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wir ja aus ältnrcn lierichten erfahren (siehe oben Seite 533), ist es dennoch, dazu gekonnnen,
dass sich eine sehr primitive Form des Handels zwischen ilinen und ihren cultivierten
Nachbaren herausbildete. Dieser besteht im Tausche der Waaron, und zwar golit
er in der Weise vor sich, dass die ihre Güter tauschenden Personen sich gegenseitig nicht
zu sehen bekonnnen. Auch zu dieser Priniitivform des Handels würden die so äusserst
genügsamen Natarweddas niclit gebracht worden sein, wenn iluien nicht von jeher sehr
viel an eisernen Axt- und Pfeilklingen gelegen gewesen wäre. Nicht im Stande, solche
von einigermaassen genügender Haltbarkeit anzufertigen, sahen sie sich genüthigt, dieselben
durch die Grobschmiede der zunächst gelegenen singlialesischen Dörfer herstellen zn lassen.
Um nun mit dem Singhalesen nicht in directen Verkehr treten zu müssen, wandten sie
folgende Methode an, welche wir mit den Worten von Knox wiedergeben, welciier sagt:
„Es wiu'de mir von vielen Leuten erzählt, dass die wildere Sorte von ihnen, wenn sie
Pfeile wünschen, eine Tracht Fleisch während der Nacht herbeibringen und sie am Ijadevi
eines Schmiedes aufhängen: dazu hängen sie ein Baumblatt, geschnitten nach der Form,
in welcher sie ihre Pfeile haben wollen. Macht dies der Schmied entsprechend ihrem
]\hi3tcr, so belohnen sie es mid bringen noch mehr Fleisch: w-enn er sie aber nicht macht,
so thun sie ihm irgend einmal ein Unlieil an mit Schiessen in der Nacht. Wenn der
Schmied die Pfeile herstellt, so lässt er sie am selben Platz, wo die Weddas iln* Fleisch
aufgehängt hatten."
Dasselbe berichfet Ribeyro (92, pag. 179): ..Wenn sie Aexte oder Pfeile nüthig
haben, machen sie ein Modell aus Baumblättern und hängen es während der Nacht an
der Thüre eines Waffenschmiedes auf, welcher, wenn er am Morgen das Fleisch aufgehängt
an seiner Thüre erblickt, weiss, was das heissen will; er arbeitet sofort, und drei Tage
hernach hängt er die Pfeile oder die Aexte an denselben Ort, wo das Fleiscli war; in der
folgenden Nacht holt sie der Wedda. Ist er zufrieden mit der Arbeit des Schmiedes, so
bringt er ihm noch ein Fleischviertel, sei es vom Hirsch oder vom Wildschwein oder von
einem anderen Wild."
Nach obigen Autoren besteht das aufgehängte Modell in einem Baumblatte, nach
J o in vi He aus Holz oder Thon.
Dass der geschilderte geheime Tauschhandel von den Naturweddas auch noch in
unserer Zeit ausgeübt werde, erscheint zwar von vornherein niclit wahrscheiidich. da j a weitaus
die grüsste Zahl derselben zu Culturweddas gemacht worden sind und si(^ deshalb mit
di'n Singhalesen in beständige directe Berührung kommeii. So sprachen sich denn auch
sowohl Baile)', als Hiartshorne und Le Mesurier (Anmerkung zu Anonymus 1823,
siehe daselbst) dahin aus, dass der besprocliene Geheimhande! lieutzutage luibekannt sei.
Als wir indessen 1884 in Mahaoya einige Weddas vom Omuna untersuchten, sagte uns
Einer von den Dienern, er habe mit dem Dorfschmied gesprochen, und Dieser habe ilinr erzählt,
dass die Weddas zuweilen in der Nacht vor seine Thüi'c kämen, dort ein Stück getrockneten
Fleisches anfhiengen nebst dem Gegenstände, von welchem sie ein neues Stück
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angefertigt wünschten. In der nächsten Nacht holten sie dann das Verlangte weg. Auf
diese Weise handelten sie Pfeilspitzen, Axtklingen und Feuerstahl ein.
