Besonders scliöii sieht mau das seitliche Ausladen der Hirncaiisel über die ßasalebene
an den Frontalcurveu. Eine derscilien, die Ohrebene, tíndet sicli anf Taf. LXXV
Fig. 147. abgebildet und mit derselben Frontale eines Wedda und des Schimpanse zusammengestellt.
Hiei' erkennt man. wie die Breite der Basalebene in der Gegend der
ühr;,ttiiung — die Linie a—a verbiudet die olieren Ohrpunkte — bei den drei Formen
nahezu diesellie geblieben ist, wie aljer iil)er derselben che Hirncapsel des brachycephaleii
Europäers breit ausladet, während die des Wedda fast senkrecht in die Höhe steigt und
endlicli die des Schimpanse sehr liald stark nach innen einfällt.
Das für den Europäer charakteristische, mächtige Vorspringen der Nasenbeine über
die Glabellarcurve und die starke Interorbitalbreitc zeigen sich auch anf den Horizontalcurven
des Brachycephalus (Fig. 139) und ebenso die mi Vergleich zum Wedda viel
stärkere Ausfüllung der Schiäfenregiou.
Die Vergrösserung des Gehirns, welche ja einen der wesentlichsten Unterschiede
des Durchschnittseuropäers von den Angehörigen niederer Varietäten, als deren Paradigma
uns der Wedda dienen soll, )_iildet, kann also auf zwei verschiedenen Wegen erreicht
werden: Einmal durch starkes Längenwachsthum der hinter der Ohrebeue gelegenen
Schädelpartie, oder ohne ein solches durch seitliches Ausladen der Schädelwände über die
Schädelbasis hinaus und steileren Aufbau der Stirne. Trotz der hieraus resultierenden,
sehr- difterenten Schädelform, verbinden eine Anzahl gemeinschaftlicher Merkmale, wie z. B.
die Bildung des Nasenrückens, die starke Interorbitalbreitc und die Ausfüllung der Schläfengegend
beide zu einem gemeinsamen, schon auf den Curven leicht vom Wedda zu unterscheidenden
Typus.
Endlich haben wir noch einen weiblichen Wedda-Schädel in Curven zerlegt, ran
ihn mit dem männlichen zu vergleichen; wir wählten den Schädel der Figur 105, Taf LIV,
und geben seine Sagittal- und Frontalcurveu auf Tafel LXIX, seine Horizontalen auf
Tafel LXX wieder.
Die braune, mediane Sagittalcurve (Fig. 134, Taf. LXIX,) zeigt sofort die allgemeinen
Eigenschaften des weiblichen Schädels gegenüber dem männlichen. Die Stirne,
welche beim Manne, wie die Figuren 124. 128 und 130 zeigen, leicht fliehend zurück
t r i t t , steigt bei der Frau eine erhebliche Strecke steil empor, um dann ziemlich scharf
nach hinten umzubiegen, und ähnlich verhalten sicli gegen hinten die Scheitelbeine. Der
Scheitel des Schädels selbst ist flacher als beim Manne, wie von oben niedergedrückt;
das Hinterhaupt ist stark vorgewölbt, an dem dargestellten Schädel freilich individuell
etwas mehr als normal: die Nasenbeine sind noch weniger erhoben als beim Manne.
Auch die rothe und die l)laue Sagittalcurve sind vorne und hinten vollci- gerundet
und liegen in geringerer Entfernung, sowohl von einander, als von der lirauneu
Mediansagittalen entfernt als behn Manne. Es bedeutet dies ein langsameres Abfallen des
Schädeldaches von der Medianebene nach den Seiten, also eine vollere Rundung des Gewölbes,
als sie dem Manne eigen ist.
Die Frontalcurveu der Frau (Fig. 135) zeigen einen mehr ausladenden, also minder
.steilen Aufbau der Seitenwände über der Basalebene als beim Manne, vuid ferner ist
beiiierkenswerth, dass, während auf allen männlichen Frontalcurvenbildern (Figg. 125, 129
und 131) zwischen der braunen Ohrfrontale mid der l)lauen, durch die Parietalregion gelegten
Ebene ein bedeutender Abstand herrscht, so zwar, dass die letztere von der erstoren
in ihrem ganzen Umkreise umschlossen wird, bei der Frau diese beiden Linien zusammenfallen,
ja sogar die blaue an den Seiten über die braune etwas ausgreift. Es liängt dies
mit stärkerer Entwicklung der Parietalregion, besonders der Höcker, beim weiblichen
Schädel zusammen, als sie dem Manne eigen ist. Man liraucht nur auf unseren Frauen-
Sehädel-Tafeln (LIV und l.V) die Frontallnlder mit denen von ächten Wedda-Männern, wie
sie auf den ersten Tafeln dargestellt sind, zu vergleichen, um die stärkere Parietalentwicklung
des weiblichen Schädels zu erkennen. Daraus resultiert nicht etwa eine grössere
absolute Breite der Wedda-Frauenschädel gegenüber den männlichen, sondern es liegt
blos die grösste Schädelbreite bei der Frau durchschnittlich etwas mehr nach hinten und
oben gerückt als beim Manne.
Die Horizontalcurven des Frauenschädels (Fig. 136) bestätigen und ergänzen die
an den anderen Liniensysteinen gemachten Beobachtungen. Man sieht auch hier die
Bundung aller Formen, die Steilheit der Stirne, durch das Genähertsein der blauen und
grünen Curve ausgedrückt und das stärkere Uebergreifen der rothen und blauen Linie
über die Basalcurve, den weniger steilen Aufbau des Schädels bedeutend. Besonders in
die Augen springend ist das Verhalten der grünen Scheitelhonzontale, welche namentlich
m der Region der Parietalbeine weit über die Basalcurve weggreift, während sie beim
männhchen Wedda an dieser Stelle entweder innerhall) der braunen liegt, oder mit ihr
zusammenfällt. Auch in der Schläfengegend zeigt sich der weibliche Schädel wohl gewölbt,
während für den Manu in dieser Region das Gegentheil charakteristisch war.
Der Nasenrücken erscheint an der Stelle, wo er von der rothen Curve gekreuzt
wird (Flg. 136), noch mehr hinter die blaue Glabellarcurve zurückgeschoben als beim
Manne, trotzdem bei der Frau keine Brauenbogen zur Entwicklung kommen; die Nasenbeine
sind nur sehr scJiwach gegen einander aufgerichtet. Die grössere Flachheit der
weibliclien Nase ist schon am Lebenden betont worden.
Auf Figur 137. Taf. LXX. ist die Basalcurve (Frankfurter Ebene) eines Wedda-
Manues und einer Frau mit einander in Vergleichung gebracht worden. Auch hier fällt
sofort das abgerimdete Wesen des weiblichen Schädels auf. während beim Manne die Curve
ein ganz verschiedenes Relief zeigt, welches durch kräftigere Ausbildung aller zum Ansatz
Muskeln dienenden Unebenheiten und Cristen bedingt ist. Im Gesichtstheil zeigt die
männliche Curve ein viel breiteres Auslegen der Jochbogen und Wangenbeine.
Ganz ähnliches lieferte die (auf unseren Tafeln nicht wiedergegebene) Ineinanderegiiiig
der medianen Sagittalebeneii des männlichen und weiblichen Schädels; dabei zeigte
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