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Statt zu danken, begannen seine Weddas von neuem ihren „widerlichen Convulsionstanz'".
Vielleicht liegt iu dieser Erscheinung eine Art Dankopfer für die werthvolle Beute; wiibefinden
uns hier aber auf sehr uusicherem Boden.
Wir erwähnten oben, dass die Weddas inn den Tanzplatz zuweilen einen Kreis
von Feuern anzünden, was, wie gesagt, wohl nur des Nachts geschehen kann. Die
I^euer werden wahrscheinlich auch durch die im Kreise hingelegten Bogen ersetzt; wir
selbst haben dies zwar nicht beobachtet. Stevens aber sah eine solche Anordnung der
Rogen (siehe unten Abschnitt; Charakter).
Aus den Umständen, unter welchen der Pfeiltanz von den D e s c harn]! s'schen
Weddas in Wewatte vorgenommen wurde, möchten wir schliessen, dass er auch als
S c h u t z m i t t e l gegen wilde Thiere aufgeführt wird, wenn die Weddas an einem ihnen
verdäclitig vorkommenden Orte des Nachts im Freien sich lagern müssen. Die Weddas,
welche diesem Autor zugeführt worden waren, hatten sich an einer entfernten Stelle gelagert
und hengen nun plötzlich an, einen Tanz aufzuführen. Er schlich sich heran und
beobachtete Folgendes; ..Der Mond erhob sich eben; ein Reisigfeuer warf ersterbende
Schimmer in das Buschwerk, wo die Weddas lagerten. Alles war still; hingestreckt auf
die Erde, ohne Ordnung durcheinander, den Körper auf kaum wahrnehmbare Art bewegend,
beginnen die W^eddas plötzlich die ersten Verse eines Gesanges etc. Mit einem Mal erlicben
sich Alle zusammen mit mechanischer Heftigkeit etc., und der wahre zügellose Tanz
beginnt. Sie schreien aus Leibeskräften Töne, welche Todesröcheln ähneln und werfen
ihren Bauch in höchst mianständiger Art vor- und rückwärts etc. Die Arme in der Luft,
springend, sich verfolgend, jetzt alle getrennt, dann zu einer Gruppe vereinigt, sind Unordnung
und Lärm auf ihrem höchsten Punkte. Endlich wird die Athmung keuchend, sie
schnaufen wie Nilpferde, werfen ihren letzten Ton in einen Seufzer, und ganz von Schweiss
überströmt, ausser Athem, nehmen sie wieder ihre Lage in einer einzigen Bewegung ein,
schweigend und unbeweglich." Da die Weddas nach ihrem Tanze sich unserem Autor
nicht mit Bitten genähert hatten, so wird die Bedeutung dieses Tanzes wohl eine andere
sein, als diejenige des von uns beschriebenen, und wir suchen, wie schon hervorgehoben,
den /weck derselben in der Hoffnung, sich dadurch gegen wilde Thiere schützen zu können.
Die Gründe, worauf wir uns stützen, sind folgende; Es bestand nach dem oben (Seite 509)
wiedergegebenen Berichte von Bailey eine Beschwörung der wilden Thiere durch einen
Wedda in überirdischen Schreien." Desgleichen schrieen die Deschamps'schen Weddas
aus Leibeskräften. Ferner erwähnt Bailey der Worte; wiruwi, wiruwa, welche wiederholt
wiederkehrten; Deschamps hörte: wirudai, wiru, wiru. Dazu giebt letzterer Autor
einen aus vier Zeilen bestehenden, von den Weddas bei jenem Tanze gesungenen Vei's
wieder, der ihm, wie er sagt, nicht recht übersetzt werden konnte; was er als Uebersetzung
hinstellt, hat in der That keinen rechten Sinn. In der ersten Zeile kommt wiederum
das Wort wiru vor und zwar in Verbindung mit wala, bei Bailey wohl zusammengezogen
in wa; wir halten für möglich, dass hier vvalaha, der Bär, gemeint sei, vor dem die
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Weddas sehr in Furcht leben (siehe oben Seite 442). Wir verhehlen uns jodocli nicht,
dass wir hier sehr dunkles Gel)iet betreten; denn andrerseits ist der Wahalabandara einer
der hauptsächhchsten siughalesischen Dämonen, dessen flaupttempel, die Galakaijpudewalc,
in dem von Wewatte nicht weit entfernten Alutnuwara steht (De Silva, i)ag. 39). Wir
erwähnen dies nur, um zu zeigen, wie viele Vorsicht iu diesem Gebiete von Nöthen ist.
