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Koragars oder Weilas von Tvavancor: „Die Leiche wird ohne Feierlichkeit im Walde verscharrt;
einige abgeschnittene Zweige werden auf das frische Grab geworfen." Desgleichen
bedecken einige australische Stämme das Grab mit schweren Sachen, beispielsweise
mit einem liaumstamme. ,,Auch erscheinen die Gräber mit Reisig bedeckt, ange])lich, um den
Geist am Heraussteigen zu hindern." (Ratzel, 90, tom. 2, pag. 76). Wir führen dies nur um
der Analogie willen an; über unsere Auffassung der anatomischen Deziehungen der Weddas
zu den Australiern siehe den anatomischen Theil dieses Werkes, speciell Seite 353 und folgende.
Vor dem Skelett eines schon seit längerer Zeit Verstorbenen zeigen die Natiirweddas
keine Scheu mehr. Wir fanden niemals die geringste Schwierigkeit, die Skelette
der Weddas zu sammehr; sie zeigten uns immer bereitwillig die Stelle, wo sie dieselbe,
der Anweisung ihres singhalesischen Aufsehers Folge leistend, begraben hatten. Wenn wir
dann das Skelett aus dem Boden holten, sahen sie meist mit Interesse und ohne die
leiseste Aufregung uns zu, und handelte es sich darum, alle die kleinen Hand- und Fussknöchelchen
aus dem Sande zusammenzusuchen, so halfen sie auch wohl selber mit.
.,Was wollen denn die mit diesen Knochen?" murmelte einmal Einer bei einer solchen
Gelegenheit seinem Nebenmanne zu. Immer wurde uns bereitwillig Auskunft darüber zu
Theil, welche Person an der betreffenden Stelle begraben lag. Der Begräbnissort wurde
uns stets von den Verwandten des Verstorbenen gezeigt; so führte uns in Mudagala in der
Nähe des Omuna ein Vater zum Grabe seiner Tochter, ein Sohn im Nilgaladistricte zu dem
seines Vaters. Als wir jenen Vater nach der Todesursache seiner Tochter, der Eangmaniki
(zu deutsch: Goldenes Kleinod) ausfragten, erzählte er uns davon in gerührtem Tone, wie
wir etwa sagen würden: Ach, das arme, gute Kind! Am Ausgraben und Fortnehmen des
Skelettes aber nahm er nicht den geringsten Anstoss. Die Leiche der Rangmaniki war
einfach roh in's Grab geworfen gewesen, den Kopf nach unten, die Beine nach oben
(den Schädel haben wir auf Figur 104 Tafel 54 abgebildet).
Die beschriebene Indifferenz des Naturwedda gegen die Ueberreste der Verstorbenen
lässt sich vielleicht durch die Annahme erldären, der Wedda glaube durch die Bedeckung
der Leiche mit Reisig, Laub oder einem Stein die Seele des Verstorbenen nicht nur temporär
am Heraussteigen gehindert, sondern sie dauernd getödtet zu haben, wonach dann
die noch lange Zeit zurückbleibenden Knochen natürlich kein Gegenstand der Furcht mehr
für ihn sein können.
Die Skelette der Naturweddas fanden wir meist im Sande eines Flussbettes sehr
oberflächlich eingescharrt, weil ja das Aufgraben des festen Bodens für ihre primitiven
Grabstücke gar zuviel Arbeit machen würde. Das Skelett eines Verwandten der obengenannten
Rangmaniki war nur ungefähr mit einer 1 Fuss dicken Sandschichte l)edeckt gewesen.
Viel complicierter gestaltet sich die Bestattung bei den Culturweddas, welciic
ja mit den tamilischen oder singhalesischen Dorfbewohnern in vielfacher Berührung stehen.
