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 Im  Jaln-e  1885  vertauschten  wir  den  Wohnsitz  auf  den  nebelfeuchtcn  Bergen  mit  
 dem  trockenen  und  heissen  Trincomali  an  der  Ostküste  der  Insel,  an  der  blauen  waldumrahinten  
 Bucht  gleichen  Namens  gelegen.  Hier  überwältigte  uns  förmlich  der  Reichtlium  
 der  tropischen  See  an  wunderljarem  Tlüerleben.  Im  Laufe  weniger  Monate  erhielteji  
 wir  die  merkwürdigen  Echinothuriden  von  unseren  Tauchern  zugetragen,  entdeckten  die  
 blauen Augenreihen  der  Diadematiden  und  fanden  die  seltsam  parasitisch  lebenden  Schnecken  
 Stilifer  imd  Thyca.  
 Neben  diesen  zoologischen  Arbeiten  stellten  wir  uns  zur  Aufgabe,  die  Insel  aucli  
 geographisch  näher  kennen  zu  lernen  und  einen  Einblick  in  die  Vertheilung  ihrer  Thierund  
 Pflanzenwelt  zu  gewinnen.  Eine  grosse  Reihe  von  Fussreisen,  die  oft Monate  dauerten,  
 wurden  zu  diesem  Zwecke  unternommen.  
 Auf  diesen  Reisen  war  es,  dass  wir  in  häufige  Berührung  mit  den  Weddas,  
 jenem  merkwürdigen  kleinen  Reste  der  Urbevölkerung  von  Ceylon  kamen.  Wenn  aucli  
 schon  vorher  durch  das  Studium  der  Literatur,  namentlich  des  Virchow'schen  Werkes,  
 unser  Interesse  auf  dieses  Volk  hingelenkt  worden  war,  so  wurde  uns  doch  erst  durch  die  
 directe  Anschauung  klar,  dass  hier  ein  Stamm  von  allerhöchster  Bedeutung  vorliege;  
 seine  hinschwindenden  Trümmer  für  die  Wissenschaft  zu  erhalten,  musste  uns  daher  als  
 eine  heilige  Pflicht  erscheinen.  So  begannen  wir  denn,  systematisch  die  Sache  anzugreifen, 
   die  verschiedenen,  oft  weit  auseinander  liegenden  Weddagruppen  aufzusuchen,  
 Photographieen  aufzunehmen,  Skelette  zu  sammeln  und,  soweit  wir  es  vermochten,  in  die  
 Sitten  und  Anschauungen  einzudringen.  Dass  es  sich  dabei  als  nothwendig  herausstellte,  
 um  einen  festen  Boden  für  die  Vergleichung  zu  gewiimen,  auch  die  Nachbarstämme  der  
 Weddas,  die  Singhalesen  und  Tamilen,  näher  in's  Auge  zu  fassen,  ist  selbstverständlich.  
 Im  Frühling  1886  kehrten  wir  nach  Europa  zurück,  und  als  wir  nun  unsere  wissenschaftlichen  
 Materialien  überblickten,  schien  es  uns  nicht  wohlgethan  zu  sein,  die  vielen  auf  
 Ceylon  bezüglichen  Arbeiten  in  verschiedene  Zeitschriften  zu  vertheilen  und  unternahmen  
 es  daher,  von  manchen  Gelehrten  freundlichst  hiezu  ermuntert,  Alles  in  einem  eigenen  
 Reisewerke  zu  vereinigen.  Wir  ordneten  den  Stoff  so  an,  dass  wir  einen  ersten  Band  
 für  die  an  vvirljellosen  Thieren  ausgeführten  Untersuchungen  bestimmten,  die  Anatomie  und  
 Entwickelungsgeschichte  der  ceylonesischen  Blindwühle  in  einem  zweiten  folgen  Hessen  und  
 für  den  Menschen  den  dritten  Band  reservierten.  
 Als  wir  nach  Fertigstellung  der  beiden  ersten  J^^ände  im  Frühling  1890  die  Bearbeitung  
 der  Weddas  und  ihrer  Nachbarvölker  beginnen  wollten,  stellten  sich  in  unserem  
 Materiale  bald  eine  grosse  Anzahl  von  Lücken  heraus,  und  so  wurde  eine  zweite  Reise  
 nach  Ceylon  zu  den  Weddas  nothwendig,  welche  ganz  speciell  den  Zweck  hatte,  das  auf  
 der  ersten  Reise Versäumte  nachzuholen.  Da  rlie  zu  lösenden  Aufgaben  klar  gestellt  waren,  
 so  konnte  in  wenigen  Monaten  unser  Zweck  erreicht  werden.  