Wenn wir im Pfeiltanze eine Art religiöser Verehrung des Pfeils erblicken, so
glaulien wir deswegen nicht, dass eine solche etwa die klare Form des Fetischismus angenommen
habe, und dass der Pfeil geradezu als Gottheit angesehen werde. Weder uns,
noch auch den anderen Autoren wurde jemals auf die au die Weddas gerichtete Frage,
ob sie einen Gott hätten, die Antwort zu Theil, sie verehrten den Pfeil als solchen. Der
Pfeiltauz wird offenbar als mechanisches Mittel betrachtet. Glück bei der Jagd zu haben
oder Schutz gegen wilde Thiere zu finden, und er wird von den Weddas also in derselben
Weise ausgeführt, wie manche abergläubische Gebräuche in Europa, aus denen ja aucli
keine Verehrung, kein Cultus des zu der vorgenommenen Handlung gebrauchten Gegenstandes
hervorgeht. Wohl aber glauben wir, dass eine klare Vorstellung von einer Pfeilgottlieit
dem weddaischen Pfeiltanze insofern zu Grande liege, als, wie schon oben
(Seite 5U8) bemerkt, zu einer gewissen Zeit der Pfeil wahrscheinlich allgemein in Vorderindien
als Gottiieit oder als Symbol eines Gottes verehrt wurde, bis andere religiöse Anschauungen
diesen Pfeilcultus verdrängten; in unklarer Form erhielt er sich aber noch
bei niederen Stämmen Vordcrimliens und bei den Weddas; und zwar können wir bei diesen
lediglicli den Glauben an den Nutzen des Pfeiltanzes und den gewisser Verse, welche
während des Tanzes gesimgen werden, und welche die Weddas selber nicht zu verstehen
scheinen, nachweisen. Von diesen Versen vermuthen wir, dass sie singhalesischen Ursprungs
sind imd aus einer Zeit stammen, da die singhalesischen Jäger die Pfeilverehrung
noch ausübten; von ihnen gieng diese Letztere dann auf die W^eddas über und blieb denselben
in Form von für sie selbst unverständlichen Handlungen und Worten hängen. So
war beispielsweise der alte Culturwedda Sella von Mudagala nicht im Stande, uiis die von
ihm zum Tanze gesungenen Worte langsam der Reihe iiach anzugeben. Er könne sie
mir singen, sagte er. Er hielt also die gesungenen Worte dem Tone und nicht dem Sinne
nach im Gedächtnisse fest.
Die r'feilverehrung der Weddas bedarf dringend weiterer Untersuchung; man sollte,
wie wir schon oben (Seite 509) vorgeschlagen haben, die Tänzer fragen, warum sie denn
den Pfeil in ihrer Mitte aufpflanzten. Wir wiederholen aber unsere Ueberzeugung, dass es
nicht nu'iglich sein wird, unter den Naturweddas eine klare Vorstellung von einer Pfeilgottheit
zu entdecken; sonst hätte sich irgend eine Spur davon schon finden lassen müssen.
Nach Virchow ähnelt der Tanz der Weddas dem der Schamanen. Sehr stark
win-den wir durch den Zikr der heulenden Derwische in Kairo an den Pfeiltanz der Weddas
erinnert.