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Ausserdem offeiil)art sich auch in dem Festhalten der Weddas arn alten Geheimhandel
ilire lebhafte Abneigung gegen die Singhalesen und ihre so ausserordentlich stark
entwickelte Empfindung, ein besonderes, von jenen ganz verschiedenes Geschlecht zu sein.
Durch die Sitte des Geheimhandels scheinen die Weddas schon in alter Zeit den
Singhalesen merkwürdig gewesen zu sein, wie aus einer diesbezüglichen Stelle in Plinius,
welche wir unten (Abschnitt: Geschichte) eingehend besprechen werden, hervorgolien
dürfte.
Im geheimen Tauschhandel dürfen wir wohl die primitivste Form des Handels
zwischen zwei verschiedenen A'ölkern überhaupt erblicken. Die Furcht, ermordet oder als
Sklave entführt zu werden, hat offenbar den Gebrauch geschaffen, dass an einer bestimmten
Stelle im (Gebiete der anderen Partei von der Einen heimlich Waaren niedergelegt werden,
worauf sich die Verkaufenden in das Dunkel der Wälder zurückziehen. Hierauf entnimmt
die kaufende Partei das Hingelegte und deponiert Dasjenige, was sie dagegen zu geben
geneigt ist. Nimiut der Käufer die hingelegte Waare ohne Gegengabe, so gilt dies als
Kaub, und Meuchelmord ist die Folge.
Schon zu Knox's Zeit scheint der geheime Tarischhandel von den Naturweddas
nur noch zu dem Zwecke, Pfeil- und Axtklingen zu erhalten, ausgeübt worden zu sein,
und heutzutage ist begreiflicher Weise die Sitte im Erlöschen begrifi'en, seit die noch
frei lebenden Naturweddas immer mehr zur Cultur genöthigt werden.
Da wir durch Joinville und Stevens erfahren, dass Modelle von Pfeilspitzen von
den Weddas auch aus Holz geschnitzt, nach Joinville ferner aus Thon gefertigt werden,
also nicht ausschliesslich aus Blättern, so wäre es von Interesse, wenn ein solches Modell,
wenn irgend noch möglich, beschaftt werden konnte, wodurch dann das so kleine Häufchen
der weddaischen Kunsterzeugnisse um ein weiteres vermehrt würde.
Da heutzutage die grosse Mehrzahl der Weddas angesiedelt ist, so steht, wie wir
unten sehen werden, einem directen Tauschhandel mit ihnen nichts im Wege. Dennoch
lassen manche selbständiger gebliebene Gruppen die indo-arabischen oder singhalesischen
Händler nicht ohne weiteres in ihre Pflanzungen oder gar Hütten eintreten. Vor dem
Zaun, welcher um die Pflanzungen geführt ist, hat der Händler zu halten und den Wedda
zu rufen. Dieser kommt hierauf heran, und es findet der Tausch ausserhalb vom Zaune
statt (Deschamps). Nach Lamprey begeben sich die Händler an gewisse Stellen, um
zu tauschen. Der Tamil berichtet, dass diejenigen Händler, welche tauschen wollen, an
bestimmten Stellen in der Nähe der Weddaniederlassungen mit den zu vertauschenden
Sachen warten müssen; dann kommen Diese mit den ihren. Würde irgend ein Fremder
es wagen, nach ihren Wohnungen zu gehen, so wäre ein Pfeilschuss ihm gewiss. Der
scharf ausgesprochene Eigenthumssinn des Naturwedda für seinen Bezirk schwächt sich
also nur sehr zögernd zu jener Laxheit in dieser Empfindung ab, wie wir sie bei den
tamilisierten oder .singhalisierten Culturweddas vorfinden, und welche sich in der leichtern
Bestrafung des Diebes und des Nebenbuhlers ausspricht (siehe Seite 549 und 471).
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Diejenigen Naturweddas, welclie schon etwas mehr zugänglich sind, liefern hauptsäclüich
Honig und Wachs; letzteres in Form der oben (Seite 447) besproclienen VVachskäschen;
früher beschafften sie auch Elephantenzälnie (siehe oben Seite 439) uiid ferner
auch Pfeffer, wie wir durch den anonymen Thebanei' aus dem 4. Jahrlunidert erfahren
(siehe unten: Geschichte, Palladius).
Den Geheimhandel scheinen auch die den Weddas verwandten I^rimärstärnnie von
Vorderindien selbst längere Zeit, nachdem sie schon in den Staatsverband der Cultur-hider
aufgegangen sind, noch auszuüben; deini voji der Sklavenkaste der Pulayer in Travancor
lesen wir bei Jagor (47, pag. 232): „FaUs sie je in Besitz von Geld gelangen und dafür
Gegenst;inde zu kaufen wünschen, die in den Buden an der Landstrasse feilgeboten werden,
so müssen sie in vorgeschriebener Entfernung stehen bleiben, laut ausrufen, was sie haben
wolleii, ihr Geld oder ihren Tauschwerth niederlegen und sich zurückziehen, ins die g(iwünschten
Gegenstände an Stelle des Geldes gelegt worden sind; erst nachdem der Pländler,
der vielleicht selbst sehr niederer Kaste ist, sich entfernt hat, darf der Pulayer sich nahen
und seinen Einkauf aufnehmen." Wir vermuthen, dass den Pulayer die formelle Beibehaltung
ihres ursprünglichen Geheimhandels von den Cultur-Indern, in deren Staatsverband
sie eingetreten sind, als Kastenunterscheidung anbefohlen wurde.
T a u s c h h a n d e l der Culturweddas. Der Calturwedda treibt mit den Tamilen,
Singhalesen und Indo-Arabern freien Tauschhandel, und zwar war dies schon zur Zeit des
van Goens der Fall, welch^ Letzterer vom Gcheimhandel der Naturweddas merkwürdiger
AVeise keine Kenntniss hatte. Er berichtet, wie sowohl die Indo-Araber als die Tamilen
gegen Tuch, Salz u. a. m. von den anwohnenden Weddas Honig, Wachs, Leopardenfelle,
gespahene Planken von Edelholz. Eisen. Krystalle und andere Sachen eintauschten.
Heutzutage liefern die CuHurweddas noch Honig, Wachs, Trockenfleisch, Hirschhorn,
Felle, auch lebende Papageien, dann Producte ihrer Tschenas, wie Kurakkan, Mais,
Capsicumschoten u. s. f. (siehe oben. Seite 408, die von ihnen gepflanzten Vegetabilien).
Sie begehren dagegen Tuch, Thongeschirr, Metallschüsselii, Eeis, Salz, gesalzene Fische,
Betelsachen, Glasperlen, Feuerstahl, Messer u. s. w.
Das Geld kennen auch heutzutage noch nicht alle Weddas; die Culturweddas an
der Küste aber nahmen es schon zur Zeit des van Goens gerne an; er sagt, dass „Einige
nahe den liattikaloalanden nun auch Geld, sowohl Gold, als Silber, als Kupfer kennen
lernen: am meisten halten sie auf Gold, wie auf ein Heiligthum.-
Die Widersprüche der späteren Autoren über das Verhalten der Weddas zum Gelde
erklären si^•h aus den verscliiedenen Beobachtungsstationen; jedenfalls darf behauptet werden,
dass Naturweddas, welche sogar schon seit mehreren Jahren angesiedeh sind, beim
limpfang von Silbermünzen recht gleichgihig bleiben. Sie verlangten von uns immer in
i'rster Linie etwas für den Magen; jemals um C.eld angegangen worden zu sein, können