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als sio wieder zurückkehrten, zogen sie sich weiter in die Wälder zuriick und wurden nie
mehr gesellen, aus Furcht, nachher wieder zum Dienst des Königs gepresst zu werden."
Die Weddas scheuen es also, sich in einen Kampf zu begeben, benehmen sich aber so
nnitliig „wie irgend Andere", wenn sie einmal hineingerathen sind.
T o d e s m u t h bewies der wegen Todtschlags dem Gouverneur van Goens vorgeiulnte
Wedda, indem er. gefragt, ob er nicht den Tod verdient habe, sich nicht aufs
lütten legte, sondern ruhig antwortete, Er, van Goens müsse das selber wissen (siehe den
ganzen Bericht oben Seite 543).
Ueber das Benehmen eines sterbenden Wedda hat Tennent folgende Erzählung
uns überliefert (110, tom. 2, pag. 445, Anmerkung); er schreibt: „Die folgende Geschichte
vom Tode eines Wedda, erzählt von Major Macready, früherem Militärsecretär in Ceylon,
erscliien in einer der Ceylonzeitungen im Jahre 1847. Der Berichterstatter und seine Gefährten
warteten schweigend auf das Herannahen einer Heerde von Elephanten, als ihr
erwartetes Jagdvergnügen durch ein wildes und trauervolles Heulen unterbrochen wurde,
welches in nicht misszuverstehender Weise von einem traurigen Unglücke spracli. Die,
welche dem Geschrei am nächsten wareir, rannten hinab, und zu ihrem Entsetzen fanden
sie einen W'edda, einen schönen, jungen Burschen, umgeben von seinen Angehörigen, und
hingesetzt, seinen Rücken an einen Baum gelehnt, mit seinen Eingeweiden in seineju
Schoosse. Ein wilder Büffel, an welchem er fast vorübergegangen war, ohne ihn in dem
Versteck zu bemerken, war von hinten her auf ihn losgebrochen, warf ihn zu Boden und
schlitzte ihn, als er fiel, von der Schamfuge nach oben auf. Die Würde unserer Natur
gab, wie ich glaube, niemals in der Welt oder in allen den phantasiereichen Einbildmigen
poetischer Geister ein schöneres Bild von männlicher Tapferkeit, als in jenem edlen Wilden.
Er zeigte thatsächhch niemals — nicht ein einziges Mal während der vielen Stunden,
welche wir bei ihm waren, durch eine Bewegung oder das Zucken eines Muskels, dass er
Schmerz von seiner Wunde fühlte oder den Tod fürchtete, welcher nur zu sicher zu folgen
schien — obschon der Schweiss, welcher von seinen Wangen und Schultern buchstäblich
strömte, bewies, wie sehr er litt. Er blickte ruhig in unsere Gesichter auf, der arme
Iriursche; weim. es geschah, um dort Trost oder Zuversicht zu finden, so fürchte ich, er
fand wenig von beiden. Ich glaube nicht, dass Einer von uns die Thränen zurückhalten
konnte, welche unfreiwilhg flössen im Anblick des tapferen Burschen und im Bewusstsein
seines unausweichbaren Schicksals. Wir thaten alles, was wir konnten — verfertigten
eine Bahre, trugen ihn zu seinem Felsen, bauten ein Schutzdach über ihn, legten die
Eingew-eide zurück und nähten die Wunde zu; aber das Ende der Geschichte war, dass
der arme Bursche Tags daranf zu unserem grossen Kummer verschied."
