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47° und '24r° dargestellt. An den Bildern sieht man klar, wie sehr viel offener beim Wedda
der Winkel ist als beim Durchschnittseuropäer und ferner, wie der Gorilla hierin menschliche
Verhältnisse zeigt.
Das verschiedeue Verhalten der Axe des unteren Geleidcondes zu der des oberen
ist auch ganz deutlich auf den Gauzbildern von Annen der Tafel LXXXI zu sehen. Die
drei dort dargestellten Arme sind alle zum Photographieren so aufgehängt worden, dass
die Lage der llumeruskopfaxe überall nahezu, wenn auch nicht ganz genau, dieselbe war.
Sieht man nun das cubitale 1 lumerusende an, so bemerkt man, dass die Stellung desselben
bei Wedda und Schimpanse einerseits, und beim Europäer andererseits, viel stärkere Abweichungen
zeigt, als etwa nur durch verschiedene Lage der llumeruskopfaxe beim Autliängen
des Armes bewirkt sein könnte. Bei den beiden Ersteren sieht der ulnare Epicondylus
mehr oder weniger stark nach vorne, während er beim europäischen Arme fast genau
in der Fläche der Tafel selbst hegt, und dies ist eben eine Folge der verschieden starken
Torsion des unteren llumerusendes. Es wäre interessant, zu erforschen, in welcher Weise
sich diese Differenz des Armbaues in den physiologischen Leistungen der Extremität
wiederspiegelt.
L u c a e (36. p. 276) bestimmte bei einem ]\ralayen den Axenwinkei zu 51". Wenn
diese Messung ganz richtig ist, woran wir fast zweifeln möchten — es ist nämlich nngernein
leicht, Fehler in der Winkelbestimmung zu machen — so wäre dies ein höchst
sonderbarer Fall, der wohl blos individuelle P>edeutung halben dürfte. Indessen ist es
wahr, dass die Malayen in ihrcur Skelett mancherlei Eigenthümlichkeiten zeigen, und es
wäre daher eine Analyse dieser Stämme driugend erwünscht, indem offenbar unter dem
Namen ..Malayen" Varietäten von höchst verschiedener anatomischer Höhe zusammen gefasst
werden. Nach dem gesagten ist jedenfalls klar, dass ein lioher Axenwinkei beim
Jlenschen als ein niedriges Merkmal aufzufassen ist.
Bei den Weddas erhielten wir fiir die <S Männer ein Mittel von 31.6, für die 2
Frauen — das etwa 15 jährige Mädchen ist hier ausser Betracht zu lassen — ein solches
von 29°. Analysiert man die Zahlen, welche Ge g enbaur , Luc a e und Wel cher für die
Neger angeben, so Ijcträgt das Mittel von 5 Männern 32.8, von 2 Frauen 15°.
In diesen beiden, freilich aus einer viel zu geringen Zahl von Fällen zusammengesetzten
Pieiheu zeigt sich übereinstimmend bei der Frau ein kleinerer Axenwinkei, also
eine mehr dem parallelen sich annähernde Stellung der Axen der lieiden Ilumerusendcn.
Ge g enbaur dagegen giebt von den Europäern an, dass eine Versciüederdieit dos Verhaltens
in beiden Geschlechtern nicht erkennbar sei (p. 57j. Doch sind vieh; der von ihm untersuchten,
sowie auch 2 der 4 von uns gemessenen, europäischen Oberai'me unbestimnitun
Geschlechtes gewesen, so dass die Fj'age, wie sich beim Europäer die beiden Geschlechter
verhalten, noch als eine offene betrachtet werden muss. Es wäre wünschenswerth, dass
zur Entscheidung grössere Reihen geprüft würden.
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Wenn es sich so vorhält, wie wir aus Analogie mit dem bei Weddas und Negern
ocfniidenen annelrnren möchten, dass der Winkel zwischen den beiden Gelenkendenaxen
bei der Frau kleiner ist als benn Manne, der numerus also im Sinne von Ma r t ins mehr
o-e(helit erscheint, so würde auch dies in die Kategorie von Eigenschaften gehören, in
welchen das weildiche Geschlecht sich weiter von den Anthropoiden und vom Kinde entfcrut
als der Mann.
Gegenbaui', hat nämlich die Frage geprüft, wie sich der besprochene Winkel beim
europäischen Embryo und Kinde verhalte, und gefunden, dass 8 Embryonen von der 16.
bis zur 33. Woche einen mittleren Winkel von etwas über 43° (p. 58), also eine sehr verschiedene
Axenstellung als die Erwachsenen besassen, wo sie, wie man sich erinnert, 12°
betragen hatte. Bei 4 Neugeborenen erhielt er ein Mittel von fast 45°, also ein noch etwas
hölieres Maass; doch ist die Steigerung zweifellos nur Folge der geringen Zahl der untersuchten
Einzelfälle, was scdion daraus hervorgeht, dass 7 Kinder aus dem ersten Lebensjahre
ein Mittel von nur ungefähr 38° (p. 59) ergaben, also einen deutlich kleineren Winkel als
beim Foetus aufwiesen; die Abweichung vom Erwaclisenen ist aber immer noch sehr hedeutend.
Mit vollkommenem Pi,echte sagt daher Gegenbaur (p. 60): „Vergleicht man mit
dem von mir für die Jugendzustände des Humerus angegebenen Verhalten die vom Humerus
der Neger bekannt gewordene Stellung der distalen Gelenkenden, so wird in letzteren
ein beim Europäer vorübergehender Zustand zu erkennen sein."
Ganz dasselbe gilt natürlich für den AVedda, dessen bleibender Zustand, da sehi
Gelenkaxenwinkel durchschnittlich noch offener als der des Negers zu sein sclieint, vom
europäischen Kinde in einer noch etwas früheren Periode durchlaufen wird.
Es ist also nunmehr eine feststehende Sache, dass es Menschen-Varietäten giebt,
deren Gelenkendeii des Oberarmes in einem von europäischen Verhältnissen abweichenden,
grösseren Winkel zu einander stehen, deren Humerus also weniger gedreht ist. Wedda s
lind Neger sind bereits erwähnt worden; namhaft zu machen wären noch die Ne g r i t o s
der Phdippinen, bei denen Vi r cho w (50, p. 207) dieses Umstandes gedenkt, ohne Winkelmaasse
anzugeben. Dasselbe berichtet Vi rchow (51, pp. 165 und 170) von Skeletten
brasihanischer Indi ane r . Weitere Untersuchungen wären eine höchst dankbare und wichtige
Aufgabe.
Der Ansicht von Ma r t ins , dass der Humerus, um mit dem Femur in Parallele
gesetzt werden zu können, retordiert werden müsse, ist in neuerer Zeit mehrfach widersprochen
worden. Unsere Aufgabe kann es nicht sein, diese theoretische Frage hier zu
erörtern; uns kam es l)los darauf an, nachzuweisen, dass beim erwachsenen Wedda der
Winkel, welchen die beiden Axeii der Gelenkenden des Humerus mit einander bilden, ein
anderer ist als beim erwachsenen Europäer und sich viel mehr den Verhältnissen annähert,
welche uns beim europäischen Kinde oder den Anthropoiden entgegentreten.
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