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Nach Bailoy stellt der beschriebene Tanz die gemeinsame Ceremonie dar, die
Yakas anzurufen; ähnlich fasst es D e s c h amp s auf, wenn er sagt, sie tanzten, ausser
nach ergiebiger Jagd, auch zu dem Zwecke, die guten Geister zu rufen und die bösen zu
verjagen. Uns sagte ein Culturwedda, der Tanz gelte den Verstorbenen, und deshalb
äusserten wir uns in einem von unseren Vorbcrichten (98, pag. 131) folgendermaassen:
„Es scheint der Tanz etwas mit ihrem Geisterglauben zu thun zu haben. Sie veranstalten
ihn, wenn die Jagd schlecht gewesen war, und der Gesang, den sie dabei äussern, gilt
den Yakas.'' Wir möchten diesen Ausspruch nach eingehenderem Studium des schwierigen
Gegenstandes jetzt etwas modiiicieren. Zwar wird für diejenigen Weddas, zu welchen
die singhalesische oder, besser gesagt, die cultur-indisclie Dämonologie hinabgedrungen ist,
der Pfeiltanz jedenfalls auch als Mittel gelten, böse Geister zu verjagen und gute anzuziehen
, oder die Seelen der verstorbenen Verwandten um Hilfe anzugehen und eventuell
ihnen für geleistete Unterstützung zu danken; doch können wir nun nicht mehr glauben,
dass dem Pfeiltanze der von höherer Cultur noch fast gar nicht beeinflussten Naturweddas
solche Ideen zu Grunde liegen möchten.
Ausser dem Pfeiitanz kommt bei manchen Weddas noch ein anderer vor, bei denr
der Tänzer einen Baumzweig in der Hand hält. Dieser Tanz wird um einen Kranken
ausgeführt, um ihn zu heilen. W'enn wir nun schon diese Sitte 1885 in Kolonggala im
Nilgaladistricte vorfanden, zweifeln wir doch sehr daran, dass wir es hier mit einem ächt
weddaischen Brauche zu thun haben; denn in Dewilane wurde uns berichtet, den Tanz
mit dem Baumzweig um den Kranken herum könne nur Einer in der Niederlassung (es
handelt sich hier um kurz vor unserer Ankunft angesiedelte Naturweddas); dieser tanze
um den Kranken, rufe die Y'akas an und heisse Kattadia. Dies ist aber, wie schon oben
(Seite 502) erwähnt, der Name des tamilischen oder singhalesischen Dämonenpriesters.
Wie daselbst bemerkt, lassen denselben auch angesiedelte Weddas bisweilen zu einem
Kranken kommen. Der tamilische Kattadia von Wallaitschenai an der Küste sagte uns,
er verkehre viel mit den Küstenweddas, welche ihn in Krankheitsfällen kommen Hessen;
er tanze dann, werde vom Dämon inspiriert und heile so die Krankheit. So rufen denn
auch jedenfalls die angesiedelten Weddas der Districto von Bintenne und Nilgala in Krankheitsfällen
den singhalesischen Kattadia oder Yakdessa rles nächsten singhalesischen Dorfes
zu ihren Kranken. Somit halten wir denn den Tanz mit einem Baumzweig imr einen
Kranken, ausgeführt zum Zwecke, den bösen Dämon aus ihm zu treiben und ihn so zu
heilen, für nicht weddaisch.
L u s t t ä n z e sclieinen bei den Weddas vorzukommen,] wobei sie sich dann mit
dem ßlätterhüftrocke zieren. Wir haben zwar keinen beobachtet, uns aber auch nicht
darnach erkundigt, so wenig wie Einer der anderen Autoren. Wir verweisen indessen auf
die von uns citierte Stelle aus De Zoysa, und auf die lieoliachtung von Stevens über
Tänze im Blätterkleid (für beide Citate siehe Seite 389).
Gesang und Poesie.
Bei dem im vorigen Abschnitte geschilderten Tanze werden gewisse Gesänge vorgetragen,
welche wir nun etwas näher betrachten wollen. Zunächst ist hervorzuheben,
dass die Weddas im Stande sind, zu einer sehr einfachen, aus ganz wenigen Tönen bestehenden,
Melodie die begleitenden Worte zu improvisieren. Nachdem wir nämlich 1885
unsere Weddas von Kolonggala im Nilgaladistrict beschenkt hatten und sie nun entlassen
wollten, begann die alte Frau, welche in Figur 38 (Tafel XXI) dargestellt ist, folgende
Töne in beständiger Wiederholung vorzutragen;
— — 0 u und so fort.
Die unausgesetzt wiederkehrende Melodie besteht im Ganzen aus acht Noten, von
denen jedoch nur vier untereinander verschieden .sind; es kommen also nur vier verschiedene
Töne zur Anwendung. Die Sache hat ein tieferes Interesse, als es auf den ersten
Blick scheinen könnte; denn es ist diese Primitivmelodie der W^eddas ausserordentlich
ähnlich derjenigen der Andamanesen, welche wir nachträglich in Man's so reichhaltiger
Abhandlung gefunden haben (64, pag. 392). Der gegebenen Aufzeichnung zufolge besteht
die Primitivmelodie der Andamanesen aus blos fünf Noten, welche wie die acht der
Weddas unablässig wiederholt werden; nur drei verschiedene Töne kommen zur Verwendung,
während wir bei den Weddas vier fanden. Wir wollen indessen durchaus niclit
behaupten, dass die von uns gegebenen Noten die Melodie fehlerlos wiedergeben; die uns
interessierende Thatsache ist die grosse Aehnlichkeit der Primitivmelodie der Weddas mit
derjenigen der Andamanesen; wir haben also in beiden Fällen ächte Urgesänge vor uns.
Diesen weiter nachzugehen, dürfte für den Kenner zu einem anziehenden Studium sich gestalten.
Wir vermuthen. dass obige Primitivmelodie auch beim Pfeiltanze gesungen wird
und zwar von Jedem der Mittanzenden; den Tact würde dann das ruckweise Auftreten des
den Körper nach rückwärts stossenden freien Beines darstellen.
W^ährend die Alte sang, nahm ihr Gesicht einen ernsthaften Ausdruck an, welcher von
geistiger Arbeit zeugte; sie sah vor sich auf ihre Hände hin, mit denen sie gesticulierte
und wandte einmal den Kopf etwas nach rechts, dann nach links. Wie uns der Dolmetscher
mittheilte, bezogen sich die von ihr gesungenen Worte auf die erhaltenen Geschenke
und waren Bitten um noch mehr. Als wir ihr nun ein Silberstück reicliten, sang
sie unter anderem: „Muss es spalten, dann vertheilen, dann vertheilen u. s. w.'- Ein
anderer AVedda, welchem wir Tabak und Betel gegeben hatten, sang in ähnlichem Tone:
„Habe nun iietel, habe Tabak, fehlt mir noch Arckanuss. fehlt mir noch u. s. w.-
Andere sangen: „Der Herr hat Tuch uns versprochen, hat nur Erzgeld gegeben" und so
fort in unaufhörlicher Wiederholung, bis wir ihnen noch etwas gaben oder ihnen sagen
Hessen, es sei nun gut, sie könnten jetzt gehen. Alsdann sprangen Alle auf, und, meist
heiter lachend, ja jauchzend, rannten sie fort in den Wald.