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Die Cultiirvi'getatiou breitet sicli in diclitem T('pi)icli von dei' Kiiste an iibor das
ganze siidwestliclie Niedei-iand aus. indem sie im Inneren desselben gi'ossc Coniplexe von
lieisiVlderu in sicli einschiiesst, nnd zielit sicli dann von verschiedenen Seiten in's Gebirge
liinauf, besonders von Norden und Nordwesten liei', in breiten Bändern den liier allmiilig
ansteigiMiden Thalsolden folgend. Wo die Bevölkerinig am dichtesten sich häuft, ist selbstverständlich
auch der Anbau am weitesten gefördert, inid so kann aus dem Dunkelheitsmaasse
der rothen Farbe auf unserer Karte-. welche die Verbreitung der Singhalesen
bezeichnet, die Dichtigkeit der Gnlturvegetation für das südwestliche Niederland ersehen
werden. Eben dasselbe gilt, wie oben schon angedeutet,
für (las von den Tamilen b(-wohnte Kiistengebiet des
trockenen Niederlandes, welches mit schwarzei- Farbe
ausgezeichnet wurde. Im Gebirge gewinnt das l'almenculturland,
wie wir es hier inr Gegensatz zu den Kaffeeluid
TheepHanzungen bezeichnen wollen, in einigen nicht
hoch gelegenen Senkungen von neuem eine grössei'e Ausdehnung,
wie östlich l)ei Badulla und vor allem bei
K a n d y , wo die Palmen-, Fruchtbaum- und Reisvegetation
noch zu sehr reicher Entfaltung gelangt. Wir werden
auf diesen Punkt noch kurz zurückkommen.
Wir wissen nun al)er Liereits, dass aus dinn foiinenund
farbenreichen Culturgarten von Palmen nnd Blüthenbäumen
keineswegs ein Ri'ickschluss auf die Naturvegetation
der Insel gezogen werden darf, welch' letztere bei
weitem den grössten Theil derselben bedeckt.
Da wir nun doch eben von der Culturvegetation
sprechen, so sei erwähnt, dass auch die Palmenplantagen
an der Lagune von Batticaloa an der Ostküste einen recht
scliönen Anblick gewähren, welcher nacli langenr Wan-
Kokosi..iime i.,it y-wci K,o,:en. im BuschWalde Sehr erfreut; aber den Beichthum
der gegeniiberliegenden Küste, deren Schönheit in Negonrbo gipfeln dürfte, erj-eicht ]:iatticaloa
nicht.
Nun seien noch hier einiger pflanzUcher Merkwüidigkeiten des Cnlturlandes gedacht.
So möchten wir eine zweiköpfige Ivokospalme erwähnen, welche wir in der Nähe
von Erawur (nördlich von Batticaloa bei Tschenkaladi) stehen sahen. Es stellt dies eine
grosse Seltenheit dar, weshalb wir obenstehend davon eine Abbildung geben (vergl. aucii
I l ä c k e l , welcher eine dreiköpfige Kokospahue an der Südkiiste bei Weliganra sah, ,10.
P.
Fei-ner war uns bei Koddiyar am Südstraiide der P)ai von 'rrincomali eine gewaltige
Tamarinde merkwürdig, deren ganz gesunder Stamm einen Metei' hoch vom
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B o d e n , unserei'Messung zufolge, zehn Meter Umfang hatte. Schon T e n n e n t (21. ii. pag. 48«)
iicdenkt derselben: sie ist nicht allein dundi ihre Cirösse, sondern aucli noch (hn'ch den
urindestens sehr wahrscheinlichen Umstand beachtenswerth, dass sie schon von demjenigen
Schriftsteller, welchem wir das bedeutendste Werk über die Singhalesen verdanken, liohert
Knox, erwähnt wird, insofern er in der Nähe derselben von Singhalesen festgenommen
und zu zwanzigjähriger Gefangenschaft nach Kandy geschlei^pt wurde.
Endlich dürfen wir nicht des ehrwürdigsten Baumes der Insel vergessen, des
h e i l i g e n Bobanmes, der Ficus religiosa, von A n u r a d h a p u r a . Ei- ist im Jahre 288 vor
Clu'istus vorn König Dewanampiyatissa gepflanzt worden und somit heutzutage 218().]ahre
alt (cf. Tennent , 1. pag. 3-i3). Der Stamm des Baumes ist niclit mehr zn sehen: eine
inr Viereck angelegte Mauer wurde inn seine Basis aufgeführt und iinierhal!) derselben der
B o d e n nrit Erde und Sand anfgesclnittet; so erblickt man nur einzelne direct aus dem Boden
kommende und dann sich verzweigende, mächtige Aeste. Wir folgten g(n-ne der Aufforderung
des Priesters, vor diesem lobenden Wesen, welches der Zeit zu trotzen scheint,
den ilut abzunehmen. Schon im Jahre 460 nach Christus wurde im Mahawansa über
den Baum geschrieben (cap. XIX, 16, pag. 78): „So hat dieser Bobaum, der Monarch des
Waldes, welcher mit vielen wunderbaren Kräften begabt ist, für Jahrhunder t e (for ages) in dein
entzückenden :\lahamcghagarten in Lanka gestanden, fördernd die geistliche Woldfahrt der
Bew-ohner von Lanka und die Ausbreitung der wahren Beligion."
Wer will es dem Naturforscher zunr Vorwurf machen, dass ihm in der Schätzung
geologischer Zeiten ein Jahrtausend so kurz erscheint wie ein Tag, dass ei' im Blick auf
das Alter der Erde leichthin von Jahrmillionen spricht, wenn er vor einem l'Hanzenindividuum
steht, welches schon zweitausend Jahre erlebt hat? Welche ungeheuere Geschichte, welche
gewaltigen culturhistorischen Erlebnisse hat Europa seit der PHanzung dieses Baumes hinter
sich, von welchem Zeiträume das Heranwachsen, Blühen und Hinsiechen des römischen
Reiches nur einen kleinen Abschnitt darstellt!
Wie vor Alters, wird auch heutzutage während der trockenen Zeit der Bobaum
nut Wasser begossen, welches von einer Procession herbeigetragen wird. Eine solche
sahen wir, als wii' an Ort und Stelle waren; Männer und Frauen kamen in feiei'lichem
Zuge heran, alle trugen gelbmetallene Grefässe, welche nut Wasser gefiillt waren, auf den
Köpfen; eine weisse Lotosblume schwamnr auf dem Wasser jedes Kruges. Ein Tomtonr
wurde geschlagen: zuweilen schrieen alle plötzlich auf, gesungen wurde nicht; ein gelb
gekleidete]' Priester folgte dem Zuge.
Ein Blatt vom Baume zu brechen, wurde uns nicht gestattet; nur todt am Boden
liegende durften wir autiesen: ein Heerde von Macacusaffen aber trieb sich ungestraft im
Gezweige des heiligen Piaumes nnniter umher und bearbeitete dessen Aeste und Blätter.
Nach dieser Abschweifung kehren wir zunr feuchten Südwes ten Ceylons zurück.
Wie wir schon bei der Ostkiiste erwähnt hal)cn, so folgt auch hier auf den Palmengürtel
der Kiiste eine Zone von Reiscultur. Da es hier im Doppehnonsungebiete nur in wenigen