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als der Scliimpanse ausgezeichnet sind. Unter diesen Stämmen sind aber gerade diejenigen
nicht vertreten, welchc wir als die tiefsten anzusehen, Grund zu haben glauben
die Weddas und die Andanianesen, und darum sclieint uns das stai'ke Gebiss der
genannten Varietäten, ähnlich wie ihre grossere Prognathie (sielie p. 242 ff.) ein secundärcr
Erwerb zu sein, welclier keine nähere Beziehung zu den Anthropoiden bedeutet.
Tliomson (p. 155) giebt von 2 Weddas Dentallängen von 36 und 37 mm, also
sehr gelinge Werthe, an.
Ueher den Unt e rki e f e r haben wir wenig mitzutlieilen, da wir ihn nicht genaupr
nutersuchten. Aus unseren Schädelbildem lässt sich ersehen, dass das Kinn vorhanden
aber lucht stark entwickelt ist, und dass die Schneidezähne meist schief in den Alveolen
stehen.
Die Länge des Unterkiefers in seiner Mittellinie bestimmten wir nach der pag. 181
beschriebenen Methode bei 19 Mäiuieni im Mittel zu 98.8 und die Breite des Unterkiefers
an den AVinkeln zu 95.4. Wenn mau aus diesen beiden Zahlen einen Index berechnet,
indem mau die Länge ^ 100 setzt, so erhält man für die Breite die Ziffer 96.6. Wir
werden später sehen, dass die beiden anderen ceylonesischen Varietäten, die Tamilen
und Singhalesen. niederere Durchschnittszahlen ergeben, woraus folgt, dass der Wcdda
durch einen, im Verhältniss zur Länge, breiteren Unterkiefer von seinen Nachbarn sicli
unterscheidet. Dieses Resultat wird nicht verändert, wenn man statt der Unterkieferwinkel-
Breite die Intercondyloidbreite zur Berechnung des Iudex heranzieht.
Die kurze und Ijreite Unterkieferform, welche mit der gleich gestalteten Gauinenform
correspondiert, ist entschieden weniger pithekoid als die längere und schmälere der
Tamilen und Singhalesen; es gehört dies wieder in dieselbe Kategorie von Eigenschaftwi,
wie der erwähnte, den Weddas gegenüber geringere Grad von Orthognathie dieser beiden
Varietäten.
Anhangsweise haben wir nocli des männlichen Wedda-Schädels (XVIII) zu gedenken,
welcher hochgradige pathologischf.' A'^eränderungen aufweist. Nebenstehend findet er sich
in halber natürlicher Grösse, von vorne und von der Seite, abgebildet. Da die rechte Seite
des Schädels bei der Ausgrabung etwas beschädigt wurde, haben wir die linke photographiert
und die Platte nachher umgekehrt.
Das Alter des Mannes, als er starb, mag, nach dem Zustand der Zähne zu urtheilen,
20 bis 25 gewesen sein.
Das Eigenthümliche an diesem Schädel ist eine allgemeine! Hypertrophie säuimtlicher
Knochen, sowohl im Gesicht, als an der Mirjicapsel.
Besonders stark hypertrophisch oder hyperostotisch erscheinen das Stirnbein, die
Scheitelbeine und der obere, muskelfreie Theil der llinterhauptsschuppe. In diesen ßegioiieu
ist die spongiöse Diploe mächtig angeschwollen, an einzelnen Stellen mehr als 2 cm Dicke
erreichend. Auf der ganzen Oberseite des Schädels tritt die spongiöse Substanz frei zu Tage,
indem die äussere, solide Lamelle fehlt oder auf einzelne Streifen rednciert ist. Solche
Streifen zeigen sich längs der total obliterierten Kranznaht und an einzelnen Stollen der
ebenfalls spurlos verschwundenen Pfeilnaht. Die Lage der früheren liranznaht ist durch
eine leichte Depression angedeutet, welche man auf lurserem Profübilde wahrnehmen kann.
Der untere Theil rles Hinterhauptsbeines, Schläfen- uird Keilbein sehen noj-mal, wenn auch
Icirlit aufgedunsen aus; die Basilarsutur ist noch offen, was wohl nicht durch die Jugend
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H y p e r o s t ü t i s c h e r Wedda-Schädel.
CW.KrcideloVRTlag in Wee baden. •Photogravure uJiipferdroek ri.Hirt8rtH&Ga.Sc.- •
des Schädels-, dessen sämmtliche Molaren bereits wohl entwickelt sind, sondern durch die
alMorinerr Wachstlnnnsverhältnisso bedingt ist.
Auffallend veriindert sind auch die sämmtlicherr Knochen des Gesichtes; sie erscheinen
wie aufgeschwollen; die Känder der Augenhöhlen haben alle Schärfe verloren,
«le sind vollkounneu al)gerundet; die Nasenbeine liegen ganz flach neben euiander; die
Nasenoffnuiig ist fast rund, und seitlich ist sie von dick aufgeworfenen Rändern, ähnlich
«^ic beim Gorilla, umschlossen; aucli ihr unterer Rand ist breit aufgewulstet, viel mehr
üoch, als es auf unserem Bilde der Fall zu sein scheint; eine Spina nasalis fehlt vollständig.
Auch der Alvoolarfortsatz des Olierkicfers, in welchem die Vorderzähne, wie das
roKlInld zeigt, stark schräg eingesetzt sind, ist rundlich aufgeschwollen.
S 4 R A S I N , Co,Ion ni.
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