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hat, nicht gross; deslialb beobacliten wir denn auch, dass solchc Culturweddas, welclie
sclion sehr deuthcli crgologisch tamilisiert oder singhalisiert ans entgegentreten, anch bereits
fremdes Blut in sich aufgenommen haben. Wir glauben, dass die ganze geschilderte
Krgologie lediglich der Ausdruck der Receptivität der Weddas sei: wir sind der Meinung,
dass nicht eine einzige Erfindung, wie etwa Axt, Bogen und Pfeil, Feuorerzeugung, Priniitivhütte
u. s. f., u. s. f. von den Weddas selber ausgegangen sei: alle vielmehr sind niu'
langsam von ihnen angenommen worden, nachdem sie im Sclioosse einer viel liöheren
Varietät entstanden sind. Je höher eine Varietät, un'i so grösser ist ihre Receptivität. um
so radicaler geht sie vor in der Einführung von Verbesserungen: so kommt es, dass Zustände
und technische Errungenschaften, welclie ein höherer Stamm vor Jahrtausenden schon durchhiufen
hat, bei receptiv, also geistig, schwächeren Völkern bis zur Stunde festgehalten
werden. Geistig productiv dagegen sind überhaupt stets nur einzelne Individuen der
höchsten Varietäten: die mehr oder wenig behende x\ufnalnne ihrer Leistungen kennzeichnet
die Receptivität, iiberhaupt also die geistige Kraft einer Varietät. Bei vielen
Varietäten äussert sich dann eine bestimmte Art der Productivität in einer für ihr Denken
und Timpfinden charakteristischen Stilisierung dei' ihnen znfliessenden Ideen und Erfindungen.
Auch eine solchc lässt sich bei den Weddas nicht nachweisen: ihre Geräthe sind
ganz pliantasielos angefertigt und zeichnen sich vor andern gleicher Stufe durcli nichts
aus, was als specifiscli weddaisch, als WediUistil, bezeichnet werden könnte.
Naturweddas, welche mit Europäern confrontiert werden, nehmen gern (vinen
starren, verdrossenen Gesichtsausdruck au, und sie lassen in Fällen, wo sie eine an sie
gericlitete P'rage nicli.t beantworten können, den Kopf nach vorne hei-unterhängen, sodass
ilu-e langen Haare vorni^ über das Gesicht herabfallen; in solcher Stelhnig verliarren sie
alsdann scliweigenii. So erzählt Stevens: ..Wenn die singhalesischen Diener W(Mldas
sehen, lachen sie häufig, worauf der Wedda die Maske vollständiger Undurchdringlichkeit
annimmt und er wie ein vollständiger Idiot aussieht: dabei zieht er die Haare über das
(lesiclit. Als ich fragte, was sie mit ihj-en gestorbenen Khidern machten, warfen sie einfach
als Antwort ihr Haar über das Gesicht und blieben ruhig so, auch bei Wiederholung
dieser Frage." Aus dieser Sitte, sich Fremden gegenüber in geistige ündarchdiinglichkeit
zu hüllen, wurde von den Letzteren oft auf Stupidität geschlossen. So sagt der Anonymus
1823: ..Die Stupidität inid Apathie einiger derselben ist sehr auffallend." Foi'bes
findet ihre Intelligenz von niederstem Zustand. Der Lamprey'sehe Wedda war von Aussehen
stupid, wurde aber beim Sprechen belebt. Nach Bailey trägt das Gesicht in der
Ruhe einen leeren. melancholiscJien Ausdi'uck. fast peinlich anzusehen: angesprochen legten
Einige Aergerlichkeit (shrewdness) an den Tag, Andere Verwirrung, wie Leute von
schwachem Verstand: die Frauen seien gewandter und besserer Laune. Hai'tshorno findet
ilie Intelhgenz der Weddas so nieder als möglich; auch die einfachste Verstandessynthese
könnten sie nicht bilden. Nach Stevens ist ihre Intelligenz indessen nicht halbidiotiscli,
nnd Deschamps sagt, eine gewisse Intelligenz fehle ihnen nicht.
