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zu (Miiainler besitzen and oine grosse Völkerfamilie, die der Cymotricheii oder Welligh
a a r i g e n , Inlden. Dabei neluuen wir an. dass die weddaischen und dravido-australisclien
Stäniine Vorfahren formen der genannten höheren Völker darstellen. Wenn man unsere
Wedda- und Tamiltafeln aufmerksam Ijetrachtet, so wird man finden, dass trotz allem
l'Veiiidai'tigen in diesen Erscheniuugen. eine gewisse Earopäer-Aehnlichkeit nicht zn verkennen
ist; in manchen Wedda-Gesichtern liegt ein europäischer Ausdruck, der zu Vergleichen
mit liekannten unwillkürlich herausfordert.
Wir sehen in den weddaischen Stämmen Vorderindiens die Stammformen
der gesammten cymotricheii Völkerfamilie, zu welcher auch wir selber gehören, und glauben,
dass es weiterer Forschung gelingen wird, den ganzen grossen, in so viele, durch secundare
anthropologisclie Alerkmale, wie Dolicho- und Bracliycephalie, Lepto- und Chamaeprosopie
etc. unterschiedene Aeste getheiUen Raum der wellighaarigen Menschen auf diese
indischen Urwiirzeln zurückzufahren.
Neben den cymotrichen Varietäten haben wir nun aber auch noch die ulot
r i c h e n und lissotrichen iu's Auge zu fassen, und es erhebt sich nun die Frage, ob
ancli diese auf tiefere Formen zurückführbar sind, und weiter, ob die drei Stämim« nach
unten bin convergieren oder divergieren.
Als niederste wollhaarige Menschen-Varietäten sind in den letzten Abschnitten
schon meJirmals die Negritos der Philippinen, die Andamanesen und die Buschlente
namhaft gemacht worden. Vielleicht gehören hieher auch die Akkas: doch sind erst zu
wenig Scliädel und Skelette bekannt, als dass man sie l)ereits in Vergieichung ziehen
könnte. Wie die wellighaarigen, durch Vorderindien zerstreuten, weddaischen ürstämme,
sind auch diese geographisch weit auseinander liegenden Völkertrümmer sicherlich als
(ilieder einer Familie anzusehen. Hiefin- spiicht. dass die grosse geographische Lücke
zwischen den Phihppinen und den Andaman-lnseln neuerdings durch die Entdeckung von
Negritos in Malaka durch Stevens ausgefiUlt worden ist. Aehnliche Reste vermuthet
A'irchow (32) im (Grenzgebiete zwischen China, Birma und Slam. Von hier bis nach
Central- und Südafrika ist freihch noch eine weite Strecke: doch lässt sich, wenn man
annimmt, dass durch das nördliche Vorderindien und Westasien in alter Zeit eine Verbindung
nach Afrika statt hatte, wohl denken, dass .später durch das Einschieben höherer
Stämme diese Kette unterbrochen worden ist.
Es darf als mehr als wahrscheinlich angenommen werdcm, dass \-(m Formen, wie
die erwähnten sind, die hölieren Neger Afrikas und die'Melanesier ihren Ui'sprung nahmen.
Alle die genannten Stämme sind zwar entweder brachycephal (Andamanesen und Negritos)
oder inesocephal (Buschleute, und Akkas?), während die höheren Neger und Melanesier
ülierwiegend dolicliocephal sind. Indessen scheint uns hierin kein Hinderniss für die
Ableitung der einen Form aus der anderen zu liegen, da die Schädelforin sich offenbar
leicht modificieren kann, und wir an mehreren Stellen dieser Arbeit lieinerkt haben, dass
schon bei einem einzelnen Individuum von der Kindheit zum Alter die Scliädelfoi-m bedeutende
AenderLingeii durchzumachen im Stande ist. Bei den Tamilen sowohl (p. 315), als
den Singhalesen (p. 329) haben wir nämlicli constatieren können, dass jugendliclie Schädel
höhere Längenbreiten-Indices aufwiesen als die erwachsenen, eine Erscheinung, welche auch
anderwärts, so zum Beispiel von Virchow (28, p. 164) bei brasilianischen Indianern, beobaclitet
wurde.
Vergleichen wir nun die genannten, niederen ulotrichen Stämme mit den Wi^ddas.
so hnden wir, <lass sie in folgenden, wichtigen funkten üliereinstimmen: Kleinheit des
Körpers (sielie jip. 88 und 8S) dieses Werkes), geringe Capacität der Schädelcapsel (pp. 220
und 22.1), Zartheit und Lcichtigkcit der Knochen (p. 214), liäntigkeit des Processus frontalis
der Schläfensdiuppe (p. 233: eine Ausnahme bilden vielleicht hierin die Buschleute,
p. 234\ schwache Ausbildung der Schläfenlinien und der anderen Muskelcristen (siehe für
die Negritos A^irchow, 24. p. 38, für die Andamanesen Flower, 5, p. 116), Länge der
Pars nasalis des Stirnbeines (siehe für die Andamanesen Virchow, 27, p. 70 und die
Bilder von IMower, 5). ferner Orthognathie oder Mesognathie des Kiefers (pp. 242 und
243). verbunden nnt oft starker Prodentie.
Von den Negritos der Pliilippinen sagt zwar Virchow, sie seien liochst progiiath
(25. p. 206): aUeiii er setzt hinzu, das Charakteristische Hege darin, dass, während der
vordere, untere Nasenstachel so weit zurückliege, dass in den meisten Fällen die Eiitfernmig
dieses Stachels von dem äusseren CTehörgang oder dem grossen llinterhauptsloche
nicht grösser sei als die Entfernung der Nasenwurzel von demselben Punkte, die Alveolarfortsätze
ganz gewaltig heraustreten. Nach dieser Besclireibung liandelt es sich also auch
bei den Negritos um I'rodentie und nicht um Prognathie des ganzen Kiefers.
Von zwei Akka-Scliädeln giebt Flower (7. p. 8) sehr prognathe Indices an; allein,
wie er sellist sagt, waren die Maasse nicht exact zu nehmen, und eine Vorgleichung der
Tafeln mit den von demselben Autor gegelienen Abbildungen von Andamanesen-Schädeln
lehrt, dass beide Formen sich sehr ähnlich verhalten.
Die Form des Gesichtes ist, wie bei den Weddas, bei allen diesen genannten
Stämmen zieinlicli breit und niedrig (Negritos, Vi r chow. 25. p. 206, Andamanesen. Vircliow,
27, p, 70. Buschleute, Fritsch, 9. p. 408, Akkas, Flower, 7. p. 7).
Di(- Nase zeigt überall eine geringe Erhebung ilires Rückens.
Am übrigen Skelett sind, soweit sich bei der geringen Anzahl der bearbeiteten
Stücke urtheilen lässt, folgende Eigenschaften als übereinstimmende hervorzuheben:
Concavh(Mt der knöchernen ijendenwirbelsäule (Koiloracliie), p. 262, Höhe und Schmalheit
des Reckens, p. 269, ein hoher Scapulavindex, p. 275, Länge der Arme, p. 277, eine
starke Entwicklung des Vorderarmes, im Verhältniss zum Oberarm, p, 278, geringe Torsion
des Humerus (bis jetzt, so viel uns bekannt, erst für die Weddas und von Virchow für
die Negritos nachgewiesen, p. 285), häufige Perforation der Olekranongrube, p. 286, Länge
der Jieine, p. 289, starke Entwicklung des Unterschenkels, im Verliältniss zum Oberschenkel,
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