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riLilosoplieii mid Etlinologeii liabeii dagegen im Coimnuiiismus den Ausgangspunkt der
sexuellen Verhältnisse des Menschen gesehen und geglaubt, aus einein solchen die Monogamie
der Europäer h(>rvorgelien lassen zn sollen. Diese Ansicht halten wir nur insofern
für richtig, als wir ebenfalls der Meinung sind, es seien den jetzt in Europa bestehenden,
wenigstens formell monogamen Zuständen solche vorhergegangen, welche an
Communisraus streiften oder einen solchen in irgend einer Form repräsentierten; aber auch
diese connnunistischen Zustände, welche z. B. im Mutterrecht ihre Gonsequenz fanden
und in der in Form des Totemismus uns entgegentretenden Gruppenehe zu relativ
reinem Ausdrucke kamen, halten wir für einen secundären Zustand, indem wir die
in Europa gepflegte Monogamie als tertiär erworlien lietrachten. Die primäre Form
des Sexualismus aber erblicken wir in der Monogamie der Weddas und der mit diesen
verwandten rrnnärstämnie von Vordeiindien und anderwärts, liei welchen Allen man. falls
man die höheren Cnltureinflüsse ausscheidet, zweifellos ebenfalls Monogamie finden wird,
nnd zwar verbindet sich mit dieser Monogamie Vaterrecht, wie wir unten (Abschnitt:
Sociologie) für tlie "Weddas zeigen werden. Reiner sexueller Cominunismus stellt ausserdem
nicht, wie gedachte Philosophen glauben, ausnahmslos einen thierischen Zustand dar;
im Gegentheil. je sorgfältiger wir Säugethiere nnd Vögel in ihrem freien Leben betracliten,
mnsomelir werden wir eine bestimmte Ordnung in den sexuellen Verhältnissen gewahr,
welche sich sow-ohl in Monogamie als in l'olygynie aussprechen kann. Durch die in der
liegel stark entwickelte sexuelle Eifersucht ersclieint der von jenen Philosophen als ursprünglicher
und als tliierisch aufgefasster Communismus gerade als Ausnahme. Der
Sexualismus des Schimpanse, welcher nach unserer Ansicht von den lebenden Anthropoiden
<ler Wurzel der Menschheit am nächsten steht, wie im anatornisclien Theil wiederholt
ausgeführt wurde, ist noch zuwenig bekannt, als dass wir ihn hier heranziehen könnten;
der Clorilla aber scheint wenigstens zuweilen monogam zu lelien oder vielleicht polygyn,
nicht aber communistisch: denn wir erfahren aus Brehmes Thieiieben (15, tom. 1, pag. 64)
Folgendes: Nach W. Reade sieht man ihn zuweilen in Begleitung eines Weibchens und
Jungen. Zwei Mänirchen wurden im Kampfe gesehen; daraus schhesst Eeade auf Polygpiie.
aber wie uns scheint, mit Unrecht. Nach Koppenfels lebt der Gorilla bis auf
die alten hyp:)ochondrischen Männer im engen Familienkreise und treibt sich nomadisierend
umher, da, wo die Dunkelheit ihn überrascht, nächtigend. Er baut alle Abend ein Nest,
in welchem die Mutter und die Jungen schlafen; der Vater lehnt am Fusse des Stammes
und schützt die Familie gegen Leoparden. Eine von Koppenfels beobachtete Gorillafamilie
bestand aus beiden Eltern und zwei, im Alter verschiedenen Jungen, das ältere
war c. sechs, das jüngere etwa ein Jahr alt. Somit wurde beim Gorilla in den aufgeführten
Fällen Monogamie beobachtet, und ferner bleiben die Kinder, vielleicht bis zur Geschlechtsreife,
bei den Eltern.
Für die Monogamie anderer Säuger finden sich bei Brehm noch manche
lieispiele.
So glauben wir, dass die Monogamie der Naturweddas einen piimitiven Zustand
(.larstelle, aus welchem secundär bei höheren Culturvölkern an Comimmismus streifende Verhältnisse
sich hervorgebildet haben. Aus diesen kehrte tertiär iler aristenccphale Europäer,
liäulig freilich nur formell, wieder zur Monogamie zurück. Reiner Communismus kann nur bei
völligem Erlöschen der sexuellen Eifer.sucht zu Stande kommen und ist unseres Wissens
noch bei keiner Varietät als den Sexualismus allgemein charakterisierend nachgewiesen
worden; bei einer Primärvarietät wird man ihn als. von der Varietät gemeinsam anerkannte
Form des Sexualismus nicht entdecken. Dagegen ist reiner sexueller Communismus <las
Gedankenresultat grosser Pliilosojohen, wie Platon's Ausführungen, welche er Sokrates
in den Mund legt, beweisen (85, 13, pag. 134 ff.; e. g. pag. 143, oder caj). 7).
Wir würden uns über den lieregten Gegenstand noch weitläufiger ausgelassen liabeii,
wenn wir nicht nachträglich gesehen hätten, dass dieselbe Ansicht Darwin, wenn auch
nicht so klar ausgesprochen, so doch selir nahe gestreift hat. Wir geben seine diesbezüglichen
Sätze wieder (123, tom. 2, part. II], Cap. XX, pag. 590), welche folgendermaassen
lauten: „Bei der Stärke des Gefühls der Eifersuclit durch das ganze Thierreich,
sowohl als bei der Analogie der niederen Thiere, speciell jener, welche dem Menschen am
nächsten kommen, kann ich nicht glaulien, dass gemischter Verkehr in vergangenen Zeiten
vorherrschte, kurz 1)evor der Mensch seinen gegenwärtigen Rang in fier zoologischen Stufenleiter
erreichte. Der Mensch stammt, wie ich zu zeigen versucht habe, sicherlich von
einem affenartigen Geschöpfe ab etc." Darwin weist nun auf das gelegentliche Bestehen
von Monogamie bei mehreren Aflen hin und fährt fort (pag. 591): „Deshalb, indem wir
weit genug in dem Strom der Zeit zurücksehen und nach den gesellschaftlichen Sitten
des Menschen, wie er jetzt existiert, nrtheilen, so ist die wahrscheinlichste Ansicht die, dass
er in kleinen Gemeinschaften lebte, jeder mit einem einzigen Weibe, oder, wenn kräftig,
mit mehreren, welche er eifersüchtig gegen alle anderen Männer bewachte." „Es giebt
Stämme, welche fast am unteren Ende der Scala stehen, nnd strict monogam sind. Dies
ist der Fall mit den Weddas von Ceylon."
Jene Ansicht, dass ursprünglich reiner Communismus bestanden habe, aus welchem
erst alle Formen des geregelten sexuellen Verkehres sich secundär Iiervorgebildet hätten,
und dass reiner Communismus als charakteristisch für die „Thiere" aufzufassen sei, ist zwar
geistvoll, unseren obigen Ergebnissen und Ausführungen zufolge aber glauben wir, dass sie
hinfort als unrichtig zu verlassen sei.
Sociologie.
sociale Organisation der Naturweddas lässt sich, als sie noch durdi fremde
Störungen unheeinflusst war, folgendermaassen auffassen: Das ganze Weddagebiet war in
kleine Jagdbezirke abgetheilt, deren jeden je eine Familie inne hatte. Schematisch stellte
sich also das Weddaland etwa wie ein Schachbrett dar, je ein Feld desselben wäre
der Jagdgrund einer Familie; oder auch wie ein Netz. Diese Jagdgründe sind jei
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