 Die  drei  Bände,  welche  heute  fertig  vorliegen,  sind,  wenn  wir  Alles  zusammennehmen, 
   das  Resultat  nahezu  zehnjähriger  Doppelarbeit,  sie  stellen  also  die  Frucht  eines  
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 starken  Theils  unseres  Lebens  dar.  Vieler  Mängel,  die  daran  haften,  sind  wir  uns  wohl  
 bowusst;  aber  dennoch  leben  wir  der  Hoffnung,  dass  die  Ai'beit,  welche  wir  von  Anfang  
 bis  Ende  mit  Begeisterung  und  nach  bestem  Können  durchgeführt,  für  die  Wissenschaft  
 nicht  ohne  Nutzen  bleiben  möge.  Der  höchste  Erfolg  aber  Avürde  uns  der  sein,  wenn  
 dru'ch  unsere  Ergebnisse  angeregt,  andere  Forscher  in  die  Welt  hinauszögen  und  mit  
 stärkeren  Kräften,  als  die  uns  zur  Verfügung  standen,  der  Lösung  zoologischer  Probleme  
 sich  widmen  und  weitere  dem  Untergang  geweihte  Naturvölker  der  Wissenschaft  erhalten  
 sollten.  
 Die  Aufgabe  eines  Vorwortes  würde  nur  mangelhaft  erfüllt  sein,  wollten  wir  nicht  
 an  dieser  Stelle  noch  dankbar  der  Männer  gedenken,  welche  in  Ceylon  unsere  Forschungen  
 mit  Rath  und  That  unterstützt  und  uns  den  Aufenthalt  unter  den  fremdartigen  Verliältnissen  
 erleichtert  haben.  In  erster  Linie  gebührt  es  sich,  den  damaligen  Gouverneur  der  
 Insel,  Se.  Exc.  Sir  Arthur  Hamilton  Gordon  zu  nennen,  welcher  uns  in  fröundlichster  
 Art  durch  Empfehlungsbriefe  die  Wege  durch  die  Insel  geebnet  hat.  In  gleicher  Weise  
 sind  wir  einer  grossen  Anzahl  hoher  Beamten  des  Ceylon  Civil  Service  zu  aufrichtigem  
 Danke  verpflichtet;  wir  erwähnen  hier  vor  Allem  Dr.  W.  R.  Kynsey,  den  Chef  des  Medicinalwesens  
 der  Insel  und  Dr.  J.  D.  Macdonald,  den  Director  des  Hospitals  zu  Colombo,  
 welche  Beide  uns  bei  den  anthropologischen  Studien  hilfreich  an  die  Hand  giengen,  
 E.  Elliott,  den  Gouvernementsagenten  der  Ostprovinz,  Dr.  II.  Trimen,  den  so  verdienstvollen  
 Director  der  botanischen  Gärten  von  Ceylon,  A.  Haly,  den  Leiter  des  Coloml)o- 
 Museums,  H.  Nevill,  den  eifrigen  Erforscher  der  Natur-  und  Menschengeschichte  der  Insel  
 und  Mr.  Holland,  Ingenieur  in  Battikaloa.  
 Unter  Denen,  welche  nicht  zur  englischen  Verwaltung  gehören,  sind  wir  den  
 wärmsten  Dank  dem  kaiserlich  deutschen  Consul,  Philipp  Fröndenberg  und  seinem  
 Bruder  Walter  schuldig,  welche  Beide  unablässig  sich  um  unser  Wohl  bemühten  und  mit  
 regem  Interesse  unsere  Sammlungen  vermehren  halfen.  Ferner  sind  wir  F.  Mackwood,  
 dem  trefllichen  Kenner  ceylonesischer  Schmetterlinge,  für  viele  erwiesene  Freundlichkeit  
 verpflichtet.  Endlich  mögen  hier  zwei  unserer  Peradeniya-Wohnung  benachbarte  Pflanzer,  
 die  Herren  J.  C. .Huxley  und  Jeffries  genannt  sein,  denen  wir  gar  manches  werthvolle  
 Stück  unserer  zoologischen  Schätze  schulden.  
 Leider  weilen  nicht  mehr  Alle,  denen  wir  gerne  unseren  Dank  hier  ausgesprochen  
 hätten,  noch  unter  den  Lebenden.  Die  Wissenschaft  beklagt  mit  uns  den  Tod  von  William  
 F e r g u s o n ,  eines  Mannes,  der  eine  seltene  Liebenswürdigkeit  des  Charakters  mit  glühender  
 Begeisterung  für  die  schöne  Natur  seines  Adoptivvaterlandes  verband.  Unser  guter  Freund,  
 Mr.  Gilliat,  auf  dessen  Pflanzung  unser  Haus  bei  Peradeniya  stand,  und  der  uns  beider  
 Beschaffung  der  Entwicklungsstadien  von  Ichthyophis  überaus  grosse  Dienste  geleistet  hat,  
 ist  einem  schrecklichen  Schicksale  zum  Opfer  gefallen.  Capitän  Wilding,  welcher  uns  
 in  liberalster  Weise  auf  seinem  Boote  den  Besuch  der  einsamen  Koralleninsel  Minikoy