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Nicht anders fanden wir os im Nilgaladistricte in Kolonggala. Es sagten iins nämlich
die dortigen Weddas, früher hätten sie Raumzweige unter der Lendcnschnnr getragen,
und anf unseren Wnnsch liin kleideten sich sofort Einige in I^lätter, ganz so wie die von
Dewihine, von deren Existenz sie doch keine Ahnung hatten, ein Umstand, woiiiher unten
Näheres (siehe den Absclmitt: Sociologie).
Fünf Jahre später 1890 fanden wir die Sachlage noch unverändert in Henebedda.
einer andern Niederlassung desselben Districtes, und bei dieser Gelegenheit nahmen wir
die Bilder der Tafel XXV, Figg. 44 und 45 auf. Befremdlich ist dabei <lie rohe Art, in
welcher die Zweig-Enden unter die Lendenschnur geschoben sind, wofür wii' den Grund
wohl in der ganz raschen Herstellung des Blätterhüftrockes zu erblicken haben, da (is
darauf ankam, unserem Wunsclie momentan zu entsprechen. Beim gewöhnlichen Gebrauche
und zumal beim Tanze, welchen sie, wie wir unten sehen werden, ebenfalls gerne
im Blätterhüftrock aufführen, müssen die Zweig-Enden jedenfalls sorgfältig mit dem Pfeile
zugeschnitten werden, damit sie nicht in Folge der heftigen Bewegungen des Körpers die
Haut verwunden. Merkwürdig ferner ist die Massenhaftigkeit der verwendeten Zweige.
Nicht nur auf den hier gegebenen, sondern noch auf vier v^eitereu Bildern in iniserem
Besitze, worunter sich das eines Mannes von Dewilane im Blätterkleide befindet, sind die
Zweige in derselben dichten Buschigkeit angeordnet.
Auch an einigen Stellen der Küste trugen die Weddas noch bis vor kurzer Zeit
gelegentlich den Blätterhüftrock; denn der Wedda Pereman, aus Kaluwangkeni, welchen
wir auf Tafel XIV, Fig. 24, abgebildet haben, sagte uns: „Wir trugen früher Kleider aus
grossen Blättern oder ausFiinde." üeber den letzteren Umstand werden wir im folgenden
Abschnitte si^rechen.
Die Weddas von Wewatte im Bintennedistrict äusserten sich dahin, dass heutzutage
Keiner mehr Blätter trage.
Die Weddas von Henebedda gaben uns an, dass sie zu ihrem Blätterkleide immer
dieselben Sträucher verwendeten. Wir haben nun Zweige des Hüftrockes getrocknet und
mitgenommen, so dass die Pflanzen von unserem Freunde , Herrn Professor Dr. P.
Ascherson, bestimmt werden konnten. Es ergab sich, dass die mitgebrachten Zweig-
Enden zwei zu den ßutaceae gehörige Gattungen repräsentierten; sie stammten von den
Stränchern Atalant i a zeylanica, Oliv, und Glycosmis pentaphyHa, Corr.; ersterer hat
ungetheilte Blätter und Dornen, letzterer dreigetheilte Blätter und ist wehrlos. Ascherson
fiel es auf, dass die Blätter aromatisch duften, ein wichtiger Umstand, den wir gleich
unten näher würdigen werden.
Dass die Natiirweddas unter Umständen unaufgefordert mit dem Blätterhüftrocic
sich umhüllen, bestätigte uns ein Indo-Araber, welcher auf unseren Elephantenjagden uns
zum Führer diente. Er versicherte uns, er sei wiederholt im Laufe seiner Jagden auf
Weddaniederlassungen gestossen, und es hätten sich deren Bewohner, wenigstens die Frauen,
aus Scheu vor ihm mit Blättern bekleidet. Er beobachtete also dasselbe, was wir selbst
in Nadenagama wahrgenommen hatten.
Wir haben unsere auf die Blätterbekleidung der Weddas bezügliche Beobachtung
1886 (96) bekannt gemacht. Aus der Literatur haben wir folgende auf diese Sitte sich
beziehende Stellen aufgefunden: Valentyn (113) sagt, es gebe zwei Sorten von Weddas,
von denen die eine Blätter um den Leib trage. Der Anonymus 1823 berichtet, die
wilden Weddas trügen eine kleine Schürze von geflochtenen Blättern, Männer sowohl,
als Weiber. Gillings (32) giebt an: „Früher kleideten sie sich mit der Piinde von
Bäumen und mit Blättern." Dem Tamil (109) zufolge tragen die Weddas, wenn sie Besuche
abstatten, Baumzweige, die mit einer Schnur um ihre Hüfte festgebunden sind.
Nach unserer Bekanntmachung erkaiidigte sich Nevill (76, tom. 1, pag. 188 und
189) über die Sache. Alle Weddas bejahten ihm, dass Blätter einst getragen worden seien,
aber nur die Aermsten hätten sich aus Noth und nicht aus freier Wahl damit bekleidet.
Nevill scheint zu bezweifeln, dass es sich hier um eine alte Sitte handle.
Wir erfahren zunächst nicht, welche Weddas Nevill ausgefragt hat, ein sehr wichtiger
Umstand, da solche, welche schon längst mit Singhalesen oder Tamilen in Berührung
stehen, seit undenklichen Zeiten diesen Brauch abgestreift haben. Nevill wird wohl tamilisierte
Küstenweddas vor sich gehabt haben, jedenfalls an höhere Culturbedürfnisse Gewöhnte,
von denen die Zustände der Armuth oder des Reichthums schon erworben waren.
Den primitiven Naturweddas fehlen diese, da sie keine beweglichen Werthstücke ausser
ihren Jagdwerkzeugen besitzen. Wir wollen nun also gerne zugeben, dass singhalisierte
oder tamilisierte Culturweddas aus Armuth zum Blätterkleide greifen, falls der Angabe von
Nevill nicht ein Missverständniss zu Grunde liegt; eine Erfindung armer Küstenweddas
ist aber diese Bekleidung gewiss nicht, sondern sie steUt ein ächtes Urgewand dar,
welches wir umso häufiger im Gebrauche antreffen, je ursprünglichere Weddas wir vor
uns haben.
Stevens (108) berichtet, dass die Weddas zuweilen die breiten Blätter eines
Baumes trugen, zu andern Zeiten Zweige mit Blättern, wie die der Haselnuss. welche
unter die Lendenschnur gesteckt würden. Stevens sah vielleicht Zweige des Strauches
H e l i c t e r e s isora, L. (Sterculiaceae) verwendet; wir haben jedoch diese Pflanze nicht zu
dem genannten Zwecke gebraucht gesehen. Besonders interessant ist die w-eitere Beobachtung
von Stevens, dass die Weddas im Blätterkleide Tänze aufführten und zwar deshalb, weil
aus einem von De Zoysa (122) 1881 pubhcierten Weddaliede — die Weddaautorschaft
des zierlichen Liedchens ist indessen äusserst unwahrscheinlich; es stammt vermuthlich von
singhalesischen Wanniyas oder Waldbauern (siehe unten Parker s Angabe, Seite 390, und weiter
unten den Abschnitt: Poesie) — hervorzugehen scheint, dass der Blätterhüftrock ursprünglich
nicht sowohl als gewöhnliche Bekleidung, sondern vielmehr als Schmuck, als eigent-
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