Wir haben die Erzählung etwas austulirlich wiedergeljen müssen, weil sie, wie wir
unten seilen werden, zu weiten Specnlationen geführt hat. und bemerken dazu folgendes;
Was den Anfang dei' Kuwoni-Erzilhlung betrifft, so hat schon Turnour (112, Einleitung,
pag. XLIV) n:iit Reclit anf die Aehnlichkeit desselben mit dem Kirke-Abenteuer des Odysseus
aufmerksam gemacht. Nur iii ilem Umstand mag ein historischer Kern liegen, dass
\Vidjaya und seine Begleiter eingeborene 'Weiber zu Frauen nahmen. Aus der Thatigkeit der
Kuweni ferner. Fäden zu drehen, das heisst doch wohl, aus Baumwolle Fäden zu bereiten,
dürfte auf die damalige Anwesenheit von Culturweddas an der Nordwestkttste geschlossen
werden; denn in unseren Aufzeichnungen über die Culturweddas von Nasiendivu an der
Ostküste Hndet sich angemerkt: Einige Frauen wickeln Baumwolle.
j\Iit der EA'zählung von der Bekämpfung der Yakas fangen wir an, solidem Boden
zu gewinnen. Es ist von zwei Städten der Yakas die Rede, Siriwatta und Lankapura. Die
Yakas halten nun eine grössere Versammlung in Siriwatta ab, angeblich einer llochzeit
wogen. Man gründete nun auch auf diesen Bericht, wie auf den im ersten Capitel über
liuddha's Besuch im Bintennedistrict, die Vermuthung, die Weddas hätten dazumal eigentliche
Städte gehabt. Wären indessen die beiden Orte Siriwatta und Lankapura wirkliche
Städte gewiesen, so erschiene die dringende Mahnung der Kuweni, die Gelegenheit, da
die Yakas sich versammelten, zu benutzen, weil dies in der Weise nicht wieder vorkommen
werde, schwer begreiflich. Eine Stadt stellt ja an sich schon eine grossere Versammluirg
von Menschen dar, hier in der Erzählung wird aber Nachdruck gelegt auf die Seltenheit
des Ereignisses, dass die Y^akas in grösserer Anzahl zusammenkämen. So erfährt auch
schon im ersten Capitel Buddha, dass eine Versammlung von Y'akas stattfinde, und auch
er sieht dies als gute, sofort auszunützende Gelegenheit an. Den angezogenen Erzählungen
glauben wir daher nichts Anderes entnehmen zu können, als dass hin und wieder, wenn
auch sehr selten, die Weddas eines Districtes sich versammelten, und zwar, wie wir verniutlien,
meist in Folge davon, dass irgend ein sie umgebendes Volk sich ihnen irgendwie
besonders fühlbar machte, im Falle also, dass ihnen eine gemeinsame Gefahr drohte; denn,
wie oben (Seite 489 und 490) bemerkt, hatten die Weddas noch im 17. Jahrhundei-t
van Goens zufolge untereinander die Verbnidlich.keit, sich gegenseitig drohendes üebel
abwehren zu helfen; es erscheint somit eine gelegentliche Versammlung der Weddas eines
Districtes immerhin als möglich, und zwar geschah sie vermuthlich vermittelst dos Botenstockes
(siehe oben Seite 457). Da heutzutage in Folge allseitigen Eindringens der Shiglialesen
und Tamilen in das Gebiet der Weddas die sociale Organisation derselben vollkommen
zerrüttet ist, so kommen dergleichen temporäre Versammlungen nicht mehr zu
Stande, sie hätten ja nun aucli, da nur noch ganz wenige Naturweddas auf den Felseu.