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Auf den ersten Anblick macht die Intelligenz dei' Weddas in der That einen niederen
Eindruck; auch wir finden in unserem Tagebuch über die Weddas von Dewilane die
Notiz: Ihr Wesen ist eher idiotisch. Gleichwohl änderten wir unsere Ansicht, als wir mit
ihnen näher bekannt wurden, wenigstens in so weit, dass wir nun coiistatieren können,
ihre Intelligenz habe keineswegs etwa krankhaften, wohl aber kindlichen Cliarakter. Vor
Europäern fühlen sie sich anfangs unbehaglich und beantworten ilie vielen zudringlichen
ragen derselben besonders in Gegenwart der singhalesischen Dienei' ungern, bis ihr Zutrauen
durch freundliche Behandlang gewonnen ist. Sie sind zunächst wold von demselben
Gefühl äusserster ünbehaglichkeit beseelt, welches Knaben vor Erwachsenen empfinden,
von <lenen sie fürchten, auf ihre Antworten hin ausgelacht oder gescholten zu werden; es
kennzeichnet sich dann ihr Vej-halten durch Ti'otz und Verschlossenheit. ..Als Knabe verschlossen
und trutzig" (Göthe). In beiden Fällen, so wenig bei unseren Knaben, wie beim
Wedda, sind wir nun aber berechtigt, aus dem geschilderten Benehmen auf Stupidität oder
auf Idiotismus zu schliessen; ist das Zutrauen der Weddas gewonnen, so belebt sich ihi'
Gesicht, und wir sehen bald ein, dass ihre A'erstandeskräfte die unseren zwar niclit erreiclien.
dennoch aber völlig normal entwickelt sind. So wird deinj auch die Betraclitimg
der von uns auf den Tafeln III — XXVI abgebildeten männlichen und weiblichen Weddas
den Gedanken, man habe es hier mit einer Gesellschaft von Idioten oder auch nur auffallend
stupiden Monsclien zu thmi, gar nicht aufkommen lasseji. ]diotisn:ius kommt als
Ausnahmefall, als pathologische Erscheinung, bei den Weddas natürlich ebensowohl vor,
wie bei den Europäern; der auf Figur 22 (Tafel XIII) allgebildete war etwas idiotisch
(siehe auch die Bemerkungen auf Seite 215—17 über einige Wewattew(>d(las und die auf
Seite 379).
Wir schliessen hier einige Bemerkungen an über das Benehmen des Naturw
e d d a gegeniiber von Gegenständen, welche ihm neu sind. Wir haben in diesem
Falle meist eine Mischung von Erstaunen und Aengstliddveit gefunden. Diese letztens
kann eventuell zu grösstem Schreck sich steigern, wie wir lieim Anln-enncn eines schwed ischen
Streichholzes beobachtet haben (siehe oben Seite 458): ferner verweisen wir auf
unsere Schilderung beim Vorzeigen einer Kokosnuss (Seite 411). Als wir einem Wedda
von Kolonggala das Bild auf der trüben Platte im photographischen Apparate zeigten,
sah er es zuerst lange nicht; plötzlich aber fuhr er mit dem Kopf zurück nnd sticss einen
Ruf des Erstaunens aus. Viele Weddas erfüllte der photographische Apparat mit Furcht,
wenigstens, wenn sie sich auf einen Stuhl vor ihn hinsetzen mnssten. Ihr Herz klopfte
oft stark, was wir am heftigen Schlagen der Carotiden am Manubrinm sterni beobachten
konnten. Frauen konnten zuweilen wegen allzu starken Zitterns nicht photographiert
werden; Einigen kam fast Weinen an, so der auf Figur 40 (Tafel XXII) Abgebildeten;
Männer haben wir nicht zittern sehen.
H a r t s h o r n e berichtet: Die fünf, unvermittelt aus ihren Wäldern nach Ivandy
g<'bi'achten Leute überraschte der Anblick eines Backsteinhauses: das erste Räder