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kein Europäer beneidet, lebt er glücklich und frei von Sorgen und, so lange es der Natur
gefällt, in einer gUicklichen Armuth; die Güter, welche die aufgeklärte Welt als ihre
grösste Glückseligkeit achtet, sind ihm raibekannt; in den dunkeln Wäldern, nur genährt
durch den vorsorgenden Himmel, hat die Noth seinen Hausrath erfunden: die hohle
Hand ist sein Glas und ein Baumblatt seine Schüssel. Zusammen mit dem Elophanten
tränkt er sich an dem beschatteten Strom, welcher zwischen moosbegrünten Bäumen fiiesst;
kein eitles Begela-en nach unnötliigen Dingen stört die Ruhe seiner Seele, und unnütze
Kenntnisse quälen nicht sein Geliirn. Sonne und Mond lässt er über sich scheinen, olnie
zu streben, ihren Lauf zu ergründen, keine schwere Arbeit mattet seine Glieder ab, und
er schwitzt nicht hinter dem Pfluge; die Jagd ist seine einzige und angenehmste Beschäftigung,
und die unerschöpflichen Wälder verschaffen ihm Ueberfluss an Nahrung; der Honig
ist sein Salz, in welchem er das gefällte Wild in hohlen Bäumen vor Verwesung liewahrt,
imd der sein trübes Wasser versüsst; die wilden Fruchtbänme neigen ihre schwerbeladenen
Zweige über seinem Haupte, und in der Erde findet er schmackhafte und nährende
Wurzeln. Mit dem Handbeil bewaffnet und von seinem Sohne begleitet, wandert er in den
pfadlosen Wäldern und geht zur Jagd; schnüffelnd umgeben ihn seine geradohrigen
Hunde, und sein Pfeil, welcher sicher trifft, schützt ihn gegen den Anfall reissend(-r
Thiere; begegnet er dem grausamen Panther auf seinem Weg, so macht er sich an
ihn, die Feigheit verachtend, furchtlosen Gemüthes, durchbohrt ihn zu gleicher Zeit
mit seinem nie fehlenden Pfeil, und die Sehne seines Bogens schwirrt im Winde.
Ermüdet von der Jagd ruht er unter grünen Lauben am Piand eines rauschenden Stromes,
während ihn die liebliche Harmonie unzähliger Luftbewohner in den Schlaf wiegt. Eine
Hütte von geflochtenen Zweigen, Raum genug für ihn und seine Familie, ist seine Wohnung;
unter den dicht schattenden Wäldern lebt er sicher vor den brennenden Strahlen der
Sonne. Er fürchtet keinen Feind, noch üeberfall als den der wilden Thiere; aber das
Rauschen der trockenen Blätter und Zweige, die er zu diesem Zwecke in grossen Haufen
rund um seine Lagerstätte breitet, entdeckt ihm das Nahen des schleichenden Würgers.
So lebt er zufrieden und froh mit seinem Zustand in diesen tiefen Wildnissen; umgeben
von fremden Nationen treibt ihn nicht die Neugier, ihre Sitten und Gewohnheiten zu
untersuchen; seine Wälder sind seine Welt, welcher er vor allen andern Ländern den
Vorzug giebt; seine Lebensweise hält er für die beste. 0 glückliches Vorurtheil! gesegnete
Neigung, welche alle Gebrechen der Natur verbirgt und an ein aUerungünstigstes Land
seine Bewohnei' mit geheimen Banden kettet!"
Schätzung der Weddas durch die sie umgehenden Völkerschaften.
Wir schicken hier zunächst voraus, dass die Weddas sich selbst für ein besonderes,
von den Singhalesen und Tamilen diu'cliaus sich unterscheidendes Volk halten; sogar die
Culturweddas des Inneren und an der Küste sprachen sich uns gegenüber entschieden in
diesem Sinne aus. Dass sie ferner von sich selbst eine sehr hohe Meinung haben, ist
schon oben (Seite 534—536) dargelegt worden.