Diese sahen es ebenso wie die Tamilen und Singhalesen nicht gerne, wenn wir die Gräber
ihrer Angehörigen aushoben. Obgleicli nun die Bestattungsart der Culturweddas füi' unsere
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specielle Darstellung kein besonderes Interesse hat, wollen wir doch die Beschreibung eines
solchen Grabes hier kurz folgen lassen, weil daran der cultur-indische Einfluss sein' deutlich
gesehen werden kann. Es fand sich nämlich über einem solchen Grabe ein kleines
Gerüst errichtet, auf welches ein Kokospalmljlatt gelegt war. An jeder Ecke des Gerüstchens
war ein Blüthenbüschel der Kokospalme befestigt. Zu lläupten des Grabes lagen
drei geöffnete Kokosnüsse und ein kleiner Haufen von Holzstücken, zu Füssen eine geöffnete
und eine unversehrte Kokosnuss. A.uf dem Grabe waren ferner drei Fettptlanzen gepflanzt,
eine zu Häupten, eine in der Mitte und eine zu Füssen. Die Tiefe der Grabes
betrug 3—4 Fuss. Neben demselben lag eine Tragbahre, welche aus starken Holzstöcken
bestand; auch befand sich ein Brett dabei. Die weibliche Leiche war in viel Tuch eingewickelt
und hatte ihr Glasperlenhalsband noch an sicli. Die Richtung der Leiche war
W-0; westlich lag der Kopf, östlich lagen die Füsse.
Männlichen Leichen von Culturweddas werden manche Gegenstilnde mit in's Grab
gegeben, welche von dem Lebenden gelu'aucht worden waren, so Bogen, Pfeil, Axt, Betelbüchschen,
Feuersteine; auch fanden wir in einem Grab Gewehrkugeln.
Mehrere Gräber fanden wir statt in W-0 in SW-NO-Richtung, der Kopf lag südwestUch,
die Füsse lagen nordöstlich; so in Kalkuda und Nasiendivu an der Kiiste. Es
geschehe dies mit Absicht, sagten uns die dortigen Küstenweddas. sie wiissten aber nicht
warum; die Vorfahren hätten es ebenso gemacht. Wir führten einen Wedda, welcher uns
die Gräber gezeigt hatte, abseits und gaben ihm einen Stock in die Hand, er solle ihn
so legen, wie die Leiche; da blickte er rasch nach der Sonne und legte ihn dann ganz
genau SW-NO; ebenso bei einem zweiten Versuche, nachdem wir ihn an einen andereir Ort
geführt und vorher ein paar Mal gehörig um sich selbst herumgedreht hatten; er legte
den Stock hin, wir prüften mit dem Kompass, die Richtung war genau SW-NO. Unsere
tamilischen Kulis sagten uns dann, sie machten es auch so.
Begräbnissgeliräuche, Todtenopfer und Erinnerungsfestlichkeiten sind, wenn sie als
von Weddas aasgeübt berichtet werden, auf Culturweddas zu beziehen und sind Nachahmung
tamilischer oder singhalesischer Sitten. Dies ist umso gewisser, als die Behandlung
der Leichen seitens der niedern Kasten der Singhalesen noch Ins in unser Jahrhundert
hinein eine äusserst primitive war. In De Silva's Abhandlung über die Dämonologie in
Ceylon lesen "wir folgende interessante Anmerkung (105. pag. 23): „Die Friedhöfe der
a l t e n Zeit in Südasien und speciell in Ceylon waren nicht das, was wir jetzt meist darmiter
verstehen. Mit Ausnahme der Imddhistischen Priester und der Aristokraten des
Landes, deren Leichen auf regelrechten Scheiterhaufen verbrannt wurden, sind die Leichen
des übrigen Volkes weder verbrannt noch begraben, sondern an einen Ort mit Namen
Sohona geworfen worden, welcher ein offenes Stück Land im Walde war, meistens eine
Schlucht (a hollow) unter den Hügeln, in einer Entfernung von drei oder vier Meilen von
jedem bewohnten Orte. Hier wurden die Leichen gelassen, um in der freien Luft zu verfaulen
oder von Hunden und wilden Thieren gefressen zu werden. Dieser Brauch scheint