Da wir nun aber wussten, dass die Weddas des Omuna hin und wieder in directe Berührung
mit den Singhalesen ihres Districtes kamen, schenkten wir dazumal dieser Mittheilung
keinen Glauben, sondern fassten sie als eine Wiederholung einer hergebrachten Tradition
auf. Wir thaten aber unserem Gewährsmann offenbar Unrecht; denn in neuester Zeit
hat Stevens das Verdienst sich erworben, persönlich Zenge dieses geheimen Tauschhandels
gewesen zu sein. Er erzählt Folgendes (108, pag. CLIH): „Ihr Verfahren, von den singhalesischen
Grobschmieden Waffen zu erhalten, ist genau das in anderen Berichten Beschriebene,
nur dass die Strafe für nicht Willfahrung ihrer Wünsche jetzt aus Furcht vor
dem Gouvernements-Agenten und seinen Maassregeln nicht ausgeführt wird. Eine Anzahl
von Blättern oder ein Stück Holz (sie scheinen das ohne Unterschied zu gebrauchen) von
gewünschter Form nehmen sie zum Hause eines Schmiedes spät in der Nacht mit sich
und hängen sie am Tliürwege auf. Ich begleitete einen Wedda auf einer von diesen Expeditionen
und einige von diesen (von Stevens während seines Vortrages vorgewiesenen)
Pfeilen wurden in solcher AVeise gemacht. Er hängte es auf am Thürwege, zugleich ein
Geschenk von Fleisch, Wachs und Honig hinzuhängend, der Honig war in einem Bastsack
untergebracht. Drei Abende hernach gieng er wieder hin, und die Pfeile waren für ihn
fertig. In früherer Zeit, hätte der Schmied seinem AVunsche nicht willfahrt (ich entnelmie
dies nicht lediglich Büchern, sondern ich stellte sicher, dass es walu- ist), so würde der
A\edda sich, einfach gegen den unglücklichen Mann auf die Lauer gelegt und einen Pfeil
durch ihn gejagt haben, als eine Weisung, dass er durch die Weigerung, ihm zu willfahren,
beleidigt sei. und deshalb zögert der Schmied sehr selten, andere Arbeit bei Seite
zu legen und mit der Arbeit, die der "Wedda gethan zu haben wünscht, vorwärts zu
machen. Ist diese Arbeit gethan, so werden für zwei oder drei Nächte nachfolgends au
der Thür des Sdnniedes Geschenke niedergelegt. Der Schmied wird für seine Arbeit ausserordentlich
überzahlt, dem herrschenden Tauschpreise entsprechend; aber der Wedda scheint
sich nicht darunr zu kümmern, was er giebt, solange er seinen Pfeil, seine Pfeilklinge
oder Axt erhält."
Aus dieser interessanten Mittheilung geht hervor, dass die Weddas des Nilgaladistrictes,
denn nrit diesen zusammen scheint Stevens einige Zeit gelebt zu haben, noch
die alte Form des geheimen Tauschhandels beim Erwerb ihrer Pfeil- und Axtkhngen ausüben,
obschon sie doch immerfort mit Singhalesen in Berührung kommen; sind sie ja
doch sogar auf Ilefehl der enghschen Piegierung einem singhalesischcn Aufseher unterstellt
Avorden. Dennoch halten sie offenbar, so weit es ihnen möglich ist, am Hergebrachten fest,
mit der Ausülmng solch' uralter Gebräuche vielleicht ein unbestimmtes religiöses Gefühl verbindend,
wie die Europäer in jenem grossen Gebiete des Glaubens, welches wir Aberglauben
iiennen, uralte religiöse Anschauvnigen und Handlungen Ins auf unsere Zeit bewahi't
hallen.