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sehr wild uiul sclienteji menschliche (Sesellschaft so sehr wie möglich" (Gilliiigs). „Sie
schericn alle Berührung mit anderen Personen" (Binning). „Sie sind activ, aber furchtsam"
(Tennent). „Wenn hergebracht, imi begafft zu werden, hocken sie zusammen, wie
eine Heerde wilder, furchtsamer Thiere" (Bailey).
Diese von uus'Fremdenscheu genannte Eigenschaft ist, wie wir aus einigen der
obigen Citate ersehen, vielfach als Furchtsamkeit ausgelegt worden; doch trifft diese letztere
liezeichinmg nicht ganz das Piichtige. Auf solche Naturweddas, vveh-he bis iu die
singhalesischen Städte hineingebracht und hier Europäern vorgefidn-t werden, hat die
li.egierung bereits Eiiifluss gewoinien und hat ihnen ihre (iewalt über sie zum Bewusstsein
gebracht durch den singhalesischen Aufseher, welchen sie ihnen äberstellte. Um solclie
Weddas zusammenzubringen und den Europäern vorzuführen, werden, wie wir zu verniutlien
(«rund halben, allerhand Drohungen seitens der beauftragten Singhalesen in Anwendung
gelu-acht. Auch Stevens bemerkte diesen Umstand, als es sich um die Beantwortung
irgend eijier Frage handelte. Schon dai'iu liegt ein Grund ihrer oft grossen Aufgeregtheit,
wenn sie vor Europäer gel.)racht werden. Diese offenbart sich vor allem in dem lauten,
rauhen, drohenden Ton, womit sie vorgelegte Fragen beantworten; es konniit derselbe tief
aus der Kehle und ist fast brüllcjid. Behandelt man sie dann ohne Hast und freundlich,
so massigen sie sich bald und antworten so ruhig wie andere Menschen. Wir kommen
im Abschnitt über die Sprache nocli einmal auf das liier Gesagie zurück. Die anfängliche
Aufregung hergebrachter Weddas wird fernei' durch das Begafft- und Ausg(^lachtwerden
seitens der vielen herbeigeeilten Singhalesen erregt. T)iesc weg zu jagen, übt
gleich auf die Weddas einen ungemein günstigen Eiufluss aus, und in der Regel legen
sie darui ihre anfängliche Zurückhaltung ab, niemals aber völlig ihre Scheu; ein Naturwedda
tritt nicht ohne Notli in Verkehr mit Singhalesen oder Europäern. Die auf Tafel
III abgebildeten jungen Männer sind ächte Naturweddas vom Danigala. Während wir sie
lihotographierten, hatten wir keine Zeit, auf ihr Aussehen zu achten, und als wir sie nachträglich
auf iniseren Bildern gewissermaassen entdeckten, konnten wir uns nicht melir erinnern,
sie gesehen zu haben, während wir alle Andern ganz gut hatten kennen lernen
und sie uns in der lirinnerung noch jetzt vor Augen stehen. Dies erklärt sich offenbar
dadurch, dass jene ersten gleich, nachdem sie photographiert waren, sich wegstahlen und
wieder nach ihi-en "Wäldern und Felsen sich entfernten. „Sie machten sich unsichtbar"
(siehe die Bemerkung auf voriger Seite über den diesbezüglichen Glaubea dei-alten Singhalesen).
Ihr Aussehen lässt übrigens weniger Furcht, als vielmehr Trotz und Misstraueii
erkennen. Es liegt eben in der von den Naturweddas an den Tag gelegten Fremdiuischeu
auch eine Verachtung des Fremden, verlnmden nat starkem Selbstgefühl, die.