zerstreut leben, gar keinen Zweck mehr; dagegen ist es auch jetzt noch mijgliciL,
durch einen Wedda, welcher eine gewisse Autorität besitzt, durch den „Sprecher" (siehe
oben Seite 48ö) die Andern aus der Nachbarscliaft zu versannneln und zu sich heranbringen
zu lassen. Wenn dabei auch die Furcht vor der englischen Regierung nöthigend
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mithilft, so dürfen wir in diesem Umstand doch wohl den Rest einer früher noch grösseren,
die Weddas einer gesammten Warge im Falle gemeinsamer Gefalu' ziisamirieju'ufonden
Autorität erblicken. In den beiden erwähnten Y"akastildte]i aber sehen wir nichts weiter, als
gewisse Jagdgebietsnetze, welche in Folge roichen Wildstandes eine ))osonders dichte Anordnung
gewonnen hatten; eine Yakastadt dos Mahawansa ist also nach unserer Ansicht
der Mittelpunkt einer besonders dichtmaschigeu Warge (siehe den Abschnitt Sociologie,
Seite 475). Dass ausserdem der singhalosische Begriff einer Stadt gar weit Irinter dem
unsrigen zurücksteht, bedarf wohl nur der beiläufigen Erwälnunig.
Wir sind nun also keineswegs mit Forbes und Tennent der Meinung, dass die
AVeddas in alter Zeit ein ausgebildetes Staatswesen und Städte besessen haben, wir stimuLen
vielmehr mit Vircliow überein, welcher dies für vöUig unmöglich hält. Die Weddas,
sagt Virchow, konnton in zweitausend Jahi-en nicht so tief degradieren, um das Alles,
wovon die alte Sago spricht, wie Könige und Städte, verloren zu haben. Wir fügen bei.
dass dies schon im Laufe von fünfhundert Jahren hätte geschehen müssen: denn dem Berichte
des Thebanors im Palladius zufolge treten uns im 4. Jahi'hundert nach Christus
die Weddas genau so entgegen, wie heutzutage und machen wahrlich nicht ilen Eindruck,
als hätten sie Städte und Könige im eigentlichen Sinne gehabt: die Erwähnung solcher
aber fällt, wie oben gesagt, etwa in's zweite Jahrhundert vor Christus.
Auch die im Capitel X des Mahawaiisa (119, pag. 43) sich findende Angabe, der
König Pandukabliaya habe die Yakahäuptlinge Kalawela und Citta in Anuradhapura angesiedelt
und bei Festlichkeiten den Citta auf einen Thron von gleicher Hoho, wie sein
eigener war, gesetzt, beweist nichts für einen dazumal (im fünften Jahrhundert vor Christus)
höheren culturellen Zustand der Weddas. Da Jeder derselben ein guter Bogenschütze ist
und von jeher auch war, so musste es für einen in Krieg verwickelten Fürsten von grossem
Vortlieil sein, eine bestimmte Anzahl von Weddas als Zuzug zu erhalten, und wir brauchen
uns deshalb nicht zu wmidern, wenn er diejenigen Individuen, welche eine gewisse Autorität
iiber die Weddas hatten, nach Kräften auszeichnete (siehe auch Seite 487). Es eriimert
dies sehr an die miton zu besprochende Bemerkung des Ktesias ülier die 1 lochschätzimg
der indischen „Pygmäen" durch die Könige. Ferner ist schon (Seite 549) erwähnt worden,
dass noch zu Knox Zeit Radja Singha gegen die Holländer Weddas aufbot.
Es sei hier noch angefügt, dass im ahen indischen Heldengedichte Ramayana
<lie Weddas als Affen bezeichnet werden, ein Unistand, welcher ebenfalls auf ihren damaligen
niederen Zustand hinweist. Die Zeit der Abfassung des Gedichtes scheint ganz
nusicher zu sein.
Wir haben endlich aucli das Schicksal der Kinder der Kuweni zu betrachten.
Der Erzähler im Mahawansa lässt die Nachkommenschaft derselben zu den Pulindas oder
Bergbewohnern werden, also zu dem im ersten Capitel als Dowas bezeichneten Volke. Diese
l'.emorkuug findet sich in der neuen Ausgabe des Mahawansa von Wijesingha, 119, dagegen
nicht in dorjenigeu vonTournour. 112. Sie stellt offenbar nur eine Hypothese des
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