Bei den guten Eigenschaften der Weddas haben wir es nicht mit einer Ix'.wussteii
Verfolgung etwaiger religiös-moralischer Vorstellungen zu thun, sondern mit naturlicliei',
sich selbst nicht bewusster Herzensgute. „Es handelt sich hier nicht um reflectierenden
Willen, es fehlt ein moralisches Gesetz," sagt Hartshorne, und weiui Davy schri'ibt,
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die Weddas seien der Meinung, es bedeute wenig, ob sie gut oder übel handelten, so
war dies offenbar die naive Antwort auf die Frage, was gut oder böse sei; denn sie haben
eben die sogenannte ,,Erkenntniss von gut und böse" noch nicht erworben.
i:iei einer ferneren Untersuchung des Charakters, sei es nun der Weddas oder eines
anderen Naturstamnies oder auch eines Culturvolkes, sollten Männer und Frauen streng
getrennt behandelt werden, wie dies schon im anatomischen Theile von ims geschah. Die
l)is jetzt über den Charakter der Weddas gegebene DarsteUung bezieht sich wesentlicli auf
den Mann; das Weib verhält sich in manchen Beziehungen anders; kindliche Naivetät,
selbst Schalkhaftigkeit tritt mehr in den Vordergrund. Als wir im Nilgaladistricte die
dasitzenden Frauen fragten, was sie am liebsten haben wollten, ob Tuch, Reis, Salz oder
(leld, gaben sie sofort zur Antwort: „Alles!", und nachdem sie Geschenktes empfangen,
legten sie im Gegensatz zu den Männern ihr Vergnügen durch Sclimunzeln und Lachen
an den Tag. Sie wiederholten ihre Bitten nach Mehr beständig, und wenn wir endlich
nichts mehr gaben und sie einsahen, es sei Ernst, und wir sie gehen hiessen, da rannten
sie Alle miteinander unter lautem Lachen und Jubeln in den Wald weg. Stevens fand
die Frau sehr unähnlich ihrem Gatten, sie sei lärmig und von rauhen Manieren.
Ueber den Charakter der Kinder macht derselbe Autor folgende Angaben (108,
pag. CLX): „Das Spiel der Kinder ist von sehr sich unterwerfendem (subdued) Charakter;
nicht lärmig, balgend und lebhaft, wie andere Kinder, sondern eher, als wenn sie
unter dem Eindrucke wären, dass, wenn sie Lärm machten, sie ausgescholten würden.
Wenn sie mit dem Spielen zu Ende sind, werden die Spielsachen sorgfältig weggebracht,
ni's Dach oder in ein Felsloch oder unter einen Busch. Sie unterfangen sich offenbar
nicht, während des Tages zu spielen, nur an den Alienden, wenn ihre Eltern zurückgekehrt
sind." Letztere Angabe ist nicht ganz verständlich. Wir fügen hier an, dass auch
bei uns Kinder auf dem Lande ihre Spielsachen in hohlen Bäumen, z. B. alten Weiden
und an anderen Orten, wie in Ackerfurchen u. s. w. verstecken, und dass auch der
wenigstens für frühere Zeit sichergesteUte Brauch der erwachsenen Weddas, in Honig eingemachtes
Trockeiifieisch in hohlen Bäumen aufzubewahren (siehe oben Seite 417). hidier
zu ziehten ist.
Hier mögen nun noch die tief empfundenen AVorte des Holländers J. Haafner
r i a t z finden, wobei wir aber den Leser bitten, das poetische Bild als Ganzes, die Stimmung,
in welcher die Darstellung geschrieben ist, liinzunehmen, für Einzelheiten aber, die
nicht alle ganz richtig sind, auf unserer eigenen Darstellung zu fussen. So geben wir
liiemit Haafnei''8 Worte mit einigen Auslassungen folgendermaassen in der Uebersetzung
wieder (39, pag. VH): „Indessen treibt sich in diesen Wildnissen, von allen Mitlebenden
durch undui'chdringliches l]uschwerk und tiefe Moräste abgeschnitten, ein wildes Geschlecht
umhei', der Solln der Wälder, der freiheitliebende Wedda, welcher jede Unter\verfung vei'-
achtet und keinen Herrn anerkennt; zufrieden mit seinen wilden Wäldern, um die ihn
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