Die Singhalesen ihrerseits halten die Weddas für ein von ihnen verschiedenes
Volk. Schon van Goens schreibt darüber: „Ob nun die Singhalesen, als die alten Ureinwohner
dieses Landes, im Ganzen oder wohl zum Theil, wie es nicht unwahrscheinlich
ist, aus diesen Weddas entsprossen sind, ist ungewiss; doch die Singhalesen selb,st stellen
sich dagegen und sagen, dass sie von einem anderen Lande herübergekommen seien." Als
ein wie fremdartiges Volk ferner die Weddas von den Singhalesen betrachtet werden, illustriert
nichts besser, als der Bericht von Goonetillckc (34, pag. 26) über die .1883 in
Kandy auf Anordnung der Piegierung einem Fremden vorgeführten Weddas. Es heisst
daselbst: „Sie waren in einem Eingebornen-Gasthause logiert, allwo dem Publikum gestattet
war, gegen eine Bezahlung von 4 Cts. sie sich anzusehen. Das Haus wurde geradezu
gestürmt von grossen Massen Volkes, welche die Neuigkeit nach der Stelle gezogen
hatte. Nach den Orten, wohin sie, um untersucht zu werden, gebracht wurden,
folgten ihnen Massen nach, lärmend ujid schreiend mit der ganzen Kraft ihrer Stimmen."
Nun ist es ferner sehr auffallend, dass das hohe Ansehen, welches die Weddas
für sich in Anspruch nehmen, von den Singhalesen ihnen zugestanden wird; sie gelten in
den Augen der Letzteren noch heutzutage als von guter Kaste, wie uns z. B. im Bintennedistrict
gesagt wurde, und dies war von jeher der Fall. Joinville sagt: Sie werden nicht
als unrein betrachtet und geiuessen als Körperschaft ein gewisses Ansehen. Nach Davy
rangieren sie zur ersten oder Goyiyakaste, zu den auch sogenannten Wellalas. Dasselbe
giebt der Anonymus 1823 au und berichtet als Bestätigung seiner Aussage, dass, wenn
ein Culturwcdda zum Hause eines Districtshäuptlings von der Wellalakaste gehe, er das
Trinkwasser aus einem irdenen Topfe, an dem eine Giessröhre sei, empfange, ein nur den
WeUalas eigenes Privilegium. Auch Forbes, ]]ennett. Lamprey und Tennent sprechen
sich in dem Sinne aus, dass die Weddas zu der Goyiyakaste gerechnet würden; nach
letzterem Autor gelten sie als höchste Unterkaste der Goyiyas oder Wellalas.
Die singhalesischon Könige distinguierten die Weddas, wie aus dem oben (Seite 535)
wiedergegebenen Berichte von Joinville und ferner aus der im Mahawansa erwähnten
hohen Ehrung einiger Wedda-Senioren in Amn-adhapura (siehe unten Abschnitt: Geschichte)
hervorgeht.
Indessen werden die Weddas von den Singhalesen doch nur gewissermaassen offlciell
als höchster Kaste angehörig betrachtet; thatsächlich sehen die Singhalesen doch
auf sie wie auf .,Wilde" hinunter, mit ähnlichen Gefühlen, wie die Bewohner europäischer
Städte vorgeführte Vertreter dunkler Stämme betrachten. Dies erhellt aus obigem Bericht
von Goonetilleke deutlich genug. Wo sie mit ihnen zusammenkommen, betrügen sie
dieselben, wie sie können, und lachen sie aus wegen ihrer Unwissenheit und Verachtung
höherer Cultur. Wo es angelit, gebrauchen sie auch Gewalt gegen sie. „Sie sind just wie die
Wanderiis", sagte ein Singhalese zu Bailey, wie wir oben (Seite459) berichtet haben. „DerVer-
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