. schwache Entwicklung der Knochenmasse, aus.
Das (iewicht der Schädel mit ihren Unterkiefern ist daher ein kleines: 19 männliche
Schädel wogen im Durchschnitt lilos 574 Gramm, 9 weibliclie 521.
/um Vergleich wogen wir eine Anzahl europäischer Schädel und erhielten als
Diirchsclmittsgewicht von 18 Männern 754 Gramm, wonach also dei' europäische männ-
[iclie Schädel um etwa 200 Gramm schwerer als der des Wedda gleichen Geschlechtes
ei'scheint. Von diesem Ueberschusse kann indessen nur ein Theil auf Rechnung stärkerer
Knoclieuentwicklung gesetzt werden, weil die Grösse des europäischen Schädels die des
weddaischen el)en <hjcli bedeutend üliertrifft.
Anders ist es beim Australier, dessen Schädel, wie wir später sehen werden,
diirchsidmittlich nur um ein kleines geräumiger als der des Wedda ist und dennoch denselben
au Schwere ungemein überliolt. Turner (4(5. I, p. 31) bestinnnte einen männlichen
Australier-Schädel mit seinem Unterkiefer zu 1098 Gramm (2 Pfund. 6% Unzen
avoir), andere zu 907 (2 Pfund) und 893 (1 Pfund, I5V2 U.). Wir selber fanden einen
männlichen Schädel nrit seinem Unterkiefer ungefähr 830 Gramm sclwer. zwei weitere
ohne solchen 930 und 770 Gramm erreichend. Wenn mau diese Zahlen mit dem Wedda-
Mäniiermittel von 574 Gramm vergleiclit. sieht man in der That. wie sehr verschiedene
Stärke die Knochenentwicklung bei den einzelnen Varietäten haben kann, und \\'ie relativ
zart das Knochensystem beim Wedda ist.
Wenn wir bei den Weddas nach der M(>rkunft analysieren, so erhalten wir für
das Schädelgewichi von 15 Männern aus den inneren Districteu 555 Gramm, für 4 Küsten-
Weddas dagegen 642. Auch an unseren Schädelbildern kann man erkennen, dass die
Männer der liüstengebiete massi^•ere Scliädel liesitzen als die Anderen, wemi iTian die beiden
Kästenformcm der Tafel LH mit denen der vorhergehenden lllätter \-ergleicht.
Wir haben im Abschnitt über die äussere Erscheinung der Weddas auf die stärkere
]\örpergrösse und auf andere Eigenschaften aufmerksam gemacht, durch welche die Küsten-
\\eddas von denen der inneren Waldgehiete sich unterscheiden. Dazu kommt nun als
weitere der durchschnittlich stärkere Hau ihres Knochensystems. Wir werden später
sehen, dass aucli die Tamilen dei- Ostküste durch mächtigen Knochenbau sich auszeichnen,
und da hegt es sehi' nahe, zu denken, dass die Küsten-Weddas ihr derberes Skelettsystom
ans dieser (Quelle könnten bezogen haben, obschon natürlich die Möglichkeit des selbststandigen
p;rwerl)s einer solchen Eigenschaft nicht ausgeschlossen ist.
Mit der Zartheit des Schädelbaues b(>iin Wedda des Inneren verbindet sich auch
eine mi Verhältiiiss zu <len nieisteji anderen Varietäten schwache Ausbildung aller zum
Ansatz von Muskeln dienenden Unebenheiten und Cristen; so sind die beiden Nuchallinien
und die äussere Protuberanz des Hinterhauptsbeines nicht stark ausgeprägt; ebenso greifen
flie Schläfenlinien nicht weit in die Ih'ihe (siehe die Tafeln). Starke Ausbildimg dieser