Scheu ist zugleich ein Noli me längere; denn, wie wir oben schon sagten, ist der Naturwedda
stolz und sieht auf seine CuHurnachbarn lierab (Bailey, (i, pag. 309, De Zoysa,
122, pag. 98. Nevill). „Sie haben starke Antipathie, fast Verachtung gegen Singhalesen
und Tamilen" (Stevens). Vom Europäer denken sie liöher und reden ihn nach
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J l a r t s h o r n e mit dem Worte hura, Vetter, an. Dies ist richtig. Als wir beide uns 1890
von unserem Lagerplatz in Kolonggala entfernt hatten und im Wald herumstrichen, um iür
unseren Abendreis ein paar Tauben zu schiessen, fragte, wie uns hernach berichtet wm-de,
jener Wedda, welcher uns in jenem Districte zum Wegweiser gedient hatte (Figur 4,
Taf. IV): Wo die sudu hura seien? er müsse zu ihnen, es befänden sich liier Bären im
Wald, es sei gefährlich. Das Wort sudu hura heisst aber zu deutsch: weisse Vettei'ii.
Mit hui-a redeten die Weddas früher auch den singhalesischen König an, w^enn sie mit
ihm zusammenkamen (Joinville, Bailey, der Tamil), sehr im Gegensatz zu den Singhalesen,
w-elche nicht nur unter sich selbst eine recht complicierte Anrede-Etikette beobachten,
sondern auch den König in der Ansprache als einen Gott behandelten (Knox,
pag. 104 und 105). Joinville erzählt zu Beginn dieses Jahrhunderts: „Einmal im Jahre
schicken die Weddas zwei Abgesandte mit Honig und anderen kleinen Geschenken zum
König. Wenn diese am Thore des Palastes ankommen, lassen sie seinei' Majestät sagen,
dass seine Vettern ihn zu sehen wünschten. Sie werden unvei'züglich eingeführt. Sie.
knieen dann nieder, stehen auf und fragen den König eher vertraulich nach seiner Gesundheit.
Der König empfängt sie wohl, nimmt ihre Geschenke, giebt ihnen andere und
befiehlt, gewisse Zeichen von Respect ihnen bei ihrem Rückzug aus dem Palaste zu er-
Aveisen." Der Anonymus 1823 meint mit Recht, dass eine vei'trauliche Anrede, wie diejenige,
mit welcher die Weddas den König ansprechen, jedem anderen Untertlian das Leben
gekostet haben würde. Nach Bailey sagen die Weddas, im Gegensatz zu den Singhalesen,
zu allen Menschen blos „du". Dieser Charakterzug, speciell gegenüber dem König, nmss
ausserordentlich alt sein; denn wir finden im Capitel 14 des Mahawansa folgende Stelle über
die Begegnung des buddhistischen Missionars Mahinda mit dem König Dewanampia Tissa:
„Mahinda sagte zu ihm: „„Komm hieher, Tissa."" Daraus, dass er ihn einfach anredete:
„Tissa", schloss der Monarch, er müsse ein Yaka sein." Mit Yaka wurden al)er dazumal
ausser den Dämonen auch die Weddas bezeichnet (siehi' Seite 533 und unten Aljsclmitt:
G e s c h i c h t e ) . Dewanampia Tissa regierte c. 300 vor Christus; die alten Berichte
wurden im 5. Jahrhundert nach Christus von Mahanamo zum jetzigen Mahawansa verarbeitet
(112, Einlei tung, pag. XXXF) und stammen dem Inhalte nach aus der
Zeit, auf welche sie sich beziehen. Demnach hat sich der Charakter der Weddas
seit mehr als zwei Jahrtausenden auch in dieser scheinliar nebensächlichen Eigenschaft,
(le)i singhalesischen König zu duzen, nicht geändert; und ebenso, wie zu Beginn dieses
Jahrhunderts, als es noch einen singhalesischen König gab, so erschien schon dazumal
diese Sitte den Singhalesen auffallend. Wir werden auf diese für die Geschichte dei'
Weddas wichtig(> Stelle noch einmal kurz zurückkommen (siehe unten Absclniitt: (!es
c h i c l i t e der Weddas). In Unapana inul dem benachbarten l.ialanggalawela im l'alleganiadistrict
bezeidinen sich die Weddamänner gegenseitig mit der ehrenden Anrede
Inn-a, wie wir 1890 erfuhren. üei anderen Weddastämmen ist dies nicht so. Selbst
bei Cidtiu'weddas ist noch eine gewisse Höhe des Selbstgefühls benierklich, so sagt van