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urthoiltc war so unwissend, wie ein Thier- heisst es in einer singhalesischen Zeitung über
ilen Lamprey'sclien Wodda. Sehr bei^eichnend ist folgende Erzähknig von Lainprey:
..Ich erinnere mich, einem eher intelligenten und wohl erzogenen Eingebornen gegenüber
den Wunsch ausgesprochen zu haben, einen Wedda in seinen eigenen Jagdgründen zu
sehen; aber er sagte, es würde sehr schwer, wenn nicht unmöglich sein, und empfahl mir,
ein Gewehr nrit zu bringen und Einen zu schiessen, als wenn ein Wedda nicht mehr
wäre, als ein Affe. Ich war eher überrascht von dieser Bemerkung; denn, abgesehen
von ihrer Criminalität. war sie im Gegensatz zu dem, was man von einem
Eingebornen erwartet, welche immer die Weddas als sehr hohes Kastonvolk bet
r a c h t e t haben und sie demgemäss respectieren." Pridham (88, pag. 873) berichtet:
In einem neulich publicierten Werke (wir wissen nicht, welches gemeint ist) wird
erwähnt, dass die Singhalesen häufig pflegten, die Weddas zum Vergnügen zu schiessen,
und eine Lustpartie war factisch vorgeschlagen, zu diesem Zwecke formiert zu werden,
zur Zeit von Sir W. liorton's Ecgierung. (Dieser war Gouverneur 1831—37.) Solche
Berichte erinnern ganz imd gar an ähnliche, aber noch viel grausamere Thaten der
Europäer gegen die Eingebornen von Australien und Amerika, wo mit vollem Bewusstsein
mit Schnaps. Pocken und Syphilis als Vernichtungswaffen gekämpft wurde; denn der
Europäer kehrt leicht die Bestie heraus, wo er nichts zu fürchten hat.
Dem Singhalesen erscheint nun also thatsächlich der Wedda als ein weit unter
ihm stehender Wilder, kaum verschieden vom Thiere des Waldes. Wie kam nun aber
die officielle Ehrtmg der Weddas seitens der Singhalesen zu Stande, als wären sie hinsichtlich
ihrer socialen Stellung der ersten Kaste gleichwerthig, eine Ehrung, welcher auch
der König so deutlichen Ausdruck gab? Wir können diese Frage nicht sicher beantworten;
es sei uns aber gestattet, eine Vermuthung zu äussern. Es lässt sich nämlich denken,
dass, solange ein wikler Stamm nicht in die Cultur einer höheren Völkerschaft aufgegangen
ist und sonach jeder männliche Vertreter dessell)cn stets Bogen inrd Pfeil mit
sich führt, der Stamm als Ganzer in den Augen des ihn umgebenden Culturvolkes erstlich
als selbständige Völkerschaft und ferner auch als geborene Kriegerkaste gilt; jedes
Glied desselben ist ein Ivattriya und deshalb auch mit den Königen der Culturvölker, die
elienfalls Ivattriyas sind, von gleicher Kaste. Geht jedocli ein solcher Stamm in die Staatsorganisation,
also überhaupt in das höhere Culturleben des Nachbarvolkes auf, und legt
er J-iogen und Pfeil nieder, um zur Hacke zu greifen, so fällt sein Ansehen, und in Folge
seiner schwächeren Intelligenz wird er zum Diener, ja zum Sklaven seiner höheren Nachbarn,
welche ja jetzt seine Mitmenschen geworden sind; er wird, da er culturell ihnen
gegenüber unmündig ist, als Ganzes zur Sklavenkaste, ein Process, der in Vorderindien
sich schon fast überall vollzogen hat. Ein directei' Uebergang eines Piimärstammes in
die Kattriyakaste des Culturvolkes wäre historiscli ganz undenkbar; dazu fehlt es ihnr allzusehr
an Intelligenz und vor Allem auch an cultureller Schulung; der nächste Schritt für
einen Jägerstamm nach der ("ultur zu ist eben die niederste Form des Ackerbaues. Dass
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früher, solange die Primärstämme von Vorderindien noch der Selbständigkeit sich erfreuten,
auch ihr Ansehen bei den umgebenden Culturvölkern ähnlicli hoch dastand, wie das der
Naturweddas in Ceylon noch heutzutage, geht aus einer unten (Abschnitt: (ieschichte)
noch näher zu würdigenden Stelle des Ktesias hervor, derzufolge die Pygmäen (dies sind
unsere Primärstämme, siehe unten) als gute Bogenschützen von den Ivönigen hochgeschätzt
waren und also auch eventuell Auszeichnungen erfuhren. Dass andererseits auch diejenigen
Weddas, welche sich zum Ackerbau heranziehen lassen, de facto zu Sklaven ihrer singhalesischen
Aufseher werden, soll unten (Abschnitt: Besteuerung der Weddas) zur Sprache kommen.
Das officielle Ansehen, welches die Weddas bei den Singhalesen gejüessen, führt
es herbei, dass ein Singhalese kein Hinderniss darin erblickt, eine Wedda zum ^Veibe zu
nehmen. So berichtete man uns z. B. in Mudagala am Omuna; das Umgekehrte aber,
hiess es, komme nicht vor, die Weddas bekämen keine singhalesischen Frauen. Es hat
eben offenbar die au allerlei Cnlturbequemlichkeitci] gewülintc Siiighalesiii Beileiikeri an
der Seite eines Wedclagemahls ihr ferneres Leben in einer Höhle oder in einer primitiven
Hütte zu verbringen. In diesem Umstände, und nicht etwa in Kastenvorurtheil, haben wir
den Grund dieser Erscheinung zu suchen.
Die Tamilen verhalten sich in ihren Anschauungen den Weddas gegenüber etwas
anders als die Singhalesen. Es sind nämlich die Küstenweddas heutzutage allesammt
zu Culturweddas geworden und waren es auch schon zum Theil seit sehr langer Zeit. Lifolgedessen
beginnen die Tamilen sie schon als niederste Kaste ihrer Gesellschaftseintheilung
anzusehen, und sie sind grosser Verachtung anheimgefallen. Wie oben (Seite 528)
schon bemerkt, verspottet man sie als Katuputschi oder Buschkäfer. 1890 sagte man uns
demgemäss in Kaluwangkeni, die dortigen Küstenweddas würden als niederste Kaste betrachtet,
denen auch ein Paria nicht seine Tochter geben würde.
Ueber das rohe Benehmen der Tamilen gegen die Weddas haben wir oben schon
(Seite 470) kurz gesprochen, worauf wir hiemit verweisen.
So lässt sich die Angabe von de Butts, die Weddas gehörten zur Sutrakaste,
wohl mit Hilfe der Annahme erklären, es habe sich dieser Autor über Culturweddas an
der Küste erkundigt, welche schon in den Gesellschaftsverband der Tamilen als Körperschaft
aufgegangen waren.
Man sagte uns übrigens auch an der Küste, dass die Tamilen gerne AVeddafrauen
nähmen, Tamilfrauen aber wollten keine Weddas zu Männern haben; sie verhalten sich
also in diesem Punkte wie die Singhaiesinnen; doch scheint es ihnen auch geradezu verboten
zu werden, mit Weddas Verbindungen einzugehen,
Handel der Weddas.
Geheimer Tauschhandel der Naturweddas. Trotz der grossen Scheu, ja
geradezu der Antipathie, welche die Naturweddas gegen ihre höheren Nachbarn, ' die
Tamilen und Singhalesen, an den Tag legen und dies auch von jeher gethan haben', wie