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Was die Form clor Nasenbeine betrifft, so bilden sie in der Regel mit einander
die Gestalt einer Sanduhr, indem auf die Nasenwurzel oder die Nasofrontalsutnr eine seitliehe
Einschnürung un(i dann wieder eine starke Verbreiterung gegen die Apertura piri,
fomüs hin folgt; man vergleiche zum Beispiel die Frontalbilder der Tafeln XLVllI und XLLX
Zuweilen ist freilich die erwähnte Einschnürung nur schwach angedeutet.
Aus der kleinsten und der grossteu Breite der beiden Nasenbeine haben wir, wie
oben (p. 178) erklart worden ist, einen Nasenbcinbreiten-Iudex berechnet, indem die grösste
Breite 100 gesetzt wurde. Als Mittel erhielten wir bei 19 Männern die Zahl 51; ej
bedeutet dies, dass die beiden Nasenbeine zusammen an ihrer breitesten Stelle durchschnittlich
doppelt so breit sind als au ihrer schmälsten. Diese letztere liegt fast ausnahmslos
nicht an der Nasofrontalsntur, also der Wurzel der Nasenbeine, sondern an der
erwähnten, auf die Wurzel folgenden, seitlichen Einziehung.
Bei 9 europäischen Männerschädeln betrug der gemittelte Iudex 57.4, woraus eine
grössere Parallelität der äusseren Nasenbeinränder hervorgeht.
Bei den AVedda-Frauen ist die Sandulirform viel weniger ausgeprägt als bei den
]\fämiern (gemittelter Index 60.2), was auch auf unseren Tafeln sehr Avohl zu erkennen ist.
Von den Anthropoiden zeigen die Sanduhrform der Nasenbeine der Gorilla und
die meisten Schimpansen (siehe Fig. 155, Taf. LXXVIII).
Yirchow (57, p. 46) nennt bei seinem Fraueiischädel den Nasenrücken etwas eingebogen,
bei einem zweiten, männlichen Schädel, den wir, wie schon früher (p.217) bemerkt,
nicht für ganz ächt ansehen, die Nasenwurzel etwas tief, aber deu Nasenrücken aufgerichtet
(p. 48), weiterhin (p. 56) die Form der knöchernen Nase beim Wedda gedrückt imd
(p. 116) die Nasenwurzel schmal und eingedrückt.
Nach Thomson (44, p. 154) sind die Nasenbeine klein, wohl geformt und gewöhnlich
vorspringend: ihr Kamm sei von oben nach unten coiicav-convex. Auch aus
diesen Angaben geht die Beimischung fremden Blutes hervor, deren wir eine Anzahl seiner
Schädel für verdächtig halten.
Virchow hat in seiner bedeutsamen Schrift über einige Merkmale niederer
JMcnschenrassen am Schädel (52, p. 115 ff.) auf eine gelegentlich vorkommende, abweichende
Bildung der Nasenbeine aufmerksam gemacht. Es besteht dieselbe in einer ungewöhnlichen
Verkleinerung derselben, so dass sie sich nach oben liin fein zuspitzen und zuweilen
sogar das Stirnbein nicht mehr erreichen, wofür sich dann die Stirnfoi'tsätze des Oberkiefers
in der Mittellinie oberhalb der Nasenbeine vereinigen. Vircliow fand dies vorzugsweise
an malayischen Schädehi von <len Sunda-Inseln, und da dort auch der Orang
zu Hause ist, der von den übrigen Anthropoiden durch Verkümmerung und Verschmälerung
der Nasenbeine ausgezeichnet ist, so wurde Virchow zu einem Vergleich mit dioscni
gedrängt.
Unter unseren Wedda-Schädeln befindet sich auch einer, welcher diese Abweichung
von den gewöhnlichen Verhältnissen zeigt (Fig. 108, Taf. LIII). Beide Nasenbeine sind
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ausserordentlich klein und spitzen sich nacli oben zu; wie auf unserem Bilde verfolgt
werden kann, wird das eine derselben durch den Stirnfortsatz des Oberkiefers von der
Verbindung mit dem Stirnbein ausgeschlossen.
Virchow hat diesen Zustand als katarrhine Beschaffenheit der Nasenbeine bezeichnet.
Indessen scheint uns dieser Ausdruck nicht glücklich zu sein; denn es besitzt
von sämriitliehen Anthropoiden nur der Orang so stark reducierte Nasenbeine, und sellist
hei ihm sind die beiden, mit einander verwachsenen und nach oben sich zuspitzenden
Knochen von der Berührung mit dem Stirnbein nicht ausgeschlossen. Es stellt also diese
Reduction der Nasalia in keinem ursächlichen Zusammenhang mit der katarrliinen Bildung
der Nase. Grorilla und Schimpanse haben vielmehr sehr wohlentwickelte Nasenlieine, und
bei ihnen kommt eben jene Sanduhvform vor, welche wir beim Wedda constatierten, und
die sich auch bei anderen Varietäten findet. Diese Form möchten wir für eine phylogenetisch
wichtige halten und zwar um so mehr, als mit ihr beim Gorilla sowohl, als
manchen Schimpansen, eine leichte, mediane Erhebung des Nasenrückens sich verbindet.
Wir sind daher der Ansicht, dass der Orang die Verkümmerung der Nasenbeine,
wie so viele andere Eigenthünilichkeiten, welche ihn auszeichnen, selbstständig erworben
habe, und dass dieselbe nicht eine Durchgangsform für den Menschen bedeute. Darum
glaulien wir auch, dass, wo eine ähnliche Reduction beim Menschen zur Seltenheit eintritt,
sie keine phylogenetische Bedeutung hat, sondern eine pathologische Erscheinung ist.
Es scheint uns dies dadurch sicher gestellt, dass die Reduction bis zum völligen Schwund
der Nasenbeine führen kann. Fälle dieser Art finden sich mehrere in der Literatur verzeichnet.
So besass Davis zwei Neger-Schädel ohne Nasenbeine (Nr. 1066 und 1461 seiner
Sammlung), und van der Hoeven (citiert nach Virchow) fand dasselbe bei einem
Buschmann. In neuerer Zeit hat ferner Turner (46, I, p. 58) einen Fall von völligem
Defect der Nasenbeine bei einem Admiralitätsinsulaner erwähnt und abgebildet.
Einem totalen Fohlen der Nasenbeine wird gewiss niemand phylogenetische Befleutimg
zuschreiben, und so denken wir, dass auch die Verkümmerung derselben, welche
als eine Vorstufe des totalen Defectes angesehen werden kann, keine solche zu beanspruchen
habe.
Wenn es sich bestätigt, dass die Malayen einen grösseren Procentsatz von dieser
Auomahe als andere Varietäten aufweisen, so ist dies gewiss ein ausserordentlich interessanter
Varietätscharakter, der eine statistische Controlle wohl verdiente, aber kein
Merkmal, das die Malayen näher als Andere mit tleu Anthropoiden verbände.
Zu den unsichersten Messungen gehören diejenigen am knöchernen Gaumen, indem
der Zalmbogen selten intact ist, sondern in weitaus deu meisten Fällen mehr oder
minder starker Resorption anheimgefallen ist. Wenn mau nach der oben (p. 180) auseinander
gesetzten Methode von Flower Länge und Breite des Zahnbogens misst und aus
'en beiden Maassen den Palatomaxillarindex berechnet, so erhält man als Mittel von
Männern 116.5 und von 6 Frauen 115.6.
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