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Die Wcddas lebten schon dazumal in Höhlen, \vio heutzutage noch die Natuiweddas,
und bewohnten eine Gegend, welche sehr felsig war, wie dies ja auch im heutigen
Weddalaude der Fall ist. Die Ai't und AVeise ferner, wie der Thebaner von ihnen angehalten
wurde, erinnert völlig an die oben (Seite 479) wiedei'gegebene Erzählung des Gewährsmannes
von van Goens, Juan de Costa, welcher im 17. Jahrhundert durch ihr Gebiet
zu reisen hatte. Das ganze Weddaland stellte eben offenbar schon im 4. Jahrhundert,
ebenso wie noch im 17., ein festgeschlossenes Jagdgrundnetz dar, von dem jede Masche
das Eigontlunn einer Familie repräsentierte. Die Uebereinstimmung zwischen beiden Erzählungen
ist sehr auffallend: Der ISerichterstatter des van Goens erzählt, er sei von
einem Bogenschützen angehalten nud ausgefragt worden, was er begehre, wohin er reisen
wolle, was sein Auftrag sei. Dei' Thebane r berichtet: Der, welcher die Autorität hatte,
hielt mich fe.st, fragte mich über ineine Angelegenheiten aus, wie ich es wagte, in ihr
Land zu dringen. Der Erstere konnte sich dann mit ihnen verständigen, der Letztere aber
verstand ihre Sprache nicht. Auch am lauten Reden und am Rollen der Augen erkennen
wir in <h^r Erzählung des Thebaners unsere Weddas wieder.
Eigenthümlich erscheint der L'instand, dass die Weddas den Thebaner längere Zeit
festhielten. Dass sie ihn für's Erste mit sich nahmen, da er ihre Sprache nicht verstand,
kann mit Hilfe der Annahme ei'klärt werden, dass sie glaubten, er wolle mit ihnen zusammen
leben; denn noch heutzutage nehmen die Weddas singhalesische Flüchtlinge, widche
sich an sie anschliessen, gastfreundlich auf (siehe oben Seite 544). van Goens berichtet
aus dem 17. Jahrhundert, dass sich im Gebiete der Weddas tamilische und singhalesische
Flüchtlinge in grosser Anzahl aufhielten: ferner erzähh liibejro (17. Jahrhundert), er
habe einen Inder kennen gelernt, welcher an der Küste der Weddas Sdiiffbruch gelitten
habe; diese Letzteren hätten ihn gut aufgenommen und genöthigt, ihre „Königin" zu
heirathen; er habe sich aber zuletzt gelangweilt, inimer im Walde zu leben und habe
sich zu den Portugiesen gerettet (sielie auch oben Seite 487). Aus letzterem Ausdrucke
gellt hervor, dass auch er, wie 1300 Jahre vor ihm der Thebaner, von den Weddas thatsächlich
festgehalten wurde. Beide aber, der Tliebaner sowohl, wie der Inder, wurden
offenbar im Ganzen gut beliandelt. Jedenfalls waren schon im 4. Jalnlnmdert die Weddas
ebensowenig wie im 17. oder heutzutage ein blutdürstiger Volksstamm.
