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Davis (13, p. 132) sagt vom Wedda-Schíidel, er sei leidlich orthognath.
Ausser niisereii 16 männlichen und 8 weibliclion Schädeln sind also 4 mämilicln,
nnd 2 woibliclie von Flower, 9 männliche und 3 weibliche von Thomson und 1
licher von Yircliow nach derselben Methode gemessen worden. Als Gesammtmittel er
halten wir für 29 Männer 95.2, genau dieselbe Zahl, welche wir aus unserer eigenen Reihe
gewonnen hatten, für 14 Frauen 94.1. Sowohl im Gesammtmittel, als in den von Flowev
Thomson und uns gegebenen Einzelmitteln, erscheinen die Frauen stets als noch orthognatlier
als die Männer, obschon, wie wir schon l)emerkten, die Prodentie bei iluien
durchschnittlich ausgesprochener ist. Yon den 43 gemessenen Schädeln sind nur 3 deutlich
niesognath, die beiden erwähnten, mäunliclieii Schädel unserer Sammlung- mit den
Indices 101 und 101.8 und ferner ein von Flower untersuchter, männlicher Schädel
(Nr. (578) mit dem Index 101.1; eine unserer Frauen (XXY) stand mit 98.1 an der Grenze
der beiden Gruppen. Alle übrigen Schädel erwiesen sich als orthognath, so dass hierin
offenliar eines der constantesten und wichtigsten Merkmale des ^Vedda-Schädels liegt.
Keine Ersclieinung am Wedda-Schädel hat uns für die Auffassung dieses Stammes
mehr Schwierigkeiten bereitet als seine Orthognathie, zumal, als wir erkannten, dass die
höheren Nachbarvarietäten der Weddas. die Tamilen und Singhalesen, diese Eigenschaft
durchaus nicht in gleichem Maasse besitzen, indem wir für die Tamü-Männer 97.7, also
ein au der olieren Grenze der Orthognathie stehendes, für die Singhalesen sogar ein mesognathes
Wittel. 99.2, erhielten. Es schien uns ein widersinniges Resultat zu sein, dass der
nach Kürpei-bau und Capacität in Ceylon zweifellos am niedersten stehende Stamm, die
Weddas, einen orthognatheren Gesichtsbau als seine höheren Nachliarn haben sollte. '
liald jedoch lernten wir einzusehen, dass dies eine Erscheinung sei, welche durchaus
niclit etwa auf Ceylon sich beschränkt, sondern an vielen Orten hi derselben Weise
sich wiederhndet.
Die dnrchsclinittlich prognathesten Mensclienformen der Erde sind wohl die afrik
a n i s c l i e n Neger; sie besitzen nach Flower (1(3) einen mittleren Kiefer- oder Alveolar-
Index von 104.4. Diese Zahl wurde gewonnen aus 36, an Schädeln beider Geschlechter
ausgeführten Messungen, und als Capacität der 26 in dieser Reihe eingeschlossenen Männer
giebt Flower 1388 ccm an, also eine um mehr als 100 ccm den Wedda übertrcfFeiide
Menge. Gellen wir aber zu den niederen, wollhaarigen Varietäten, zum Deispiel zu den
A n d a m a n e s e n , so sinkt nach Flower (siehe oben. p. 220) die Capacität ungefähr auf
(las Wedda-Mittel: im ganzen Körperbau zeigen sich, wie nocli weiter ausgeführt werden
soll, eine ganze Reilie niederer Merkmale, aber der Kieferindex der Männer sowohl, als
der Frauen, (Flower 17. p. 120) giebt kein prognathes, sondern ein mesognathes Mittel
(101.4 bei 12 Männern, 102.2 bei 12 Frauen).
Bei einer zweiten tiefstehenden, wollhaarigen Varietät, den Busch leuten von Süd-
Afrika, finden wir sogar übereinstimmend nacli Turner und Flower Ortliognathic.
1 Flower (16) giebt für 3 weibliche Schädel ein Mittel von 97.8, Turner (46, I, p. 12)
! für 6 Schädel, vorwiegend männlichen Geschlechtes, 96.7. Turner bemerkt hiezu'(p. 16),
: dass in keinem Falle die Buschmann-Schädel den Grad von Prognathie erreichen, der
; für den Neger charakteristisch sei, und doch steht (vergleiche die oben pp. 220 und 221
; gegebenen Zahlen) die Durchschnitts-Capacität der Buschleute beträchtlich unter derjenigen
der stark prognathen Neger.
Von den Aus t r a l i e rn, welche ihrer Capacität und anderen Merkmalen nach ebenfalls
zu den niederen, lebenden Menschen-Varietäten gehören, sagt Turner (p. 42). dass
Prognathie nicht eine notliwendige Eigenschaft ihres Schädels sei. 20 Männer ergaben
ihm (p. 38) einen Kieferindex von 100.6, 9 Frauen von 99.7, also mesognathe Mittel;
eine etwas holiere Durchschnittszahl nennt Flower (16), nämlich 103.6 für 51 Schädel
beider Geschlechter. Comliiniert mit den Turner'schen Zahlen giel)t dies für 80 Australier-
Schädel beider Geschlechter 102.4, also ein mesognathes Mittel, während ihrem Bau und
ihrer Capacität nach höher stehende Stämme der östlichen Inselwelt, wie zum Beispiel
die Bergbewohner von Fidji, mit einer Capacität von 1482 nach Flower (16) einen
prognathen Kieferindex von 103.2 verbinden.
Soviel scheint sich aus dem gesagten zunächst zu ergeben, dass es keineswegs die
nach Capacität und anderen anatomischen Merkmalen die tiefste Stelle einnehmenden
Varietäten sind, welche durch prognathen Gesichtsbau sich auszeichnen. Wir sehen vielmehr
das Vorspringen des Kiefers zunehmen vom Wedda zum Tamil und von diesem zum
durchschnittlich, noch etwas höher stehenden Singhalesen, und eine parallele Reihe zeigte
sich bei den wollhaarigen Formen vom Andamanesen und Buschmann zum höheren Neger.
Wir glauben daher, dass die Prognathie dieser höheren Formen ein secundärer
Erwerb ohne palingenetischen Werth ist, un<l dass sie bei diesen nur eine Affenähnliclikeit
vortäuscht, ohne diese Bedeutung zu besitzen. Wir denken uns, dass ein orthognather
oder leicht mesogiiather Kieferbau schon von einer sehr tiefen Stufe des menschlichen
Geschleclrtes erreicht worden ist, nnd dass später anfs neue Prognathie erworben wurde und
«ch erbhch fixierte, um endlich tertiär bei den höchsten Menschenforinen, zu denen die
Europäer gehören, wieder zu verschwinden und aufs neue der Orthognathie Platz zu
machen. Dagegen möchten wir der auch den Weddas, wie oben erwähnt, in ausgesprochener
Weise zukommenden Prodentie phylogenetische Bedeutung zuschreiben.
Hanke ist in einer eben erschienenen Arbeit (42) zum Schlüsse gekommen, dass
'•ognatliie, wo sie am menschlichen Schädel sich zeige, nicht als ein Zeichen niederer
" , ® au^iusehen sei, sondern im Gegentheil als das Endziel erscheine, nach
lem die normale, volle Entwddduiig des Menschenschädels hinstrebe, ja ni ihren höheren
^^^radeii als ein Excess typisch menschlicher Formbildmig zu gelten habe. Ranke geht
' aiei von der Beobachtung aus, dass die am menschlichen Foetus constatierbare Proo-nathie
Neugeborenen durcli Orthognathie ersetzt wird, um später wieder beim Erwachsenen
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