Die Arbeit des Thebaners bestand darin, das Korn, welches dei' Senior des dortigen
kleinen Clans sich verschaffen konnte, zu kochen. Da in dem besprochenen Tractat
zu Anfang bei dei- Beschreibung der Singhalesen von Reis, oQv'^a, die Rede ist, hier aber
von alrog, Korn, da ferner an Weizen hier nicht wohl gedacht werden kann, so vermuthen
wir, dass Kurakkan (Eleusine) gemeint sein könnte. Interessant ist nun flie Angabe, er,
der Thebaner, habe nicht erfahren, wo der „liönig" das Korn herhatte. Wir dih'fen
uns deshalb gewiss vorstelleji, dass jene Weddas es sich dui'ch geheimen Tauschhandel
verschafften (siehe oben Seite 555). Ferner geht aus jener Angabe des Thebaners liervor,
dass die damaligen Naturweddas ebensowenig Ackerbau übten, wie die heutigen; sonst
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h ä t t e er doch von der Gewinnung dos Kornes wohl überhaupt nichts erwähnt. Es ist
des weiteren die Angabe eines Aufenthaltes des Thebaners bei seinen Weddas von seclis
Jahren wohl durch das Versehen eines späteren Abschreibers entstanden; denn in. so langer
Zeit hätte dieser Mann denn doch wohl die Herkunft des Kornes erfahren können, und
er wäre wohl auch in der Kenntniss der Sprache weiter gekommen, als nur Ins dahin,
dass er „das meiste herausdeuten konnte". Es werden statt sechs Jalu'en wohl sechs
Wochen gewesen sein. Das eigene Handelsobject der damaligen Weddas war, wie der
Thebaner angiebt, Pfeffer. Dies ist heutzutage und auch seit langer Zeit nicht mehr der
Fall, da Pfeffer anderweitig in grösseren Quantitäten gewonnen werden kann. Dass diese
Frucht jedoch dazumal auf Ceylon durch die Weddas vermittelst geheimen Tauschhandels
geliefert wurde, ist recht wohl zu glauben. Zur Zeit des van Goens beschafi'ten die
Weddas, diejenigen von ihnen natürlich, welche an den Grenzen des VVeddalandes lebten
ruid so überhaupt mit den umwohnenden Culturvölkern in gewisse Handelsbeziehungen
kamen, unter Anderm, wie oben (Seite 559) schon erwähnt, Edelholz, was heutzutage,
<la sich die englische Regierung dies selbst holt, auch nicht mehr geschieht. Der Thebaner
kam natürlich auch zu solchen Weddas, welche an der Grenze des Weddalandes
leljten.
Wenn der Thebaner des Palladius von einem „Könige", der Inder des Ribeyro
von einer „Königin" der Weddas spricht, so ist diese Bezeichnung natürlich nicht wörtlich
zu nehmen; es handelt sich hier nur um eine männliche oder weibliche Person von
einer gewissen Autorität, wie wir beide Fälle auch heutzutage gefunden haben (siehe oben
Seite 486). Es bezeichnet auch der Thebaner seinen König anfangs, wie schon erwähnt,
viel richtiger nur als dvvmmviui', als den, welcher Macht, Ansehen hatte. Wenn er sodann
f o r t f ä h r t : Ein anderer König, welcher mit dem Seinen Krieg führte, habe den Letzteren
bei dem Hauptkönig der Insel angezeigt, so haben wir unter diesem „anderen König"
niclits weiteres ZU vcrsitoliPiL, FILS doli dortigen siiiülinlGsisclicii IVOI'CIIG odor HITITTIINQLIIITIIIAY;I
der von diesem Vorfall an den singhalesischen König in Anuradhapura, dazumal möglicher
Weise den im Mahawansa gerühmten Buddhadasa. Bericht erstattete. Dass das Ansehen
der Europäei' m Ceylon dazumal schon ein so grosses war, wie heutzutage, geht noch
ausserdem aus der Erzählung hervor.
•Wahrsclieinlicli war der Thebaner von Bengalen her gekommen und in die Builit
von Koddiyar an der Nordostküste eingelaufen. Von dort aus verirrte er sich zu den
Weddas. Mit f'utlam an der West-, sowie mit Koddiyar an der Ostküste war, als mit
zwei wichtigen Häfen, die damalige Hauptstadt Anuradhapura jedenfalls durch zwei für
Oclisenwagen fahrbare Strassen verbunden. Dass der Thebaner am Ganges gewesen war,
geht aus seiner üemorkuug hervor, er habe die Haut eines Gangesdrachen, wohl eines
<:iavial, dort gesehen, sie sei zwei Fuss breit gewesen. Daraus macht der lateinische Tractat
sofort zwei und viei-zig (vergleiche das oben über den Aufenthalt von sechs Jahren bei den
Weddas Gesagte).
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